Während der Corona-Pandemie war es oft laut. Politiker redeten von „Wumms“ und „Bazooka“, auf den Straßen lärmten die Querdenker. Der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn stand irgendwo dazwischen. Einerseits versuchte er in dem Corona-Chaos die Übersicht zu behalten. Gleichzeitig sparte er nicht mit Kritik an allen, die mit seinem Vorgehen nicht einverstanden waren. Wie FDP-Vize Wolfgang Kubicki etwa, der den CDU-Politiker als unfähig bezeichnet und seinen Rücktritt gefordert hatte. Am Dienstag wurde es wieder laut. Wegen Spahn, wegen Corona und wegen der milliardenschweren Beschaffung von Schutzmasken.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages ist eines der mächtigsten Gremien des Parlaments. Er hatte zur „Unterrichtung durch die Bundesregierung zur aktuellen Medienberichterstattung über die Ergebnisse der Sonderbeauftragten Dr. Sudhof zur Maskenbeschaffung während der Corona-Pandemie“ geladen. Hinter dem vergleichsweise nüchternen Tagesordnungspunkt verbirgt sich ein Vorgang, der es in sich hat.
Juristin Sudhof ermittelte Spahns Fehler
Spahns Nachfolger Karl Lauterbach (SPD) hatte seine Parteifreundin Margaretha Sudhof beauftragt, die Maskenbeschaffung zu untersuchen. Laut deren Erkenntnissen versuchte Spahn im ersten Corona-Jahr alles, um Lieferengpässe auszugleichen. In Deutschland wurden die Masken damals nicht hergestellt, sie mussten aus China importiert werden. Das Problem: Die Nachfrage aus der ganzen Welt war immens. Spahn ging All-in und garantierte Lieferanten eine unbegrenzte Abnahme von Masken zu einem Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske. Fachleute sprechen von einem „Open-House-Verfahren“, es führte dem in Teilen geschwärzten und als Verschlusssache eingestuften Bericht zufolge zu einer „Angebotsschwemme“. Die Maskerade setzte sich später fort, weil Spahns Ministerium fehlerhafte oder verspätete Lieferungen beklagte und Zahlungen zurückhielt. Klagen gegen den Bund gingen ein, angeblich beläuft sich der Streitwert auf 2,3 Milliarden Euro. Geld, das im Zweifel die Steuerzahler aufbringen müssen.
Die Sonderermittlerin monierte in ihrem Bericht, Spahn habe der „funktionierenden Bundesverwaltung“ und den Beschaffungsbehörden nicht vertraut. So habe es keine „bedarfsgerechte Steuerung“ durch das Ministerium gegeben. „In der Folge wurde über den im Krisenstab festgelegten Bedarf hinaus beschafft“, so die Juristin. „Fehlendes ökonomisches Verständnis und politischer Ehrgeiz könne“ - so der Bericht - „wie in diesem Fall, dazu führen, dass nicht als Team „Staat“, sondern als Team „Ich“ gehandelt wird“.
Bevor Spahn der Bitte des Haushaltsausschusses nachkam, Auskunft zu erteilen, war Gesundheitsministerin Nina Warken dran. Nach Angaben des Bundestages machte sie in der nichtöffentlichen Sitzung deutlich, dass in dem Sudhof-Bericht „einige Fragen offen“ geblieben seien. Manche Sachverhalte würden dort nicht vollumfänglich dargestellt. Sie strebe ein transparentes Vorgehen an und wolle nichts verschleiern, erklärte Spahns Parteifreundin. Es gehe jetzt vor allem darum, die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, „etwa in Hinsicht auf die Bedarfsermittlung und Beschaffung sowie die Prozessführung“.
Millionenteure Corona-Warn-App funtionierten nicht
Die Maskenbeschaffung war zwar nicht der einzige Punkt auf Spahns langer Pannenliste. Impfstoffe und Schnelltests kamen zunächst nur zögerlich ins Land. Die millionenteure Corona-Warn-App funktionierte nicht. Ein Dinner mit Unternehmern bescherte ihm eine Corona-Infektion als Nachtisch. Es gab Kritik wegen der Weitergabe angeblich minderwertiger Masken an Bedürftige. Und vor Sudhof hatte bereits der Bundesrechnungshof moniert, sein Ministerium habe viel zu hohe Preise für Masken bezahlt. Doch Spahns Karriere tat das keinen Abbruch. Man habe eben schnell handeln müssen, keine Erfahrungswerte gehabt und da könnten Fehler passieren. Es habe sich um eine „Jahrhundertkrise“ gehandelt, um eine „Ausnahmesituation“ verteidigte er sich. Ähnliche Worte sollen Teilnehmern zufolge auch im Haushaltsausschuss gefallen sein.
In einer Aktuellen Stunde des Bundestages warf Linken-Fraktionschefin Ines Schwerdtner Spahn vor, sich „selbst versorgt“ zu haben. Anstatt nun die Verantwortung zu übernehmen, stelle er sich als Opfer dar. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch spekulierte darüber, ob Spahn in seiner heutigen Funktion als Unions-Fraktionschef wegen der Vorgänge damals womöglich „erpressbar“ sei.
„Wir werden einander viel verzeihen müssen“, hatte Spahn während der Pandemie erklärt und sich damit praktisch – in weiser Voraussicht? - eine Art Blankoscheck ausgestellt. Ob ihm das Parlament und die Öffentlichkeit wirklich verzeihen können, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Unter anderem gibt es am Freitag auf Verlangen der Grünen-Fraktion im Bundestag eine weitere Aktuelle Stunde.
Ja, Herr S. Alles rechte Schwurbler: Streeck, der Sachverständigenrat der Bundesregierung ("Kein Zusammenhang der Maßnahmenstärke mit dem Infektionsverlauf erkennbar."), das Cochrane-Forschungsnetzwerk („Die gepoolten Ergebnisse der RCTs zeigten keine eindeutige Verringerung der Virusinfektionen der Atemwege durch die Verwendung von medizinischen/chirurgischen Masken.“), der jetzige RKI-Leiter Schaade ("keine Evidenz auf Bevölkerungsebene"), Staatsvirologe Drosten ("Die technischen Daten schauen nicht gut aus.") uswusf. Individueller Schutz ja im richtigen Setting, bei richtiger Anwendung. Auf Bevölkerungsebene Schutz nicht nachweisbar, da Maskenpflicht nie alleine galt. Selbst bei Höchstinzidenzen (wo quer durch die Bevölkerung intensiv getestet wurde), waren in Deutschland von 100 Personen maximal 1-2 Personen wirklich PCR-positiv bzw. infiziert. Mit anderen Worten und gültig auf Bevölkerungsebene: Maskenpflicht in der Öffentlichkeit (Einkaufen, ÖPNV) ohne großen Effekt.
Lieber Herr Bock, " Individueller Schutz ja im richtigen Setting, bei richtiger Anwendung " . Wenn dem so ist, dann haben sich viele Benutzer von Masken vor einer Ansteckung geschützt , oder etwa nicht? Wie kann man dann davon sprechen, dass Masken keinen positiven Einfluß auf das Geschehen hatten ?
Wenn man mit Infizierten zu tun hatte und vor Omikron ja mit Einschränkungen. Mit Omikron gab es selbst im Krankenhaus keinen Unterschied zwischen den Inzidenz en zwischen maskierter und nichtmaskierter Gruppe, siehe z.B https://www.idse.net/Covid-19/Article/04-23/No-Mask-No-Difference-/70040 Außerhalb von Einrichtungen mit sicher Infizierten, war das Masketragen symbolisch. Um auf das Zahlenbeispiel zurückzukommen: bei 2 % Prävalenz (Hochinzidenzphase) und rund 20 Kontakten beim Besuch eines Lebensmittelgeschäftes sind 20 x 0,02 = 0,4 Personen potentiell infektiös. Die Ansteckungswahrscheinlichkeit pro Kontakt mit einer infizierten Person in so einer Umgebung liegt bei unter 1 %, vielleicht zwischen 0,1 % und 0,5 %. Real war die Prävalenz im öffentlichen Raum noch geringer als in Krankenhäusern oder Pflegeheimen.
Herr Bock, ich frage mich, warum Sie irgendwelchen Studien blind vertrauen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus dem öffentlichen Raum. Ich bin in dieser Zeit oft in einer vollen Sraßenbahn gestanden. Die Menschen hatten Masken auf, manche hatten die Maske unter der Nase., das gleich gilt für Anstehen an der Kasse im Supermarkt. Wie können Studien behaupten, dass das korrekte Tragen einer Maske in diesem Umfeld keine positive Wirkung auf das Geschehen hatten?
@Bock: Zu Ihrer Replik fällt mir nur ein: Die Frequenz der Verwendung exogener Terminologie korreliert invers mit dem epistemischen Validitätsgrad der vermittelten Inhalte.
Jens Spahn wird nicht zurücktreten, was ihn aber zum "Werkzeug" für Freund ( CDU ) und Gegner macht ( alle anderen Parteien und die Presse ). Wir werden deshalb einen anderen Spahn erleben: Nicht mehr den, der sich als Rechtsaußen der Union hervorgetan hat, nein, er wird seine aggressive Grundeinstellung zu allem ( "für die Tonne" ) aufgeben und zahm und ruhig werden, um ja nicht seine starke und hochbezahlte Stelle als Fraktionschef zu riskieren. Keiner ist so macht-und geldgeil wie Spahn. Nur zugeben wird er seine Maskenaffaire nie.
Was bei all der Maskerade vergessen wird: Es gibt bis heute keine ruboste Evidenz, dass ein bevölkerungsweites Maskenmandat Auswirkungen auf epidemiologische Parameter (Inzidenzen, Hospitalisierung usw.) hat. Die Verläufe waren völlig unabhängig davon. Das war Wissensstand bis 2019 und ist auch jetzt wieder größtenteils Stand des Wissens. Nur während der Pandemie wurde das hingebogen (weil man, wie in Deutschland viel zu viele Masken beschafft hatte, gilt auch für den Impfstoff; der symbolische Wert des Maskierens war wahrscheinlich relevanter).
Herr Bock, für Sie ist die Realität so einfach. Masken, die wahrscheinlich hundertausenden von Menschen das Leben gerettet haben, waren wirkungslos. Covid ist nicht gefährlicher als eine Grippe. Long und Postcovid existieren Ihrer Meinung nicht, weil es keine Definition der Krankheiten gibt. Die zunehmenden Naturkathastrophen sind nicht durch den menschenverursachtenten Klimawandel verursacht, sondern durch das Wetter. Was Sie auszeichnet ist, wie bei jeden Querdenker : Er glaubt schlauer zu sein, als die Mehrtheit der Wissentschaftler.
"Es gibt bis heute keine ruboste Evidenz, dass ein bevölkerungsweites Maskenmandat Auswirkungen auf epidemiologische Parameter (Inzidenzen, Hospitalisierung usw.) hat." Diese Behauptung ist genauso forsch wie sie falsch ist.
Herr Bock, was glauben Sie denn, warum medizinisches Personal bei operativen Eingriffen Maske trägt? Sollten Sie glauben, das sei, weil der Patient Schweißfuß oder Mundgeruch hat – das ist eine Fehlieinschätzung. Genauso wie das, was Sie über das Tragen von Masken verbreiten. Sie können diesen Blödsinn verbreiten, weil Sie auch dank Masken gut durch die Pandemie gekommen sind. Das Tragen von Masken zu verknüpfen mit einem fatalen Fehler von Spahn ist Blödsinn.
Bei solchen Aussagen Herr Bock kann man sich als Kliniker (26 Jahre) nur noch an den Kopf fassen, denn Argumente werden dabei sinnlos.
Lustig, wie mein Beitrag triggert. Ja, warum trägt man im OP eine (OP-)Maske? Der Mund-Nasen-Schutz soll primär die Verbreitung von Tröpfchen aus dem Nasen-Rachen-Raum des Trägers auf medizinische Geräte und das OP-Umfeld verhindern. Gleichzeitig soll er den Träger vor Spritzern mit Körperflüssigkeit des Patienten schützen (siehe KRINKO). Und weil andere nicht lesen können: Es geht um eine "allgemeine Maskenpflicht" und nicht um konkrete Einzelsettings im Kranken-/Pflegebereich, wo mit sicher infizierten/infektiösen Patienten umgegangen wird. Auf Bevölkerungsebene gilt: "Es gibt keine Belege für den Einfluss der Maskenpflicht auf das Infektionsgeschehen" - siehe Evaluationsbericht des Sachverständigenrates 2022, Cochrane-Review, oder Interview mit Hendrick Streeck am 2.2.2023 bei WELT. Wieso: Wirksamkeit im Labor oder in Modellstudien =/= Wirksamkeit reale Welt. Und Real Life Daten zeigen global, dass kein Zusammenhang zwischen Maßnahmenstärke und Infektionsverlauf vorhanden war.
Herr Bock, der Corona Virus wird durch Tröpfchen aus dem Mund-Rachen Raum übertragen. Jeder vernünftige Mensch geht darauf aus , dass eine Maske hilft, dass diese Übertragung zu verhindern. Warum glauben Sie das nicht? Die Antwort ist klar. Sie verbreiten eine politische Agenda der Querdenker und letztlich der AfD.
Herr Bock, vielleicht lesen Sie aus allen Ihren Quellen einfach nur das heraus, was Sie lesen wollen? Und den Rest ignorieren Sie, weil es nicht ihn Ihr Querdenker-Universum passt? Welche belegbaren Zahlen können Sie beibringen, dass die Pandemie ohne Maskentragen den gleichen Verlauf genommen hätte wie mit den Masken? Es war für alle eine schwierige Zeit, aber das ist kein Grund nun mit Teilerkenntnissen und halben Sachen nachzutreten.
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