Als sich nach Schließung der Wahllokale eine Regierungskoalition aus Union und SPD abzeichnete, hatten die Menschen im Land, die Medien, die Opposition, den festen Willen, Schwarz-Rot jetzt erst mal machen zu lassen. Überbordende Kritik war unangebracht, schließlich steht im In- und Ausland viel auf dem Spiel, und da braucht es eine Regierung, die die Probleme mutig und schnell angeht. Diesen Vertrauenskredit haben die Koalitionspartner binnen weniger Tage aufgebraucht.

Was da übers Wochenende vor allem aus dem CDU-Lager verlautete, stiftet maximale Verwirrung. Kommt die Entlastung bei der Einkommensteuer? Der designierte Kanzler Friedrich Merz setzte dahinter erst ein Fragezeichen. Später erklärte der CDU-Chef das Gegenteil. Gleichzeitig stellte er die Reduzierung der Körperschaftsteuer infrage. Nebenbei kassierte er – es ging ein wenig unter – seine Ankündigung ein, als Kanzler die Zurückweisung von Flüchtlingen an den Grenzen anzuordnen. Von seiner Richtlinienkompetenz wolle er Gebrauch machen, hatte der Parteivorsitzende vor der Wahl erklärt. Jetzt will er davon nichts mehr wissen. Nun soll es die CSU richten – die bekomme schließlich das Innenministerium und sei dann zuständig.
Finanzierungsvorbehalt? Aber ja doch!
Die Debatte um den Mindestlohn trägt ebenfalls nicht zur Vertrauensbildung bei. Seine Höhe wird seit jeher von einer Kommission festgelegt, an dem Verfahren hat Schwarz-Rot nichts geändert. Am Ende der Prüfung kann da allerdings auch eine 14 plus X stehen, das wissen die Koalitionspartner ganz genau. Blöd nur, dass die SPD sich auf eine 15 festgelegt hat.
Die Sache mit dem Finanzierungsvorbehalt, unter dem alles steht, macht das Durcheinander perfekt. Natürlich kann nur so viel Geld ausgegeben werden, wie da ist. Der Punkt allerdings ist: Es sind reichlich Euros vorhanden. Auf das 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen und den Blankoscheck für die Militärausgaben kommt der reguläre Haushalt von schätzungsweise rund 450 Milliarden Euro noch obendrauf. Das reicht völlig, um wichtige Vorhaben auf den Weg zu bringen. Merz und die anderen müssten sich bloß mal einig sein, was für sie Priorität hat.
Friedrich Merz und Lars Klingbeil sollten die Angelegenheit klären
Das öffentliche Gezerre um diese Frage nervt die Bevölkerung, verstärkt laut Umfragen den Zuspruch für die AfD und gefährdet die Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag. Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil sollten sich jetzt an einen Tisch setzen und die Angelegenheit klären. Und das schnell bitte, denn die Lösung der anstehenden Probleme duldet keinen Aufschub. Er brauche jetzt mal ein paar Tage Urlaub, sagte Merz. Dafür ist, bei allem Respekt, gerade überhaupt keine Zeit.
Karl Brenner Wenn Herr Merz ganz einfach eine Zeit lang nichts sagen könnte. Deutschland und ihm selbst wäre geholfen.
Wenn es anscheinend zu viele Unklarheiten gibt über die künftige Politik gibt - dann ist der Koalitionsvertrag mangelhaft. Ich habe den Eindruck, daß sich 256 Personen hauptsächlich KLein-klein beschäftigt haben. Als die Chefs final drüber gingen wäre z.B. ein einfacher Satz wie: - diese Punkte ... stehen unter Finanzierungsvorbehalt - sehr hilfreich gewesen.
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