Warum Macron Ärger mit einer Europa-Fahne hat
Der Aufruhr um eine Europa-Fahne unter dem Triumphbogen macht das Dilemma offensichtlich, in dem Frankreichs Präsident zwischen Wahlkampf und EU gerade steckt.
Zu einem anderen Zeitpunkt hätte eine Europa-Fahne unter dem Triumphbogen wohl kaum für Aufruhr gesorgt. Aber es ist Wahlkampf in Frankreich – und Aufruhr die Garantie für die rivalisierenden Kandidaten, gehört zu werden. Auch und gerade wenn es um Europa geht. Zwar spricht sich eine Mehrheit der Menschen in Frankreich für die Zugehörigkeit zur EU aus, aber Töne mit nationalistischem Klang bleiben stark hörbar.
Eine Flagge der EU im Triumphbogen wird zum Politikum
So schwappte eine Welle der Entrüstung hoch, als die Regierung zum Start der turnusmäßigen Ratspräsidentschaft eine riesige Europa-Fahne unter dem Pariser Wahrzeichen wehen ließ. Es handele sich um „ein wahrhaftiges Attentat auf die Identität unserer Heimat“, kritisierte die Rechtspopulistin Marine Le Pen. „Der EU voranstehen ja, die französische Identität auslöschen nein!“, twitterte die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse. Als die Regierung die Flagge rasch wieder abhängen ließ, hieß es zwar, das sei so vorgesehen gewesen. Zweifel blieben aber.
Der Zwischenfall zeigt, dass die Dreifach-Rolle von Emmanuel Macron als Präsident, Wahlkämpfer und Vorsitzender im Rat der EU-Mitgliedstaaten in den Monaten bis zur Wahl im April heikel ist. Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, hat der 44-jährige Staatschef noch immer nicht gesagt. Eine erneute Kandidatur gilt aber als wahrscheinlich. Seine Wählerbasis von 24 Prozent, die Macron 2017 in der ersten Wahlrunde erreicht hat, blieb stabil. Ob er den Vorsprung halten kann, hängt jedoch von der Dynamik der kommenden Monate ab.
Valérie Pécresse heißt Macrons gefährlichste Konkurrentin
Als gefährlichste Gegnerin für ihn gilt Valérie Pécresse, die sich als Mischung aus der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher und der deutschen Ex-Kanzlerin Angela Merkel bezeichnet – als eiserne Lady, die auf Autorität, einen strikten Sparkurs und eine restriktive Einwanderungspolitik setzt. Derzeit liegt die Republikanerin mit rund 16 Prozent in Umfragen gleichauf mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die zum dritten Mal antritt. Seit sie den Front National 2011 von ihrem Vater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, übernommen hat, verfolgte sie eine Strategie der „Entdämonisierung“: Allzu offen rassistische oder antisemitische Töne verbot sie, benannte die Partei in Rassemblement National um, sagte nun sogar, der Islam sei vereinbar mit der Republik. So entstand rechts von ihr neuer Raum, den der Journalist und Bestsellerautor Éric Zemmour einnahm. Der 63-Jährige, bereits zweimal wegen Anstachelung zum Rassenhass verurteilt, liegt derzeit bei 13 Prozent.
Von den Parteien im linken Spektrum dürfte hingegen keine einzige ganz vorne mitmischen. Von der sozialistischen Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo über den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon bis zum Grünen-Politiker Yannick Jadot und möglicherweise der Ex-Justizministerin Christiane Taubira liegen alle im einstelligen Bereich.
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