Als Syriens Diktator Bashar al-Assad Anfang Dezember 2024 stürzte, dauerte es nur einige Tage, bis Deutschland aufgrund der unklaren Lage vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Flüchtlingen stoppte. Damals sortierten Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge rund 47.000 Anträge im Stapel nach unten. Allzu viele Formulare dürften auch nicht mehr hinzukommen. Zwar stammten im vergangenen Jahr weiterhin die meisten Antragsteller aus dem Nahoststaat, wie die EU-Asylagentur (EUAA) in ihrem Jahresbericht feststellte, den sie an diesem Donnerstag veröffentlichte. Aber seit dem Zusammenbruch des Assad-Regimes machen sich immer weniger Syrer auf den Weg, um in Europa Schutz zu suchen.
Im März 2025 registrierte die EUAA bereits nur noch 3300 Anträge von Syrern und damit fünfmal weniger als noch fünf Monate zuvor – eine abrupte Wende. Spanien, Italien und Frankreich erhielten erstmals seit langer mehr Gesuche als die Bundesrepublik. Der Rückgang spiegele die neuen politischen Umstände in Syrien wider, heißt es in dem Report. Deutschland als bevölkerungsreichster EU-Mitgliedstaat ist traditionell eines der Hauptzielländer von Geflüchteten, auch wenn die Zahlen sinken. 2024 zählte die EUAA für die Bundesrepublik rund 237.000 neue Anträge und damit 92.000 weniger als im Vorjahr – ein Minus von 29 Prozent.
Der rückläufige Trend ist in der gesamten EU zu beobachten
Es ist ein Trend, der in der gesamten Gemeinschaft zu beobachten ist. In der EU sowie in Norwegen und der Schweiz wurden 2024 über eine Million Erstanträge auf Asyl gestellt, das sind rund 100.000 weniger als 2023 – ein Rückgang um etwa elf Prozent. Mit der Bundesrepublik, Spanien (166.000), Italien (159.000), Frankreich (159.000) und Griechenland (74.000) erhielten fünf Länder fast vier Fünftel aller in der Union gestellten Anträge. Betrachtet man die Zahl der Bewerber im Verhältnis zur Bevölkerung, führten Griechenland und die Mittelmeerinsel Zypern die Liste an.
Viele EU-Länder hätten 2024 ihre Praktiken und Gesetze an die „sich wandelnden Migrationsbewegungen“ angepasst, neben dem Ende der Assad-Diktatur führte die EUAA auch die Instrumentalisierung von Asylsuchenden durch einige Drittstaaten an, wie es etwa an der polnisch-belarussischen oder russisch-finnischen Grenze zu beobachten war. Hinzu kamen eingerichtete Schnellverfahren für bestimmte Gruppen. „Durch Investitionen in beschleunigte Verfahren oder die Schaffung zentralisierter Anlaufstellen für die Registrierung und Bearbeitung von Asylanträgen konnten die nationalen Behörden die höchste Zahl an Entscheidungen in erster Instanz seit 2017 treffen“, schreiben die Autoren in dem Bericht.
In Zukunft könnten weitere Herkunftsländer als sicher klassifiziert werden
Um den Rückstand bei Asylanträgen aufzuholen und den nationalen Asylbehörden „Orientierung“ zu geben, hatte die Brüsseler Behörde darüber hinaus Mitte April eine Liste mit sieben Ländern veröffentlicht, die künftig als sichere Herkunftsländer gelten sollen. Darauf stehen neben Kosovo auch Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien. Mit der Neubewertung will die Kommission es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Asylanträge von Staatsangehörigen aus jenen Ländern in einem beschleunigten Verfahren oder im Grenzverfahren zu bearbeiten, da ihre Anträge eine geringe Aussicht auf Erfolg haben würden.
Zudem gehe es laut dem EU-Migrationskommissar Magnus Brunner darum, „die Anzahl der irregulären Grenzübertritte weiter zu reduzieren“. Sie sei in den ersten fünf Monaten bereits um 20 Prozent gesunken, was dazu führen werde, „dass weniger Asylanträge gestellt werden“, so der Österreicher.
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