
Die Reue von Stadler und Hatz im Audi-Prozess kommt viel zu spät

Auch wenn Ex-Manager wie Stadler und Hatz nur Bewährungsstrafen bekommen, sind ihre Geständnisse für Geschädigte wichtig. Aber sie hätten früher kommen müssen.
Die Justiz ist kein gesellschaftliches Krankenhaus, in dem begangenes Unrecht vollumfänglich durch möglichst hohe Strafen geheilt wird. Es ist schon ein Fortschritt, wenn ein Gericht die Wahrheit ans Tageslicht schubst. Gelingt es, durch unerbittliches Nachfragen, Angeklagten wie im Audi-Prozess Geständnisse abzuringen, wohnt dem ein hoher Wert für den Rechtsstaat inne.
Dass die Geständnisse im Abgas-Verfahren auf einen Deal zwischen Gericht und Verteidigung zurückgehen, mindert nicht ihre Qualität. Denn die lange von VW- und Audi-Managern vorsätzlich vertuschte Wahrheit ist nun in der Welt. Das war eine unerträglich lange Geburt. Der frühere Audi-Chef-Motorenentwickler und Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz hat endlich sein Wissen darüber eingestanden, dass durch technische Tricks die Abgas-Werte von Diesel-Autos aus dem VW-Imperium geschönt wurden. Dabei ist Stadlers Geständnis nicht minder wertvoll, räumt er doch ein, den Verkauf der betroffenen Autos nicht gestoppt zu haben, als er über die Manipulationen hätte informiert sein müssen. Beide Manager bestritten die Vorwürfe jahrelang, was zwar ihr gutes Recht und menschlich verständlich ist, aber für sie einem moralischen Fiasko gleichkommt.
Selbstzweifel verschwinden nicht durch Millionengehälter
Der Philosoph Immanuel Kant, eine deutsche Koryphäe in ethischen Fragen und damit ein Kronzeuge in solch elementaren Themen, urteilte dereinst: „Die Lüge ist durch die bloße Form ein Verbrechen des Menschen an seiner eigenen Person.“ Damit kommt die Reue von Stadler und Hatz viel zu spät. Die Manager beschädigen ihren Ruf dadurch mehr, als wenn sie 2015 nach Bekanntwerden des Abgas-Betrugs reinen Tisch gemacht hätten. Wie muss das Bewusstsein, nicht mit der Wahrheit rauszurücken, an ihnen genagt haben. So abgebrüht, wie sich Spitzenmanager gerne geben, sind sie oft nicht. Selbstzweifel und moralisches Unwohlsein verschwinden nicht durch Millionengehälter.
Stadler wie Hatz habe eine erste Buß-Lektion hinter sich, mussten sie doch erleben, was Freiheitsentzug heißt. Die Untersuchungshaft war sicher eine maximale Probe für die beiden. Wer als Führungskraft gewohnt ist, anderen zu sagen, was sie zu tun haben, empfindet das auf Gehorsam aufgebaute Leben im Gefängnis als Tortur.
Die Untersuchungshaft war eine Buß-Lektion für Stadler und Hatz
Dass Stadler wie Hatz angesichts der Schwere der Vorwürfe mit Bewährungsstrafen und hohen Geldauflagen davonkommen, ist unbefriedigend. Gerade was Hatz betrifft, plagen hier die Staatsanwaltschaft Bauchschmerzen. Schließlich war der Manager nach Darstellung des Gerichts unmittelbarer als Stadler an den Tricksereien beteiligt. Hätte Richter Stefan Weickert nicht mit dem Lasso der Bewährungsstrafen nach den Angeklagten geworfen, wäre es schwer für ihn geworden, die Dauer-Langzeitleugner für ein Geständnis einzufangen. Der Jurist hat nach knapp zwei Jahren und acht Monaten den pragmatischen und richtigen Weg der Verständigung gewählt. Auch wenn das Ausmaß der Strafe manche nicht befriedigen mag, ist die Sache endlich und erstmals auch strafrechtlich aufgeklärt: Die VW- und Audi-Manager wussten, was sie taten. Zu viele hatten nicht den Mut, Nein zu sagen. Zu viele erstarrten vor Angst. Zu viele dachten an ihre Millionengehälter und vergaßen den Werte-Kodex eines ehrbaren Kaufmanns.
Wie wäre es, wenn Manager nicht für das Ja-, sondern das Nein-Sagen Boni bekommen? Mit einem „Nein“ können sie Arbeitgebern teure Skandale ersparen. Windschnittigkeit mag für Autos gut sein, bei Menschen ist sie fatal.
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Nach mehreren Jahren kommt der Prozess zum Abschluss und der Verbraucher steht weitestgehend im Abseits. Welchen normalen Kunden interessiert denn beim Kauf denn wirklich die Abgaswerte, so lange das Fahrzeug seinen Vorstellungen und Preis entspricht und eine Betriebserlaubnis vorliegt, sowie sich die Verbrauchswerte im angegebenen Rahmen bewegen. Und auf die wechselnden negativen Randbemerkungen zu Verbrennermotoren von Vereinen wie dem DUH NGO kann man gut und gerne verzichten.
"… Betriebserlaubnis…"
Die aufgrund der getürkten Abgastests nichtig ist.
"…kann man gut und gerne verzichten."
Auf Ihre Kommentare auch.
Antwort an Robert M: Von VW/AUDI wurde die Masse der betroffenen Fahrzeuge ein Software Upgrade angeboten, der den Mangel im Rahmen der geltenden Vorschriften behob und die Betriebserlaubnis erlosch damit nicht. Inwieweit Wertverluste eingetreten sind, ist eine zweite Frage, der berechtigte Ansprüche gegenüber dem Hersteller ggfs rechtfertigt. Und zum Ende der Lebensdauer werden Altautos, wenn nicht schrottreif, in Staaten ausserhalb der EU verbracht, und dort verkauft. Das verhält sich doch ebenso, wenn man heute z.Bsp in München einen Diesel nach Euronorm 4 nicht mehr fahren darf, geht in benachbarte Länder, in denen die deu Regelungen niemanden interessieren. Am deu Wesen wird die Welt nicht genesen.
"Das verhält sich doch ebenso, wenn man heute z.Bsp in München einen Diesel nach Euronorm 4 nicht mehr fahren darf, geht in benachbarte Länder, in denen die deu Regelungen niemanden interessieren."
Dreimal dürfen Sie raten, warum die Euronorm "Euronorm" und nicht "Deunorm" heißt…
Kein Ruhmesblatt - wieder mal - für die Justiz.
Merke: Kann man sich sündhaft teure Anwälte leisten, ein Verfahren in die schiere Unendlichkeit hinziehen, horrende Geldstrafen leisten , wird die Chance groß, mit einem "Deal" (die dabei Handelnden sind Dealer sozusagen) dem Knast zu entgehen. Diese Einrichtungen werden dann mit Kleinkriminellen, notorischen Schwarzfahrern, etc. gefüllt.
Mic würde noch interessieren, in wieweit Scheuer und Dobrindt involviert sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese ehemaligen Verkehrsminister eine reine Weste haben.
Sie sollten Ihren persönlichen Hass gegen die CSU bekämpfen und sich besser über den aktuellen Skandal der Grünen echauffieren?
Manche Personen haben seltsame Interessen. Wie sagte Madonna: "Es ist reine Zeitverschwendung, etwas Mittelmäßiges zu tun."