
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner ist so erfolgreich wie nie zuvor. Selbst schwierige Entscheidungen entschärft er, so dass sie keinen Schaden anrichten.
Es ist ratsam, die Versprechen gleich am Anfang zu brechen. Dann ist die Chance groß, dass es die Wählerinnen und Wähler in vier Jahren vergessen haben. Kaum im Amt, nimmt FDP-Finanzminister Christian Lindner 60 Milliarden zusätzlich an Krediten auf, obwohl er sich bis heute als Vorkämpfer solider Haushalte präsentiert. Und er kann sogar mit einer Impfpflicht gegen das Coronavirus leben, was bei den Liberalen bis vor kurzem undenkbar gewesen wäre.
Doch es sieht so aus, dass die beiden Kehrtwenden den Freien Demokraten weder in der Wählergunst noch im Inneren großen Schaden zufügen werden. Denn angesichts der Abermilliarden, die der Staat im Kampf gegen die Pandemie mobilisiert, – Millionen sind nunmehr Peanuts – fällt die Summe in der öffentlichen Wahrnehmung kaum ins Gewicht. Und eine Mehrheit der Deutschen hält die Einführung der Impfpflicht für sinnvoll, um den Erreger zu besiegen. Mit der Aufgabe des Fraktionszwangs hat Lindner erreicht, dass sich seine Fraktion über das sensible Thema nicht zerfleischt.
Scheitert die Impfpflicht, ist es Scholz' Problem
Bundeskanzler Olaf Scholz kann darauf hoffen, dass er auch ohne die volle Stärke der FDP eine Mehrheit im Bundestag für die verpflichtende Immunisierung zusammenbekommt. Gelingt das nicht, ist es seine Niederlage, für Lindner aber kein Problem, weil die Freien Demokraten auch gut ohne Impfpflicht leben können. Der FDP-Vorsitzende steht trotz der beiden Kröten, die er seiner Partei zumutet, unangefochten an der Spitze.
Mit der Eroberung des Finanzministeriums krönt er seine Mission Renaissance der FDP. Sie war dem Tode nahe als sie 2013 aus dem Bundestag geflogen war. Nach harten Wiederaufbaujahren sind die Liberalen heute stark wie lange nicht mehr. Das ist nicht allein Lindners Verdienst, aber ohne ihn wäre dieser nicht möglich gewesen. Statt schneidender Worte und harter Angriffe setzt er heute auf Versöhnlichkeit und Gesprächsangebote an alle Seiten (außer an die AfD), genau wie es die Wähler hierzulande von einem Minister erwarten. Die Abteilung Attacke überlässt er Wolfgang Kubicki. Lindner steht mit 42 Jahren auf dem (vorläufigen) Höhepunkt seiner Karriere.
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