Alle Verhandlungen blieben am Ende erfolglos. Am Mittwochmorgen um 05.01 Uhr traten das in Kraft, was die EU so lange gefürchtet hatte: US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren in Höhe von 25 Prozent. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagierte prompt und kündigte Vergeltung für die „ungerechtfertigten Handelsbeschränkungen“ an. Im Visier der Europäer: Jeans, Bourbon Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder, Motorboote und Erdnussbutter.
Dass es ausgerechnet diese US-Produkte treffen soll, ist kein Zufall. Sie werden vorneweg in Bundesstaaten wie Kentucky, Florida und Wisconsin hergestellt, also in „Trump-Gegenden“, in denen der republikanische US-Präsident besonders viele Befürworter hinter sich weiß. „Die EU muss handeln, um ihre Verbraucher und Unternehmen zu schützen“, sagte von der Leyen. Betroffen von Trumps Zöllen sind etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die Vereinigten Staaten. Importeure müssten demnach bis zu sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Einfuhrzöllen zahlen. Durch den Schritt der EU kommen in etwa die gleichen Zollforderungen auf die andere Seite zu.
Zölle als Gefahr für Wirtschaft und Arbeitsmarkt
Die Zölle seien „besonders schädlich“, beklagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), da sie sich „willkürlich und ohne rechtliche oder wirtschaftliche Grundlage“ gegen die Handelspartner der USA richteten, anstatt das eigentliche Problem der Stahl- und Aluminiumindustrie – „marktunabhängige Überkapazitäten“ – anzugehen. Trump begründet die drastischen Schritte unter anderem damit, dass exzessive Stahl- und Aluminiumimporte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen würden. Lange schüttelt den Kopf. „Seit wann bedrohen Autopumpen, Stoßstangen, Fitnessgeräte und Angel-Ausrüstungen die nationale Sicherheit der USA?“
Von der Leyen sieht erhebliche Gefahren - für die Wirtschaft. Konkret prognostiziert sie steigende Preise, Probleme in Lieferketten und das Risiko von Jobverlusten. „Zölle sind Steuern. Sie sind schlecht für Unternehmen und noch schlechter für die Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagt sie. Ökonomen teilen diese Sicht. Die entstehende Unsicherheit wirke sich negativ auf die Investitionen von Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen aus, analysiert Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Das dürfte auch Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks gefährden.“
Der eigentliche Zoll-Hammer könnte noch kommen
Zwischen den beiden wirtschaftlich eng verbundenen Partnern bahnt sich damit ein Handelskrieg an. Dennoch versuchte die Brüsseler Behördenchefin zu versichern, dass die Antwort der Gemeinschaft „hart, aber verhältnismäßig“ sei. „Da die Vereinigten Staaten Zölle im Wert von 28 Milliarden Dollar erheben, reagieren wir mit Gegenmaßnahmen im Wert von 26 Milliarden Euro.“ Genau genommen geht es im nun angekündigten Schritt aber zunächst um Produkte, die sich 2018 noch auf einen Wert von rund acht Milliarden Euro beliefen. Der Wert sei aufgrund des Brexit und rückläufiger US-Exporte geschrumpft und betrage heute nur noch rund 4,5 Milliarden Euro, hieß es von EU-Beamten.
Gleichwohl wappnet sich die Gemeinschaft für weitere Horrornachrichten aus Washington. Trump hatte damit gedroht, am 2. April erst richtig mit der Zollkeule um sich schlagen zu wollen. Dann will der US-Präsident nämlich seine sogenannten wechselseitigen Zölle präsentieren. Demnach könnten die Vereinigten Staaten überall dort die Abgaben anheben, wo sie derzeit weniger verlangen als ihre Handelspartner. Der Republikaner hatte angedeutet, die Einführung von Extraabgaben auf Autos, Arzneimittel und Computerchips in Betracht zu ziehen. Die Kommission plant deshalb Vergeltungsmaßnahmen für Waren im Wert von 18 Milliarden Euro, darunter eine breite Palette von Stahl- und Aluminiumprodukten, Textilien, Lederwaren, Werkzeuge sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Geflügel, Rindfleisch, Meeresfrüchte, Zucker, Eier, Milchprodukte, Gemüse und Nüsse. Diese Zölle sollen ab Mitte April nach einer Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten und Konsultationen mit den betroffenen Unternehmen eingeführt werden, um den Schaden für die europäische Wirtschaft möglichst gering zu halten. Die EU sei „wirtschaftlich stark genug, um diesen Konflikt durchzustehen, und wird sich weder wirtschaftlich noch politisch erpressen lassen“, sagte Handelspolitiker Lange.
Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Union am Ende nicht auf Gegenmaßnahmen im Wert von insgesamt 26 Milliarden Euro kommt, wie von von der Leyen angekündigt. Sie zielen eher auf Waren im Wert von 22,5 Milliarden Euro ab, so ein Brüsseler Beamter. „Wir versuchen, dort zuzuschlagen, wo es weh tut“, betonte ein EU-Diplomat und verwies als Beispiel auf Sojabohnen. Die werden vorwiegend in Louisiana angebaut, dem Bundesstaat von Mike Johnson. Der mächtige Republikaner ist nicht nur Sprecher des US-Repräsentantenhauses, sondern auch ein enger Vertrauter von Donald Trump.
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