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EU: Wie ein Gesetz mehr Abschiebungen möglich machen soll

Migration

Wie ein Gesetz mehr Abschiebungen möglich machen soll

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    Ein Polizeibeamter bringt einen Mann zu einem Abschiebeflug nach Pakistan. Die Europäische Kommission hat einen Plan für die schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vorgelegt.
    Ein Polizeibeamter bringt einen Mann zu einem Abschiebeflug nach Pakistan. Die Europäische Kommission hat einen Plan für die schnellere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vorgelegt. Foto: Boris Roessler, dpa

    Es ist eines der größten Ärgernisse der Migrationspolitik und tatsächlich ist die Statistik alles andere als ein Ruhmesblatt für die EU: Aktuell kehrt nach Angaben der EU-Kommission nur etwa ein Fünftel der Menschen, die zur Ausreise verpflichtet sind, tatsächlich in die Herkunftsländer zurück. Gründe dafür sind, dass entweder die Verfahren schlichtweg zu lange dauern oder aber die Herkunftsstaaten sich weigern, ihre geflüchteten Bürger wieder zurückzunehmen. Das soll sich ändern. Am Mittwoch präsentierte der EU-Innenkommissar Magnus Brunner in Straßburg die sogenannte Rückführungsverordnung. Im Zentrum steht dabei eine Art EU-harmonisierter Abschiedebescheid, der die bisherige Praxis der unterschiedlichen Meldungen beenden soll. 

    Lehnt ein Staat den Asylantrag eines Migranten ab, soll die Entscheidung künftig in einer Datenbank des Schengenraums hinterlegt werden. Die übrigen EU-Länder wären in der Folge nicht nur informiert, sondern auch verpflichtet, diesen Beschluss als gültig anzuerkennen und zu übernehmen. Konkret heißt das, dass ein Senegalese, Syrer oder Türke, dessen Asylantrag in Griechenland abgelehnt wurde, nicht mehr – wie aktuell – in Deutschland oder Österreich einen neuen Versuch starten kann. Unter dem Druck des europaweiten Erstarkens der Rechtspopulisten will die EU mit allen Mitteln die Anzahl der Ankömmlinge senken und abgelehnte Asylbewerber schneller zur Ausreise zwingen. Dabei sollen diese zudem künftig verpflichtet werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken und etwa Details über ihren Aufenthaltsort liefern sowie eng mit den Behörden zusammenarbeiten. Verweigern sie die Kooperation, drohen Konsequenzen bis hin zu Haft, hieß es. Die neuen Regeln seien „von grundlegender Bedeutung für die Wahrung des EU-Freizügigkeitsraums ohne Binnengrenzen“, sagte Brunner. Zudem würden sie „die Glaubwürdigkeit unserer Migrationspolitik stärken“. 

    Gesetz soll die neuen europäischen Asylregeln ergänzen

    Die Brüsseler Behörde kündigte auch strengere Regeln für Menschen an, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden. Bestünde etwa „Fluchtgefahr“, könnte dies laut Kommission die Möglichkeit beinhalten, diese Personen bis zur Abschiebung in Haft zu nehmen. Damit reduziere man „die Gefahr des Untertauchens“, sagte die CDU-Europaabgeordnete Lena Düpont. Sie lobte den Vorschlag einerseits als „unabdingbar zur Wiederherstellung eines funktionierenden Schengen-Raums“, andererseits als „das fehlende Schlüsselelement” des Migrationspakts, auf dessen Reform sich die Union Anfang 2024 nach jahrelangen Streitigkeiten geeinigt hatte. Nach den jüngsten Anschlägen durch ausreisepflichtige Flüchtlinge stand die Politik mehr denn je unter Zugzwang, zu handeln.

    „Einheitliche Regeln und EU-Standards sind auch für Rückführungen sinnvoll, aber sie dürfen nicht für einen Ausverkauf der Menschenrechte missbraucht werden“, kritisierte hingegen der grüne EU-Parlamentarier Erik Marquardt. Besonders umstritten ist die Idee der Kommission, Rückführungszentren einzuführen, in die Betroffene gebracht werden könnten, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die dann dort auf ihre Abschiebung warten sollen. Damit reagiert die Behörde auf die Forderungen einiger Mitgliedstaaten, Abschiebe-Einrichtungen außerhalb der EU zu ermöglichen. Zwar geht der Vorschlag zu den „Return Hubs“ nicht so weit, wie insbesondere Konservative gefordert hatten. Es handelt sich weder um das Albanien- noch um das sogenannte Ruanda-Modell, das darauf abzielt, dass Migranten in Afrika und unter der Regie der Vereinten Nationen das Prozedere durchlaufen. Doch die Kommission öffnete mit dem Entwurf die Tür, um EU-Ländern künftig mehr Spielraum zu gewähren.

    Wann kann das Gesetz in Kraft treten?

    In konservativen Kreisen wird insbesondere gerne das Albanien-Modell ins Spiel gebracht. Als Vorbild dient die Vereinbarung zwischen Rom und Tirana, laut der Migranten, die noch auf ihre Asylentscheidung warten, unter italienischer Obhut in Albanien untergebracht werden. Könnte das als Blaupause für die EU dienen, die sich ebenfalls nach Drittstaaten umsehen könnte, wo Flüchtlinge bleiben sollen, solange ihre Verfahren andauern? Tatsächlich sind die juristischen Hürden hoch. Italiens Regierung unter Giorgia Meloni scheiterte bereits vor mehreren Gerichten. Juristisch sei „das alles nicht trivial“, gab auch CDU-Politikerin Düpont zu. Es komme deshalb schlussendlich „auf die Ausgestaltung“ an. 

    Wann das Gesetz in Kraft treten kann, ist offen. Nach der Vorstellung des Entwurfs durch EU-Kommissar Brunner muss dieser vom Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union geprüft und angenommen werden. Der genaue Zeitplan für die Umsetzung hängt von den Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen ab.

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