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Kommentar: Diskussion ums Bürgergeld: Grundsicherung ja, aber richtig

Kommentar

Diskussion ums Bürgergeld: Grundsicherung ja, aber richtig

Stefan Lange
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    Arbeit oder Hängematte? Die neue Grundsicherung will Klarheit schaffen.
    Arbeit oder Hängematte? Die neue Grundsicherung will Klarheit schaffen. Foto: Jan Woitas, dpa

    Politikersprech war noch nie wirklich fein ziseliert. Auch vom Spitzenpersonal der schwarz-roten Regierung sind eher markige Töne zu hören. Von „Law and Order“ ist gerade viel die Rede, und vom „letzten Schuss“. Beides geht in dieselbe Richtung: Man will jetzt härter durchgreifen, damit die Menschen Vertrauen in die Regierung zurückgewinnen und nicht mehr AfD wählen. Ganze vorn im Aufgabenheft steht die Migration, gleich danach kommt das Bürgergeld.

    Die Union hat sich im Koalitionsvertrag durchgesetzt: Das erst vor gut zwei Jahren eingeführte Bürgergeld wird abgeschafft. Es gab schon vorher eine Grundsicherung (Hartz IV), und es wird weiter eine geben. Die „neue Grundsicherung“ muss noch ausgestaltet werden, aber vom Grundgedanken geht sie in die richtige Richtung.

    Plakative Fälle des Bürgergeld-Missbrauchs sind allgegenwärtig. Viele kennen jemanden, der keiner Tätigkeit nachgeht, obwohl er es könnte. Mittlerweile gibt es gar TV-Serien, in denen sich arbeitsscheue Menschen hohnlächelnd über jene lustig machen, die jeden Tag aufstehen und ihr eigenes Geld verdienen. Die Ampel-Regierung hat bereits versucht, härter gegen „Totalverweigerer“ vorzugehen, sie war damit wenig erfolgreich.

    Diskussion ums Bürgergeld: Nicht alle sind faul

    Damit sich das ändert, müssen wie von Schwarz-Rot geplant die Sanktionen schärfer werden. Notfalls bis hin zum Leistungsentzug. Der ewige Hinweis auf einschlägige Urteile zur Sicherung des Existenzminimums hilft da wenig. Sie sind die Hängematte, in der sich die Arbeitsunwilligen ausruhen können. Gerichte korrigieren ihre Rechtsprechung immer wieder und passen sie der Zeit an. Das kann hier auch der Fall sein. Die neue Regierung allerdings muss den Mut haben, sich an das Thema heranzuwagen. Lippenbekenntnisse schaffen keine Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig muss Schwarz-Rot das Personal bereitstellen, um die Sanktionen durchzusetzen. Der Sozialstaatsbetrug wird mit hoher, teilweise schon krimineller Energie betrieben. Wenn schon „Law and Order“, dann auch richtig.

    Gleichzeitig ist bei der Grundsicherung Politik mit Augenmaß gefordert. In Deutschland erhalten etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. Hunderttausende davon arbeiten, müssen aber aufstocken. Etwa 1,8 Millionen Empfänger sind Kinder und Jugendliche. Nicht alle der Bedürftigen täuschen eine Krankheit vor, viele haben tatsächlich gesundheitliche Probleme und brauchen Hilfe. Der differenzierte Blick auf das Problem muss Einzug ins politische Vokabular halten. Anderenfalls läuft die Debatte aus dem Ruder.

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    3 Kommentare
    Peter Zimmermann

    <"Der differenzierte Blick auf das Problem muss Einzug ins politische Vokabular halten. Anderenfalls läuft die Debatte aus dem Ruder. ">. Na wie schön , dass ausgerechnet die Union sich einer solchen Haltung strikt verweigert hatte und die Zahlen teils sogar weit übertrieben in den sie aus niedrigen 5stelligen Verweigerer-Zahlen höhere 6stellige machten.

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    Thomas Keller

    Eben, und auch geskriptete Realität in den Medien diente dazu Stimmung zu machen und das Narrativ zu füttern.

    Maria Reichenauer

    Mit den Schlagworten "Migration" und "Bürgergeld" bedient die neue Regierung nur niedere Instinkte der Bevölkerung. Man hat Zahlen übertrieben und suggeriert, dass große Teile der Bürgergeldempfänger arbeitsunwillig sind. Das ist so nicht richtig und tut vielen Menschen unrecht. Dass man diese Bevölkerungsggruppe nun noch mehr unter Druck setzt – nein, das ist nicht in Ordnung. Die Anträge für Asyl sind ebenfalls zurückgegangen und man suggeriert den nationalen Notstand. In beiden Fällen ist die Debatte längst aus dem Ruder gelaufen, befeuert durch rechtsradikale Tendenzen in der Bevölkerung, die die Realität bewusst verdrehen und solange darauf herumreiten, bis der Großteil der Bevölkerung glaubt, ob es stimmt oder nicht, An der Wahrheit scheint in diesem Land niemand mehr interessiert.

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