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Demografie statt Elon Musk: Deutschland muss seine Bürokratie zwangsläufig abbauen

Kommentar

Deutschland muss seine Bürokratie abbauen – und braucht dafür keinen Elon Musk

Michael Pohl
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    Elon Musk lässt seine Behörde Zehntausende Staatsbedienstete in den USA feuern.
    Elon Musk lässt seine Behörde Zehntausende Staatsbedienstete in den USA feuern. Foto: Susan Walsh, AP/dpa

    Es war ein kleiner Überraschungsmoment, als der Bundeskanzler im TV-Duell auf die kurze Frage, ob in Deutschland gegen die ausufernde Bürokratie nur noch eine „Kettensäge“ helfe, kurz und knapp antwortete: „Stimmt!“ Vor ein paar Wochen noch taugte es zum wohl kalkulierten Skandälchen, als FDP-Chef Christian Lindner sagte, Deutschland müsse mehr Javier Milei und Elon Musk wagen. Ersterer, der umstrittene argentinische Präsident, schwang im Wahlkampf tatsächlich eine echte Kettensäge als Symbol dafür, wie der selbst ernannte „Anarchokapitalist“ den Staat zusammenstutzen will.

    Der große Teil der Jugend hält den deutschen Staat für „dysfunktional“

    Der nicht minder umstrittene Milliardär Musk löst weltweit bei vielen Gruseln aus, indem seine Behörde Zehntausende Staatsbedienstete feuert. Das angekündigte Aus für die staatliche Entwicklungshilfebehörde USAID, die Musk als „Kriminelle Organisation“ schmähte, lässt in Afrika bereits die Furcht vor neuen Hungersnöten und unzähligen Aidstoten wegen dann fehlender Medikamente um sich greifen.

    Nun ist Olaf Scholz ein extremes Gegenteil von Elon Musk. Doch mit dem Wunsch nach der Kettensäge gegen überbordende Bürokratie spricht der eigentlich dafür oberste verantwortliche Politiker großen Teilen des Volks aus der Seele. Nicht nur die ältere Generation meint, dass früher vieles besser war im Staate Deutschland. Auch die große Mehrheit der 15- bis 25-Jährigen denkt laut der aktuellen Shell-Jugendstudie, dass hierzulande vieles nicht funktioniere, was in anderen Ländern selbstverständlich sei.

    Die Bahn ist längst zum Sinnbild vieler deutscher Probleme geworden

    Die Klage vom „dysfunktionalen“ Staat erfasst immer mehr Bereiche. Der Pünktlichkeitsverfall der Deutschen Bahn gilt längst als Sinnbild für viele Problemfelder des Landes: endlose überteuerte Großbaustellen, ein überfordertes Bildungssystem, Parlamente, die jede Regierungsperiode weitere Rekorde an neuen Vorschriften produzieren, im Behördendickicht unterlassene Abschiebungen von Gefährdern. Und wenn die Politik beschließt, Probleme anzugehen, dauert es meist Jahre, bis die Konsequenzen spürbar werden.

    Für die Smartphone-Gesellschaft, die von der Digitalisierung profitiert, gleicht der Staat einem riesigen Faxgerät - von der technologischen Entwicklung hoffnungslos abgehängt. Noch immer scheint das deutsche Modell der Digitalisierung zu sein, Papierformulare in PDF-Dateien umzuwandeln, anstatt Prozesse zu digitalisieren, zu vernetzen und blitzschnell zu automatisieren.

    Deutschlands Kettensäge gegen Bürokratie heißt Demografie

    Nun mag es stimmen, dass die Politik immer komplizierter und komplexer wird, wie das Steuerrecht und fast alle anderen Gesetze zeigen. Doch lange wird es tatsächlich nicht mehr funktionieren, zur Umsetzung dieser Bürokratie Behörden, Unternehmen und Bürger wie bisher zu überfordern.

    Denn Deutschland geht dafür schlicht das Personal aus: Mit den geburtenstarken Jahrgängen werden in den kommenden Jahren so viele Beamte, Verwaltungsleute und auch Steuerfachangestellte in den Ruhestand gehen wie noch nie.

    Und das ist im Grunde eine gute Nachricht: Deutschland braucht zum Bürokratieabbau keinen Elon Musk. Die Kettensäge heißt Bevölkerungsentwicklung und ist eine Chance für eine Wende. Denn die schlichte Notwendigkeit muss zwangsläufig zu echter Effizienz und Digitalisierung führen. Und die großen Fortschritte der Künstlichen Intelligenz im Bewältigen formalistischer bis stupider Arbeiten könnten sich dabei als Segen erweisen – wenn denn Politik und Gesellschaft dazu bereit sind.

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    4 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Das Monster Bürokratie wird Deutschland auf absehbare Zeit nicht mehr los. Das Gegenteil wird der Fall sein. Die letzte Regierung hat ja was dafür getan, siehe z.B. https://www.focus.de/finanzen/xxl-regierung-xxl-verwaltung-xxl-schulden-10-000-neue-beamte-ampel-blaeht-sich-zur-teuren-mega-regierung-auf_id_184176542.html Und die EU setzt immer noch einen drauf. Es fehlt der Wille und auch ein Mann der wirklich Radikales umsetzt, heißt: mit viel Glück bleibt er so wie es ist; aber dieses Glück hat Deutschland nicht.

    Reiner Spannagel

    Bevölkerungsrückgang als Mitte zum Bürokratieabbau? Geht's noch? Das ist ja ein Joker, damit können Sie auch den deutschen Krankheitsstand oder den Müllberg abbauen. Selten so einen Unsinn gehört.

    Franz Xanter

    "Die Kettensäge heißt Bevölkerungsentwicklung und ist eine Chance für eine Wende." Dies ist doch nichts weiter als Schaumschlägerei! Wer glaubt denn wirklich, dass sich aufgrund einer personellen Minderung ein Bürokratieabbau stattfinden wird? Wo ist der Anfang, wann ist der Anfang? Man kann über Musk sicherlich streiten, doch ein Fakt ist, dass damit begonnen wurde. Und Deutschland? Blah, blah, blah.

    Lothar Bock

    Nicht 1 zu 1, aber eine Prise Musk und Milei würde uns (und Europa) dahingehend nicht schaden. Ist aber Wunschdenken, da die etablierten Parteien nicht genug Willen zum Bürokratieabbau zeigen. Manchmal werden Dinge im Vorfeld bis ins Detail geregelt bzw überregelt, was Entwicklungen hemmt oder blockiert, wie z.B das EU KI Gesetz...

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