
Macron will Pläne für Neugründung der EU erläutern

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die EU erneuern und wird im Europaparlament seine Pläne erläutern. Er muss sich auf Widerstand einstellen.
Acht Monate nach seinem viel beachteten Appell für eine Neugründung der Europäischen Union wird der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag erstmals vor dem Europaparlament in Straßburg sprechen. Macron werde die Gelegenheit nutzen, um die EU-Staaten zu europäischem Engagement aufzurufen, hieß es dazu im Pariser Elysée-Palast. Er werde in seiner Rede für einen Schulterschluss sowohl innerhalb der EU, als auch nach außen hin werben.
Im Europaparlament wird der Auftritt Macrons, der im vergangenen Jahr einen ausgesprochen proeuropäischen Wahlkampf geführt hatte, mit Spannung erwartet. Nicht wenige Abgeordnete sehen in dem 40-jährigen Staatschef einen Hoffnungsträger, der dem europaweiten Trend zu Populismus und EU-Feindlichkeit entgegentreten kann.
Seit seiner Wahl im Mai vergangenen Jahres warnte Macron wiederholt vor einem Rückzug ins Nationale. Bei einer Grundsatzrede in der Pariser Sorbonne war er Ende September für eine verstärkte Zusammenarbeit bei der Wirtschafts-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik eingetreten. Diese Forderungen stoßen bei proeuropäischen Abgeordneten im Europaparlament auf ein positives Echo.
Macron habe eine echte "Vision für die Zukunft der EU", betont der SPD-Politiker Jo Leinen. Als einer von sehr wenigen hochrangigen Politiker habe er grundlegende Vorschläge für die Vertiefung der Gemeinschaft vorgelegt.
Auf der europäischen Bühne habe der Franzose "das Format zu einem großer Reformer", meint auch die Ko-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Ska Keller. Als einer von wenigen habe Macron im Rat der EU-Staaten die Forderungen nach transnationalen Wahllisten bei der Europawahl im kommenden Jahr unterstützt. "Das rechnen wir ihm hoch an."
Macron stößt mit seinen Plänen auf Widerstand
Bei der Debatte mit den Europaabgeordneten wird sich Macron aber auch Kritik anhören müssen. Seine Forderung nach einem gemeinsamen Haushalt und einem Finanzminister für die Euro-Zone stößt in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) auf Widerstand - vor allem bei Vertretern von CDU und CSU.
Für Unmut sorgt im Parlament auch, dass Macron das Prinzip ablehnt, wonach die Spitzenkandidaten der europäischen Parteien zugleich Anwärter für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission sein sollen. Darauf pochen in der EU-Volksvertretung alle maßgeblichen Fraktionen. Macrons Ablehnung sei egoistisch, kritisiert Leinen: "Seine Bewegung En Marche hat keinen europäischen Spitzenkandidaten."
Im linken Lager wurde zudem Frankreichs Beteiligung an dem westlichen Luftangriff gegen das syrische Giftgasarsenal verurteilt. Mit diesem "völkerrechtswidrigen Einsatz" habe Macron den Anspruch verspielt, sich als "Neugründer der EU" zu präsentieren, betont die Vorsitzende der Linksfraktion, Gabriele Zimmer (Die Linke).
Nach dem Auftritt im Europaparlament wird der französische Staatschef am Dienstagabend im Vogesen-Städtchen Epinal eine Debattenserie zur Zukunft Europas starten. Solche "Bürgerdebatten" sollen bis zur Europawahl im Mai kommenden Jahres in ganz Frankreich veranstaltet werden. Am Donnerstag ist dann ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin geplant, bei dem neben europapolitischen Themen auch die Lage in Syrien zur Sprache kommen dürfte. (afp)
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Macrons Ansatz enthält eine Reihe von Überlegungen, die durchaus sinnvoll und diskussionswürdig erscheinen. Aber wesentliche Teile seiner finanzpolitischen Vorschläge gehören nicht dazu. Sie wären ein historischer Irrweg, den Deutschland nicht mitgehen sollte.
Europa steht an einem Scheideweg. Entweder werfen die Euro-Mitglieder das Ruder herum und setzen konsequent auf Stabilität und Reformen. Oder aber sie gehen weitere große Schritte in Richtung Transfer- und Haftungsunion. Dafür aber hätten Steuerzahler und ganz besonders Sparer in Deutschland wohl wenig Verständnis. Sie vor allem sind es, die seit Jahren den Preis für die Stabilisierung überschuldeter Staaten und wackeliger Banken zahlen.
Wenn nun endlich die Zinsen ab dem nächsten Jahr allmählich wieder steigen sollten, könnte - jedenfalls nach Einschätzung einschlägiger Experten - das Insolvenzrisiko einiger Banken im Euroraum beträchtlich zunehmen. Es wäre eine Zumutung, wenn deutsche Sparer das dann ausbaden müssten.
Hoffentlich zeigt die Bundesregierung Standfestigkeit: keine europäische Einlagensicherung unter den gegebenen Umständen, keine weitere Vergemeinschaftung von Risiken und keine neuen Impulse für eine Transferunion!