
FDP fordert neue Partnerschaftsform neben der Ehe


Exklusiv Die Rechtsform "Verantwortungsgemeinschaft" soll Menschen unterstützen, die füreinander sorgen - wie Patchworkfamilien, Senioren, enge Freunde und Nachbarn.
Viele Menschen stehen im Alltag füreinander ein – ohne verwandt oder verheiratet zu sein. Senioren etwa, die miteinander in Wohngemeinschaften leben, Mitglieder von Patchworkfamilien, enge Freunde oder fürsorgliche Nachbarn. Ihre Position soll rechtlich und finanziell gestärkt werden – fordert die FDP. So soll es neben der Ehe künftig die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft geben.
Neue Rechtsform soll Vertretungsrecht einräumen, bringt aber auch Pflichten mit sich
Sie würde etwa Auskunfts- und Vertretungsrechte gegenüber Behörden, Ärzten oder Banken ermöglichen. Auf der anderen Seite würde sich aber auch die Verpflichtung zur gegenseitigen Pflege und Fürsorge ergeben – auch durch gegenseitige Unterhaltszahlungen. Über den entsprechenden Antrag der FDP-Bundestagsfraktion wird das Parlament in der kommenden Woche beraten.
In dem Papier heißt es: "Eine Verantwortungsgemeinschaft soll durch mindestens zwei oder mehrere volljährige Personen, die nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind, möglichst unbürokratisch geschlossen werden können." Grundvoraussetzung für eine Verantwortungsgemeinschaft wäre demnach ein "tatsächliches persönliches Näheverhältnis". Ein Zusammenleben hingegen sei nicht erforderlich.
Die Väter des Antrags sind die FDP-Abgeordneten Daniel Föst und Stephan Thomae. Föst ist bayerischer FDP-Chef und Familienpolitiker, Thomae Bundestagsfraktionsvize und Rechtsexperte. Föst sagt: "Wir wollen Menschen unterstützen, die füreinander Verantwortung übernehmen. Jenseits von Verwandtschaft und Ehe. Dazu möchten wir die Verantwortungsgemeinschaft etablieren."
Daniel Föst: Gesellschaft habe sich stark verändert
Die Gesellschaft habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. "Dadurch ist die einstige Idealvorstellung von Ehe oder Verwandtschaft nicht mehr gegeben", betont Föst. "Viele Menschen leben in einer Partnerschaft, ohne verheiratet zu sein, leben in Patchworkfamilien, pflegen intensive Freundschaften - auch über Generationengrenzen hinweg - und übernehmen in diesen Beziehungen Verantwortung." Für diese Menschen wolle die FDP die Verantwortungsgemeinschaft einführen, "als einfach zu schließenden rechtlichen Rahmen, der den Menschen neben der Verantwortung und den daraus erwachsenden Pflichten auch gegenseitige Rechte zuspricht", sagt Föst.
Dabei handele es sich um einen "einfach zu schließenden rechtlichen Rahmen, der den Menschen neben der Verantwortung und den daraus erwachsenden Pflichten auch gegenseitige Rechte zuspricht". Im Gegenzug, sagt Föst, solle die Übernahme von Verantwortung im Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz oder beim Einkommen durch Vorteile bei Steuer, Rente oder im Erbschafts- und Schenkungsrecht honoriert werden. Stephan Thomae ergänzt: "Die Verantwortungsgemeinschaft folgt einem abgestuften Modell nach dem Prinzip ,mehr Pflichten bringen auch mehr Rechte‘." Leitgedanke sei: "Größtmögliche Flexibilität bei maximaler Selbstbestimmung."
Die FDP habe dabei auch Mitglieder von Senioren-Wohngemeinschaften, enge Freunde oder hilfsbereite Nachbarn im Blick. Sie sollen etwa Auskunftsrechte gegenüber Ärzten und Behörden erhalten, aber auch Fürsorgepflichten übernehmen.
In Frankreich gibt es ein ähnliches Modell
Die FDP hatte sich bereits in ihrem Wahlprogramm zum Bundestag für das Prinzip der Verantwortungsgemeinschaft ausgesprochen und die Idee in den vergangenen Monaten weiterentwickelt. Auch die Grünen waren zur Bundestagswahl mit dem Konzept eines "Pakt für das Zusammenleben" angetreten. Und im Nachbarland Frankreich gibt es seit gut 20 Jahren mit dem "Pacte Civil de Solidarité" ein ähnliches Modell. Das allerdings gilt als eine Art "Ehe light", das inzwischen von vielen Paaren der klassischen Vermählung vorgezogen wird. Die FDP indes legt großen Wert auf die Feststellung, dass die Verantwortungsgemeinschaft "kein Konkurrenzprojekt zur Ehe" sei. Alle Belange, die Kinder oder das Namensrecht betreffen, aber auch aufenthalts- und arbeitsrechtliche Fragen hat die FDP bewusst ausgeklammert. Stephan Thomae stellt klar, dass das Vorhaben keine Hintertür für Mehr-Ehen öffne. "Der Grundsatz des Polygamie-Verbots bleibt explizit unangetastet."
Bislang sei die rechtliche Absicherung der fraglichen Lebensmodelle nur über komplizierte und oft teure privatrechtliche Vereinbarungen möglich, so die FDP. Dies müsse sich ändern, sagt Stephan Thomae: "Durch eine gesetzliche Verankerung werden Menschen dazu ermutigt und befähigt, Verantwortung füreinander zu übernehmen und sich und die Gesellschaft insgesamt zu stärken."
Union lehnt Vorstoß ab
Die Union sieht den FDP-Vorstoß kritisch. Der CDU-Politiker Jan-Marco Luczak, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der Unionsfraktion im Bundestag, sagte unserer Redaktion: "Wir als Union befürworten, wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen und sich insoweit auch rechtlich binden wollen. Es ist allerdings nicht erkennbar, welchen Mehrwert das von der FDP vorgeschlagene familienrechtliche Modell haben soll."
Den von der FDP angeführten Pacte Civil de Solidarité habe Frankreich im Jahr 1999 mit dem Ziel eingeführt, gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich besserzustellen. "Hier sind wir in Deutschland im Jahr 2020 deutlich weiter. Die umfassenden Rechte und Pflichten, die sich aus einer Ehe ergeben, gelten unabhängig vom Geschlecht der Ehepartner." Das geltende Recht eröffne bereits viele Möglichkeiten: "Für ältere Menschen, die füreinander einstehen wollen, besteht mit der Vorsorgevollmacht, der Patienten- sowie der Betreuungsverfügung eine Vielzahl von Möglichkeiten, einen vertrauten Menschen mit höchstpersönlichen Rechten zu versehen", sagt der CDU-Politiker.
Lesen Sie dazu den Kommentar: Rückhalt für Menschen, die Verantwortung übernehmen
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Die Diskussion ist geschlossen.
Wer von Tradition und Verantwortung etwas hält zerrüttet nicht die Gesellschaft sondern stärkt sie.Genügt es nicht das Homo Ehen Kinder adoptieren muss auch die Ehe in Frage gestellt werden so viel Liberalität schafft nur noch mehr Durcheinander
Was sind das für komische Konstrukte? Sie dienen liberalen Pragmatikern wie der FDP nur dazu, die Staatsquote weiter zurückzudrängen, Sozialleistungen zu reduzieren. Wenn Verantwortlichkeiten einfach nur privatisiert werden, ändert das aber nichts am Bedarf. Ich denke in einem Staat müssen wir uns nicht alle um die Arme fallen, doch ein bischen mehr Solidarität und Verantwortungsgefühl täte allen nicht schaden. Letztendlich haben wir ja eine Solidargemeinschaft, die nur effektiv vor Missbrauch geschützt werden muss.