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Koalitionsvertrag: Die Atomträume von CDU und CSU sind ausgeträumt

Koalitionsvertrag

Die Atomträume von CDU und CSU sind ausgeträumt

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    Bei der Atomkraft konnten sich Merz und Söder nicht durchsetzen.
    Bei der Atomkraft konnten sich Merz und Söder nicht durchsetzen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Von der Kraft der Atome ist im Koalitionsvertrag von Union und SPD in der zweiten Hälfte die Rede. Das schwarz-rote Regierungsbündnis will die Kernforschung stärker fördern. Nicht die bekannte Methode der Kernspaltung, sondern der Verschmelzung der Kerne. „Der erste Fusionsreaktor der Welt soll in Deutschland stehen“, wird als Ziel formuliert. Das war es zur Atomkraft, für die CDU und CSU im Wahlkampf laut getrommelt haben.

    Im Februar forderte CSU-Chef Markus Söder die Reaktivierung der drei zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke. In einem Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg versuchte die Union, den noch amtierenden Wirtschaftsminister Robert Habeck als energiepolitischen Leichtfuß darzustellen. In der Tat wollte der Grünen-Politiker nie, dass die drei Meiler weiter als unbedingt nötig laufen. Bei den europäischen Partnern rieb man sich darüber die Augen, dass Deutschland mitten in der durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Energiekrise, drei verlässliche Kraftwerke abstellte.

    Eine wesentliche Neuerung an der bisherigen Energiewende hat die Union durchgesetz

    Doch den Atomausstieg hatte seinerzeit CDU-Altkanzlerin Angela Merkel beschlossen, unter besonders lauten Forderungen von Markus Söder. Im Wahlkampf nahm Söder besonders hart Maß an Habeck („schlechtester Wirtschaftsminister, den Deutschland je hatte“), aber im Koalitionsvertrag wird seine Energiepolitik in den großen Linien fortgesetzt. Das Ziel: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden, also seinen Ausstoß an Treibhausgasen in der Bilanz auf Null zurückfahren.

    Der Ausbau der Erneuerbaren geht weiter, wenngleich er an bestimmten Punkten gebremst wird, um ein Überschießen zu vermeiden. So wollen sich Union und SPD noch einmal anschauen, ob wirklich alle der vereinbarten Flächen für Windräder gebraucht werden.

    Eine wesentliche Neuerung an der bisherigen Energiewende hat die Union durchgesetzt. Für Deutschland wäre es sehr teuer, in einigen Bereichen der Wirtschaft kein CO2 mehr in die Luft zu blasen, zum Beispiel bei der Herstellung von Zement, Stahl und in der Landwirtschaft. Deshalb soll auf die Klimabilanz angerechnet werden, wenn zum Beispiel ein deutscher Zementhersteller in einem Werk in Brasilien durch den Einbau neuer Technik weniger Kohlendioxid ausstößt. Negative Emissionen heißt der Fachbegriff dafür.

    Kritik kommt dafür aus Habecks Partei: „In Bayern droht schon jetzt die nächste Dürrekatastrophe und die schwarz-rote Koalition schaut tatenlos zu“, sagte die Klimapolitikerin Lisa Badum unserer Redaktion. Statt die Energiewende weiter voranzutreiben, wolle sich Schwarz-Rot von den Verpflichtungen international freikaufen. „Neue Impulse? Fehlanzeige“, beklagte die Bundestagsabgeordnete.

    Unternehmen und Verbraucher dürfen hoffen, dass sie weniger für Strom ausgeben müssen

    Ein prominentes Wahlversprechen hat die Union gehalten. „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Doch was genau danach kommt, klingt noch sehr schwammig. Das neue Gesetz soll „technologieoffener, flexibler und einfacher“ werden. Wer sich eine neue, umweltfreundliche Heizung einbauen lässt, soll auch künftig in den Genuss der staatlichen Förderung kommen. Auch hier herrscht Kontinuität. „Wir setzen beim Klimaschutz im Gebäudebereich auf gezielte und technologieoffene Förderung“, sagte die CDU-Umweltpolitikerin Anja Weisgerber unserer Redaktion.

    Unternehmen und Verbraucher dürfen darauf hoffen, dass sie weniger für Strom ausgeben müssen. Um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde soll der Preis gesenkt werden. Der Staat soll einen Teil der Netzentgelte übernehmen, die Stromsteuer auf ein europäisches Minimum gesenkt werden, womit sie de facto abgeschafft wäre. Um drei Milliarden Euro würde das laut dem Vergleichsportal Verivox die Haushalte jährlich entlasten. Auch dieses Vorhaben ist altbekannt. Habeck wollte genau das tun, der Ampel fehlte aber das Geld. 

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    2 Kommentare
    Dirk Thum

    Scheint sich doch noch die Vernunft durchzusetzen. Die Atomkraft ist tot, selbst die hochfliegenden Pläne in anderen Ländern sind mehr Luftschlösser als reale Projekte. Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Union die Politik des angeblich "schlechtesten Wirtschaftministers" fortführen. Selbst Forderung, die die SPD unter dem Kanzler Scholz abgelehnt wurden, sind auf einmal Ok. Vielleicht hat Habeck doch mehr Recht gehabt als viel wahr haben wollten. Die angeblich neue Technologieoffenheit im GEG stand natürlich vorher schon drin. Dass bei den Vorgaben der Klimaneutralität in den meisten Fällen die Wärmepumpe übrig bleibt, hat mehr mit Physik als mit Ideologie zu tun (gleiches gilt beim E-Auto). Bleibt zu hoffen, dass die Nebelkerzen den Umstieg auf bessere Technologie nicht weiter bremst. Spannend bleibt, wie bei der Anrechnung angeblicher Klimaersparnis im Ausland Greenwashing und Doppelzählungen vermieden werden. Bisherige Erfahrungen stimmen mich skeptisch.

    Martin Dünzl

    Endlich ausgeträumt, Söder? - dann guten Morgen in der Realität. Kraftwerke zur Kernspaltung sind astronomisch teuer zu bauen, brauchen Jahrzehnte bis zur Inbetriebnahme, sind stets ein lohnendes Ziel von Terroristen, am Ende mit einem unkalkulierbaren Risiko für die Gesellschaft verknüpft und eine sichere Endlagerung des strahlenden Mülls nach wie vor nicht in Sicht!...kannst jetzt für die nächsten 15 Jahren weiter träumen von der Kernfusion - falls die bis dahin "schon" für einen breiten Einsatz zur Energieerzeugung taugt...

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