
Beim Heizungsgesetz schädigt die Ampelkoalition den Glauben an die Demokratie

Das Bundesverfassungsgericht hat die Abstimmung über das Heizungsgesetz gestoppt. Nun will es die Ampelkoalition ohne Änderung im Bundestag beschließen.
Im Plenarsaal des Reichstages hängt der Bundesadler als Symbol von Stärke und Macht. Doch das Wappentier hat in Wahrheit gestutzte Flügel. Die Ampelkoalition ist dabei, die Schwingen noch ein wenig mehr zu kürzen. In der am Montag beginnenden Sitzungswoche soll das heftig umkämpfte Heizungsgesetz ohne weitere Anhörung von Sachverständigen und Änderungen mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP beschlossen werden. Das Dreierbündnis vergrößert damit die Schwäche des Parlaments, das im Zusammenspiel der drei Gewalten – Exekutive, Judikative und Legislative – beharrlich an Macht einbüßt.
Nimmt die Ampel das Verfassungsgerichtsurteil ernst?
Das Bundesverfassungsgericht hatte vor der Sommerpause die seinerzeit angesetzte Abstimmung gestoppt. Begründung: Die Abgeordneten brauchen mehr Zeit, um den Entwurf zu studieren. Es war eine schmerzende Ohrfeige für die Koalition, die nach Monaten verletzenden Streits die Sache einfach hinter sich bringen wollte. In Karlsruhe geklagt hatte der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann, der seine Rechte als Parlamentarier verletzt sah.

Das Urteil offenbarte, wie machtlos die Abgeordneten den Apparaten der Ministerien gegenüberstehen. Dabei sollen sie – zumindest der Theorie nach – das Volk als Souverän vertreten. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, steht im Grundgesetz. Seine Vertreter sollen in der „Herzkammer der Demokratie“ den Mehrheitswillen nach bester Abwägung der Argumente in allgemeine Bestimmungen, also Gesetze, gießen.
Expertenanhörung zum Heizungsgesetz war nur Showveranstaltung
Doch das Herz der Volksherrschaft schlägt schwach. Den Abgeordneten blieben im Sommer nur wenige Tage, die 140 Seiten Text des Heizungsgesetzes zu lesen. Den Parlamentariern von SPD, Grünen und FDP war das gleichgültig, schließlich kam der Entwurf aus der eigenen Regierung. Dennoch bemühte man sich, immerhin die demokratische Form zu wahren. Kurzfristig wurde noch eine Anhörung mit Experten einberufen, die für die Bewertung der komplizierten Materie lediglich ein Wochenende Zeit hatten. Doch eigentlich hätten sie zu Hause bleiben können, denn ihre Einschätzungen und Bedenken wären wegen der Kürze der Zeit bis zur geplanten Abstimmung ohnehin nicht mehr in die Paragrafen eingeflossen. Die Anhörung war eine reine Show-Veranstaltung.
Die Verfassungsrichter beendeten die Gesetzgebung im Galopp. Über die Sommerpause hatten die Abgeordneten zwar genügend Luft, um das Heizungsgesetz zu prüfen, die Ampel verzichtet aber darauf, die Einwände der Fachleute durch eine neuerliche Befragung zu berücksichtigen. Und derer gibt es viele.
SPD, Grüne und FDP beschädigen damit das austarierte Verfassungsgefüge und die geübte parlamentarische Praxis. Bedenklich ist, dass das Heizungsgesetz nur eines von vielen Beispielen der Hauruck-Methode ist. Zur traurigen Wahrheit gehört dazu, dass es unter der Großen Koalition mit CDU/CSU-Beteiligung nicht besser war.
Ampel degradiert den Bundestag zur Abstimmungsmaschine
Bis auf wenige Ausnahmen ist der Bundestag zur Abstimmungsmaschine degradiert, die den Vorgaben der Ministerien weitgehend ausgeliefert ist. Die Abgeordneten brauchen das Wissen der Ministerialbeamten, was aber gleichzeitig heißt, dass sie ihnen unterlegen sind. Mit der Souveränität des Volkes und seiner Vertreter ist es dann nicht so weit her.
Nachdem SPD, Grüne und FDP 2021 die Bundestagswahl gewonnen hatten, drang der designierte Justizminister Marco Buschmann darauf, die Corona-Bestimmungen rasch zu entschärfen, wie es die Liberalen im Wahlkampf versprochen hatten. Notfalls wollte es Buschmann allein im Parlament durchziehen. Der noch amtierende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) entgegnete ihm trocken, dass er das nicht schaffen kann. Spahn behielt recht. Heute haben sich die Rollen verkehrt, aber das Machtungleichgewicht bleibt. Die Regierung dominiert das Parlament.
Die Diskussion ist geschlossen.
Herr Grimm, das Bundesverfassungsgericht hat die Abstimmung gestoppt, damit die Abgeordneten mehr Zeit hatten, um den Entwurf zu studieren. Das Bundesverfassungsgericht hat aber NICHT verlangt, dass der Gesetzentwurf nochmal überarbeitet werden muss. Sie unterstellen einerseits allen Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP, dass diese dem Gesetz nur deshalb zustimmen, weil sie in einer der Regierungsparteien sind. Glauben Sie wirklich ernsthaft, dass die Abgeordneten der Oppositionsparteien frei und ohne Fraktionszwang entscheiden? Hier ist doch schon lange vor der Abstimmung klar formuliert worden, dass man nicht zustimmen werde. Ergo kann man sich überflüssige Debatten ersparen, die Demokratie nimmt da sicher keinen Schaden!
Ein Zitat des Herrn Erdogan, wenn hier auch recht überspitzt, dürfte es treffen. "Demokratie ist wie eine Straßenbahn. Wenn man am Ziel ist, dann steigt man aus."
Tolleranz wird nur solange gefordert, bis man die Möglichkeit hat, anderen den eigenen Willen aufzudrücken. Das ist aber nicht nur den Grünen und ihren devoten Koalitionspartnern zu eigen.
Eigentlich sollte die jetzige Regierung zurücktreten!
Ganz meine Meinung. Dieses Land steht am Abgrund und die Ampel geht noch einen weiteren Schritt voran!
Genau, vor allem die schlafmützige bayerische, die ein großes Mass Schuld an dem Zeitdruck trägt, der jetzt entstanden ist . . .
Allen Untergangspropheten/innen und Unken zum Trotz - am Abgrund steht dieses Land noch lange nicht . . .
Nicola L, das ist totaler Quatsch:
"Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält die Schwäche der deutschen Wirtschaft für eine vorübergehende Erscheinung: »Deutschland ist nicht der kranke Mann Europas. Ich halte das für eine Fehldiagnose, die bei vielen allzu leicht verfängt. Wir sollten da selbstbewusster auftreten«, sagte Nagel dem »Handelsblatt«.
(...)
»Verglichen mit anderen Ländern steht Deutschland insgesamt gut da, nicht nur bei Beschäftigung und Schuldentragfähigkeit«, sagte Nagel. »Wir sollten uns ›Made in Germany‹ nicht klein reden lassen. Das deutsche Wirtschaftsmodell ist kein Auslaufmodell. Aber es braucht ein Update.« Als Stichworte nannte Nagel Energiewende, Digitalisierung und die Notwendigkeit, internationale Handelsbeziehungen widerstandsfähiger zu machen."
https://www.spiegel.de/wirtschaft/bundesbank-praesident-deutschland-ist-nicht-der-kranke-mann-europas-a-3bd98f41-b298-47af-943a-a70a3105ed83