Die Wiederkehr der GroKo – Berlin als Vorbild für den Bund?
Verliererin Franziska Giffey von der SPD verhandelt mit dem Wahlsieger CDU über ein Bündnis, das nirgends mehr eine Zukunft zu haben schien. Ihre Motive sind eigennützig, doch der Demokratie tut sie einen Gefallen.
Totgesagte leben länger: Ausgerechnet im linkslastigen Berlin bekommt die Große Koalition eine neue Chance. Oder zumindest das, was einmal Große Koalition hieß. Denn wirklich groß sind derlei Not-Bündnisse zwischen den einstigen Volksparteien ja längst nicht mehr. Mit dem Ende der Ära Merkel schienen sie untergegangen zu sein, auf Landesebene tauschte dann zuletzt noch Niedersachsens SPD-Fürst Stephan Weil seine schwarzen gegen grüne Partner. Das schien es gewesen zu sein mit dem Modell GroKo, das nirgends so verhasst war, wie in der SPD.
Nun vollziehen die Genossen unter der böse abgestraften Franziska Giffey eine spektakuläre Kehrtwende: Statt, wonach es aussah und wofür es gereicht hätte, das Bündnis mit Grünen und Linkspartei wiederzubeleben, beginnen sie Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Noch zickt der linke SPD-Flügel, doch am Ende dürfte der haushohe Wahlsieger Kai Wegner Regierender Bürgermeister werden.
Giffey verfügt über einen untrüglichen politischen Überlebensinstinkt
Die SPD nehme sich zurück, um an Stärke zu gewinnen, rechtfertigt Giffey ihren unerwarteten Schritt. Das klingt nach Anstand und Respekt vor dem Wählerwillen. Doch tatsächlich ist es vor allem ihr untrüglicher politischer Überlebensinstinkt, der sie treibt. Der hat der ehemaligen Bundesfamilienministerin schon geholfen, eine Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit fast unbeschadet zu überstehen.
Einfach so weiterzumachen hätten die Wähler weder Giffey noch ihrer Berliner SPD verziehen. Politisch wäre die SPD nach dreieinhalb weiteren Jahren mit Grünen und Linken erst recht vor einem Scherbenhaufen gestanden. Am Ende übernähmen dann wohl die Grünen die Macht. Die sind wie im Bund keineswegs nur natürlicher Bündnispartner, sondern vor allem schärfster Konkurrent im Mitte-Links-Lager. Um ein Haar wären sie ja auch in Berlin an der SPD vorbeigezogen.
Die Grünen haben die bürgerliche Mitte verprellt
Hätten sich die Hauptstadt-Grünen nur etwas weniger ideologisch verbohrt gegeben, könnten sie selbst regieren. Doch ihr konsequent autofeindlicher Kurs kam jenseits der Innenstädte schlecht an. Auch den Grünen im Bund sollte das zu denken geben: Viele Wähler hätten Energie und Mobilität gern grün gewendet – aber nicht zwangsweise rationiert oder eingeschränkt. Die bürgerliche Mitte schreckt es zudem ab, wenn schwarz-grüne Kooperationen von vornherein ausgeschlossen werden.
Auch die ideologisch so brandgefährlichen wie praktisch untauglichen Pläne zur Enteignung von Immobilienfirmen, mit denen die Linke die Wohnungsnot dämpfen will, wären an Giffey hängengeblieben. Bei der inneren Sicherheit, dem vielleicht entscheidenden Thema im Wahlkampf, hätte sie mit Grünen und Linken ebenfalls kaum das Ruder herumreißen können. Wenn schon die Frage, ob und inwiefern etwa die Krawalle in der Silvesternacht auch mit gescheiterter Integration zu tun haben, als rassistisch zurückgewiesen wird, ist eine offene Debatte über den richtigen Kurs kaum möglich. Hinzu kommt, dass in weiten Teilen des linken Lagers die Polizei zum eigentlichen Feind stilisiert wurde. Sicher leben wollen aber alle Menschen – ob mit oder ohne Zuwanderungsgeschichte.
Ein solches Machtwort darf nicht ungehört verhallen
In Berlin wie im Bund gilt: Der Laden muss laufen, wenn nicht, sprechen die Wählerinnen und Wähler ein Machtwort. Lauter als an der Spree hätte es kaum ausfallen können. Umso wichtiger, dass es nicht wirkungslos verhallt. Der Eindruck, dass konservative Wahlsieger keine Chance mehr haben gegen breite Linksbündnisse, er hätte Wahlmüdigkeit und Politikverdrossenheit gefährlich verstärkt. Mögen Giffeys Motive alles andere als uneigennützig sein: Der Demokratie tut sie einen Gefallen, wenn sie der ungeliebten GroKo eine neue Chance gibt.
Die Diskussion ist geschlossen.
@WOLFGANG L.@WOLFGANG B. Es geht weder um ein "verhasstes System" noch um "Diktatur" sondern um Effizienz. Ein Unternehmen in dem mehrere mitbestimmen, vor allem, die keine Fachkompetenz besitzen, geht den Bach runter.
Und Deutschland braucht fähige Unternehmer und keine Bachelors, denn die volkswirtschaftliche Situation ist heute eine andere. Nach der Zerstörung des Landes und des Aufbaues waren alle besoffen vor Glück über die positiven Wirtschaftszahlen. Leider wurde nach der Globalisierung in 1990 die Weiterentwicklung und die Digitalisierung verpennt und auch der Fertigungsstandort Deutschland kaputt geredet und gerechnet. Wir leben derzeitig von der Substanz, wie lange noch....?
Eine GroKo oder KleinKo ist eine Bankrotterklärung an das Leistungsprinzip und zeigt die Schwächen unseres Wahlsystems. Führungspersönlichkeiten (sofern es welche gibt) müssten direkt gewählt werden dürfen und nicht über Parteien, von Lobbyisten gesteuert, die ihre Amigos einbringen.
Ohne dieser Direktwahl bleibt Deutschland ein braves Land der "Nicker", was offensichtlich gewollt ist.
Und Berlin als Vorbild für eine Wiederkehr einer GroKo in Berlin zu benennen, am besten noch mit einer "Pseudo-Dr.*in" Franziska Giffey, zeigt die Hilflosigkeit und Dummheit unseres Systems.
Das Ihnen so verhasste "System" ist genau deswegen so konzipiert, um "Führer"persönlichkeiten nach Ihrem Geschmack in Deutschland möglichst auszuschließen. Bisher ist Deutschland hervorragend damit gefahren: Die Welt beneidet uns um unser stabiles politisches System und unsere Wirtschaftskraft.
Was gibt es denn noch außer einer großen oder kleinen Koalition? Die Alleinherrschaft.
Führerpersönlichkeiten haben die Welt nicht besser gemacht, sondern unermesslichen Schaden angerichtet. Die Geschichtsbücher sind voll davon … und nicht alle haben sich an die Macht geputscht, manche wurden auch gewählt, zumindest zu Anfang. Deutschland war mit Hitler gut dabei. Damit wo etwas sich nicht wiederholen kann, gibt es das heutige "System". Und das ist gut so. Auch Putin wird vom Volk gewählt – was aus diesem "Führer" wurde, ist bekannt.
Jede Person die etwas führt oder leitet ist ein Führer, Leiter oder neuhochdeutsch vielleicht Chef. Ich habe mit allen Begriffen kein Problem.
@Wolfgang B.
Ich habe kein Problem mit Führungspersönlichkeiten, die deswegen Führung übernehmen können, weil sie kompetent sind. Aber ich habe ein Problem mit solchen, von denen Herr Kraus spricht, denn er bezieht sich ja auf die Politik: "Führungspersönlichkeiten (sofern es welche gibt) müssten direkt gewählt werden dürfen". Dann besteht auch mal die Möglichkeit, dass Menschen wie Hitler, Erdogan oder Putin an die Macht kommen – Leute, die wohl charismatisch sind, gut reden können, viel versprechen, aber das Volk zugrunderichten.
@Maria Reichenauer: Das wäre jetzt eine längere Diskussion ob Führungspersönlichkeiten gewählt werden müssen. Die Frage hierzu wäre: kann der gemeine Wähler beurteilen ob er sein Kreuzchen bei einer wirklichen Führungspersönlichkeit macht? Wir sollten das jetzt nicht weiter verfolgen.
@ NICOLA L
"Das Ampel Chaos zerstört gerade die Existenzgrundlage der Bürger."
Absolut vertrauenswürdig dieser Laden!
Das "Manager magazin" über McKinsey:
"Wie McKinsey zur Skandalfirma wurde: Zu groß, zu gierig, zu egogetrieben . . .
In den USA unterstützten Meckies die Pharmafirma Purdue noch, als schon absehbar war, dass deren Schmerzmittel Zehntausende von Amerikanern in Opioid-Süchtige verwandelten – mit oft tödlichen Folgen . . ."
"Durch die Zusammenarbeit mit heiklen Kunden hat die renommierteste Beratungsfirma der Welt ihren Ruf arg ramponiert. Nun ringt McKinsey verzweifelt um eine neue Firmenkultur.
In den vergangenen zwei Jahren zahlte McKinsey zudem 15 Millionen Dollar ans US-Justizministerium wegen Interessenkonflikten in Firmenpleiten, und weitere Dutzende Millionen Dollar in Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen in Südafrika."
(Quelle: Treffpunkt der Finanzwelt finews.ch)
Woher kommt der große Hass gegen die Grünen, auch hier im Forum ( von Jochen H. ) und vor allem in der WELT ?
Willi D., die Grünen sagen seit über 40 Jahren, was sich verändern muss, wenn wir unsere Lebensgrundlagen nicht zerstören wollen. Sie wurden zunächst nur belächelt und dann angefeindet, aber sie haben mit ihren Analysen nicht nur meistens recht behalten, sondern sie haben auch zunehmend Einfluss in unserer Gesellschaft gewonnen. Das verbittert offensichtlich viele Leute, die die Wahrheit nicht sehen wollen oder können und vor allem auch aus egoistischen Gründen und aus Bequemlichkeit an ihrer Lebensweise nichts verändern wollen.
das ist kein Hass, sondern gesunder Menschenverstand. Und wo da herkommt erklärt sich jedem normal denkenden Menschen von selbst.
Bitte keine Groko die nächsten x Jahre. Wir hatten genug Stillstand, es ist Zeit für den Blick nach vorne und nicht ständig zurück. Ob Giffey damit der Demokratie wirklich einen Gefallen tut – mit 53 Stimmen Vorsprung, herben Verlusten und viel Eigennutz im Gepäck? Das mögen die so sehen, für die die Grünen nach wie vor das Feindbild sind. Vielleicht hätte Berlin ein wenig mehr Grün gut getan. Giffey hat jedenfalls viele Wähler vor den Kopf gestoßen, da auch sie stets die Fortsetzung der bestehende Koalition betont hatte. Damit hat sie sich für mich unglaubwürdig gemacht – als Mensch, als Politikerin und als Verhandlungspartner. Ich fürchte, sie wird viele Zugeständnisse machen, um einen guten Posten zu ergattern – was dann von der Sozialdemokratie in Berlin übrig bleibt, wird man sehen.
Wenn ich mir die Daten der Bundes-GroKos so ansehe, zumindest verstehe ich unter Stillstand etwas anderes. Man könnte sich z.B. mal die 553 verabschiedeten Gesetze im Zeitraum von 2013-2017 etwas näher ansehen, vielleicht auch einen "kleinen Blick" auf die wirtschaftlich Entwicklung legen.
Ja, man kann vor allem die letzten 16 Jahre auch von hinten aufrollen: Grenzwerte bei Abgaswerten ausgebremst, Klimaschutz ausgebremst, erneuerbare Energien fast in die Knie gezwungen, kein Gesetz für die Zuwanderung von Arbeitskräften auf den Weg gebracht, keine Novellierung des ALG II, Kohleausstieg halbherzig, weil die erneuerbaren Energien nicht ausgebaut wurden usw. usw. Vieles wurde vor allem durch die C-Parteien ausgebremst, was wichtig gewesen wäre und uns nun auf die Füße fällt. Quantität bei der Verabschiedung von Gesetzen heißt nicht unbedingt Qualität.
Bei näherer Betrachtung ... ich picke nur mal eine Dokumentation aus dem Jahre 2020 des Umweltbundesamtes heraus. Niemand sagt, daß immer alles zu 100% erfüllt ist, wohl auch nicht bei "kleinen Koalitionen" :), aber in die Erneuerbaren in die Knie gezwungen sähe wohl anders aus, als: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-04-03_hgp-ee-in-zahlen_bf.pdf
"Die Wiederkehr der GroKo – Berlin als Vorbild für den Bund?"
Unter einem Kanzler Friedrich Merz gerne. Das Ampel Chaos zerstört gerade die Existenzgrundlage der Bürger.
"Drohende Stromlücke: Spitzenlast kann die verfügbare Kapazität um 4 GW im Jahr 2025 und 30 GW im Jahr 2030 übersteigen - Ausbau der Erneuerbaren allein reicht nicht – Bündel von Maßnahmen auf Angebots- und Nachfrageseite notwendig, um System zu stabilisieren - Indikatoren zum Status der Energiewende in Deutschland verschlechtern sich"
https://www.mckinsey.com/de/news/presse/2023-03-06-energiewende-index
Die grüne Verbotspartei passt halt vielen Wählern nicht mehr- Umerziehung durch Verbote und Einschränkungen der individuellen Freiheiten. Die grüne städtische Bourgeoisie meint sie kann das ganze nach ihren Idealen ändern. Früher hiess es Mal "Stadtluft macht frei" ; heute wird man bald sagen können " Stadtluft macht unfrei". Und die linke Enteignungspartei bringst auch nicht. (edit/mod/NUB 7.2)
Union und SPD auch im Bund ? Besser als die jetzige Ampel auf jeden Fall, denn 1. ist Scholz als Kanzler offenbar nich in der Lage,
den erbitterten ewigen ( Spahn, CDU ) Streit zwischen FDP und Grünen zu beenden 2. ist Scholz bei allen Entscheidungen, nicht nur
was die Unterstützung der Ukraine betrifft, zu zögerlich und damit zu langsam und damit als Kanzler nicht geeignet. 3. wäre eine
Regierung aus Union und Grünen deshalb am zukunftsträchtigsten, weil damit ein schwacher Kanzler Scholz und eine neoliberale FDP, die Umweltpolitik ganz hinten anstellt, keine Rolle mehr spielen würden. Ja, der schwache Scholz und gnadenlose Egomane Lindner sind eine einzige Zumutung für Deutschland ! Obwohl man auch große Bedenken haben muss, wenn der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, der am rechtsradikalen Wählerrand fischt und in der Beliebtheit weit hinten steht, gerade noch vor Weidel ( AfD ) und Wagenknecht ( noch Linkspartei ).