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Interview
31.12.2021

Autor Körner über Merkel: "Maß an Selbststrenge hat mich überrascht"

Angela Merkel und ihre Raute: Autor Torsten Körner spricht über die Entstehung seines Buches "Die Kanzlerin am Dönerstand".
Foto: Michael Kappeler, dpa

Buchautor Torsten Körner spricht über Altbundeskanzlerin Angela Merkel, ihre prägende Kindheit im Osten, ihre Art der Problemlösung – und über die Raute.

Herr Körner, erstmals seit 16 Jahren erfolgt keine Neujahrsansprache von Angela Merkel. Sie haben für Ihr jüngstes Buch mit so unterschiedlichen Leuten wie Volker Kauder und Günther Jauch gesprochen. Nach all den Recherchen und Archivstudien – was hat Sie selbst am meisten überrascht?

Torsten Körner: Die Selbststrenge dieser Frau, ihre Fähigkeit, sich zu kontrollieren, ihre Emotionen meistens im Griff zu haben und selbst den größten Quälgeistern immer wieder die Hand zum Dialog auszustrecken, das hat mich überrascht, dass dieses immense Maß an Selbstverzicht durch die Jahre hielt.

Sie befassen sich ausführlich mit Merkels Kindheit in der ostdeutschen Uckermark. Inwiefern war das Aufwachsen im protestantischen Pfarrhaus prägend?

Körner: Angela Merkel ist nicht in einem typischen Pastorenhaushalt aufgewachsen, weil der Vater mehr Pädagoge als Pastor war. Horst Kasner leitete eine Ausbildungsstätte auf dem Waldhof in Templin. Geprägt hat sie der Leistungswille der Eltern, die tägliche Begegnung mit behinderten Menschen dort, das Aufwachsen auf dem Land. Angela Merkel hat damals gelernt, Menschen zu lesen, Worte und Texte auf Zwischentöne abzuklopfen und vorsichtig zu sein. Sie ist auf dem Waldhof eine gute Lebensbeobachterin geworden, auch eine Naturfreundin und bodenständige Person.

Merkels Verhältnis zu ihrer Mutter Herlind Kasner galt als eng, Sie beschreiben deren Rolle als „abwesende Anwesende“. Was verstehen Sie darunter?

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Körner: Herlind Kasner war Pädagogin, durfte es in der DDR als Frau eines Pastors aber nicht sein, sie war Hamburgerin ohne Hamburg, eine Mutter ohne ihre Herkunftsfamilie, die überwiegend im Westen lebte. Sie war also geübt im Selbstverzicht und daher einerseits stets für die Tochter da. Andererseits hat die Tochter gelernt, dass man mitunter im Leben auf vieles verzichten muss, Selbstverzicht üben muss, um zu bestehen. Die Mutter bestand also aus ganz viel Nähe, aber in dieser Nähe steckte eben auch Ferne, nämlich die durch die Teilung abgespaltene Identität.

Merkels Vater, so schildern Sie im Buch, beschied seiner Tochter zu deren 30. Geburtstag beim Besuch in ihrer kargen Berliner Wohnung: „Weit hast du es ja nicht gebracht!“ Wie lässt sich das Verhältnis beschreiben?

Körner: Horst Kasner war oft abwesend, und die Tochter, so hat sie es selbst geschildert, war enttäuscht über dieses Ausbleiben. Der Vater war eine Autorität, charismatisch, und er hat die Kinder spüren lassen, dass er von ihnen Besonderes erwartet. Er war kein Wärmepol in der Familie, sondern das abwesende Vorbild, der – auch das hat die Tochter angemerkt – oft mehr Zeit für andere Menschen hatte, weil er mit seiner Arbeit verheiratet war, seiner Aufgabe.

Sehr eindrucksvoll schildern Sie Merkels Beziehung zum Kino. Besonders zum DDR-Klassiker „Paul und Paula“, eine Verfilmung nach einem Roman von Ulrich Plenzdorf. Was faszinierte sie an diesem Film?

Körner: Angela Merkel ist ein sehr empathischer Mensch, ein sehr emotionaler Mensch, der jedoch die private Person Merkel nicht oder selten in die politische Arena führt. „Paul und Paula“ ist ein systemsprengender Film, weil die Liebe alle Alltagspflichten im Sozialismus aushebelt, weil der Funktionär Paul seine Karriere riskiert oder sogar aufgibt, um dieser Liebe gerecht zu werden. Er ist – aus Liebe – ein Systemaussteiger – und ein Liebeseinsteiger, und es ist doch interessant, dass Angela Merkel diesen Film zu ihrem Lieblingsfilm erklärt. Das korrespondiert auch mit der Musikauswahl zum Großen Zapfenstreich: Hildegard Knef und Nina Hagen, zwei Partisaninnen des Gefühls.

Mit Blick auf das Reichstagsgebäude: Angela Merkel 2002 in Berlin.
8 Bilder
Vom Schnappschuss 1990 bis hin zum Papstbesuch: Daniel Biskups Fotos von Angela Merkel
Foto: Daniel Biskup

Finden Sie Merkel mutig?

Körner: Ich finde es mutig, so einen radikalen Stellungswechsel zu vollziehen, in eine westdeutsche Männerpartei einzutreten und sich dort im Schatten Helmut Kohls zu behaupten, zu lernen und all die selbstgefälligen Alphatiere des CDU-Zoos zu studieren. Das muss ja für eine ostdeutsch geprägte, selbstbewusste junge Frau ein immenser Kulturschock gewesen sein, dieses verzopfte Milieu, diese selbstgewissen Westdeutschen, die den Ostdeutschen beinahe alles abverlangten, aber sich selbst wenig ändern wollten.

Von Günther Oettinger über Roland Koch bis Horst Seehofer, die Liste der Männer, die Merkel das Leben schwer machten, ist lang. Ein gespanntes Verhältnis pflegt sie zu Wolfgang Schäuble. Beide wurden zusammen im Kino bei „Ziemlich beste Freunde“ gesehen. Was prägt dieses Verhältnis zwischen diesen beiden Pflicht-Protestanten?

Körner: Die Beziehung zwischen Schäuble und Merkel finde ich faszinierend, und ich müsste länger drüber nachdenken, um das gut zu beantworten. Schäuble denkt vermutlich mehr in Parteikoordinaten als Merkel, die flexibler ist. Er war der natürliche Nachfolger Helmut Kohls, und ich denke, er staunt noch heute über diese Frau aus dem Osten.

Die auf den arrivierten Westpolitiker trifft …

Körner: Schäuble hat den Einigungsvertrag ausgehandelt, aber Merkel war die erste Gesamtdeutsche im Bonner Kabinett und hat mehr als alle anderen von der Wiedervereinigung profitiert. Während Schäuble von der Historie nach unten gezogen wurde, wurde Merkel durch die Geschichte nach oben katapultiert. Während Schäuble die ganze lange Parteilaufbahn hinter sich brachte, schoss Merkel nach oben, ihre Aufstiegsgeschwindigkeit ist auch noch im Rückblick frappierend.

Zuletzt überraschte Merkel mit Geständnissen. Im Frühjahr erzählte sie im Bundestag, im Westen hätte sie wohl auch Jura studiert. Vaclav Havel hatte in „Versuch in der Wahrheit zu leben“ darauf hingewiesen, dass viele Ost-Intellektuelle aus den ideologisch nicht zu vereinnahmenden Naturwissenschaften kommen. Wie sehr prägten die Naturwissenschaften die spätere Kanzlerin?

Körner: Sie hat als Naturwissenschaftlerin einen sachlichen Umgang mit Problemen, sie ist komplexe Operationen gewohnt, sie weiß, dass viele Akteure unterwegs sind und dass man alle Akteure, ihre Motive und ihre Bewegungsgeschwindigkeiten studieren muss. Ich denke, sie studiert Probleme und betrachtet sie aus verschiedenen Perspektiven, das heißt, sie schaut sich das Interessenkalkül der Gegenseite an und akzeptiert es erst mal. Genauso wie sie zum Selbstverzicht fähig ist, ist sie fähig zum Positionsverzicht, sie ist keine Puristin, vielmehr ist sie eine Anwältin des Kompromisses und eine radikale Realistin.

Ein weiteres Charakteristikum ist Merkels Raute, die sie spontan in einer Session mit der Fotografin Herlinde Koelbl entwickelt. Wie deuten Sie Merkels Gestik und Fingerspiel?

Körner: Merkels Hände sind durch die Jahre landauf landab durch die Bundesrepublik und dann durch die ganze Welt gezogen, die Hände wurden selbstbewusster im Lauf der Jahre und gestenreicher, sie wurde aber nie eine Hand-Virtuosin wie etwa Barack Obama, dessen Hände ja mitunter tanzen, wenn er spricht. Ihre Hände, die Kanzlerinnen-Hände, die Raute sprechen von Stabilität, von Symmetrie und dem Versuch, sich immer wieder aus- und einzupendeln.

Merkel war als Familienministerin Kohls Mädchen. Als Kanzlerin war sie rasch Mutti, nach der Eurokrise Mrs. Europa. Wie würden Sie ihr Standing beschreiben?

Körner: Die Bundeskanzlerin ist eine faszinierende Politikerin, weil sie nie der Versuchung erlegen ist, all den Titeln und Zuschreibungen zu erliegen. Wenn sie durch Begriffe wie „Kohls Mädchen“ gekränkt war, hat sie es sich nicht anmerken lassen. Und wenn sie zur „Leaderin of the free world“ erkoren wurde, hat sie das möglicherweise gefreut, aber letztlich hat sie wohl innerlich den Kopf geschüttelt über so viel begrifflichen Gigantismus. Superlative haben ihr nie gelegen, und das macht ihre Stärke aus. Es gibt so viele selbsttrunkene Politiker, Raffzähne des eigenen Ruhms, egopralle Gockel, da hat sie immer überzeugt durch nüchterne Selbstbescheidung.

02.12.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel l und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer beide CDU verfolgen das Geschehen bei ihrer Verabschiedung durch die Bundeswehr. Mit einem Großen Zapfenstreich wird Kanzlerin Merkel gegen Ende ihrer Regierungszeit nach 16 Jahren verabschiedet. Foto: Odd Andersen/AFP POOL/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Der Große Zapfenstreich für Kanzlerin Angela Merkel in Bildern
Foto: Odd Andersen

Wie sehr wird Deutschland Merkel vermissen?

Körner: Die Deutschen sind in dieser Frage weder zu generalisieren noch auf einen Nenner zu bringen. Viele Deutsche werden erst im Rückblick erkennen, wer diese Politikerin war, und sicher wird es auch viele Menschen geben, die ihren Politikstil vermissen werden. Angela Merkel jedoch wird sich leichter tun als viele Vorgänger, dieses Amt loszulassen. Sie klebt nicht an der Kanzlerin.

Zur Person: Torsten Körner, 56, stammt aus Oldenburg und studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Er ist als Fernsehkritiker, Dokumentarfilmer und Autor tätig. Von ihm erschienen Biografien u.a. über Heinz Rühmann, Franz Beckenbauer, Götz George und Willy Brandt. Sein Buch "Die Kanzlerin am Dönerstand" ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.

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