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Kommentar: Muss man heute noch gut lesen und richtig schreiben können? Ja!

Kommentar

Auch in Zeiten der KI kommt es auf gute Sprachkenntnisse an

Stephanie Sartor
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    Bei Texten, die auf Papier geschrieben werden, hilft die KI nicht.
    Bei Texten, die auf Papier geschrieben werden, hilft die KI nicht. Foto: picture alliance/dpa

    Es mag eine Anekdote sein, nicht repräsentativ, aber doch zumindest symbolisch und deswegen also: Eine befreundete Deutschlehrerin erzählte vor Kurzem, dass sie in ihrer siebten Klasse einen Grammatiktest schreiben ließ. Die Aufgaben waren die gleichen wie vor zehn Jahren – die Ergebnisse aber waren deutlich schlechter. Hier zeigt sich im Kleinen, was längst auch großflächig zu beobachten ist: Immer mehr Kinder und Jugendliche tun sich mit der deutschen Sprache schwer.

    Den bitteren Beweis dafür liefern allerlei Untersuchungen. Die jüngste IGLU-Studie zum Beispiel. Der zufolge kann jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen. Oder PISA: Die Gruppe der besonders leseschwachen Schülerinnen und Schüler, die das Mindestniveau verfehlen, liegt in Deutschland bei 25 Prozent. An Schularten jenseits des Gymnasiums sind es sogar 35 Prozent. Beide Werte sind gestiegen. Und zuletzt wurde vom Kultusministerium mitgeteilt: Knapp jedes fünfte Vorschulkind in Bayern kann nicht gut genug Deutsch, um sinnvoll am Unterricht in der Grundschule teilzunehmen.

    Kinder mit Migrationshintergrund werden oft nicht gut genug gefördert

    Gründe für die nachlassenden Fähigkeiten im Lesen, Schreiben, Sprechen, Textverständnis gibt es viele. Dass es immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund gibt und dass genau die nicht genügend gefördert werden – weil das System dafür nicht gut genug aufgestellt ist und auch, weil sich manche Eltern solchen Hilfen entziehen –, ist einer. Ein anderer: Junge Menschen verlernen zunehmend und zusehends, sich mit Texten auseinanderzusetzen.

    Sie snacken Sprache nur noch in kleinen Häppchen, das Internet ist voll mit Content, der kurz ist, leicht zu verstehen, schnell gelesen. Wie soll man sich da noch mit Goethe oder Schiller oder Wolfgang Herrndorf auseinandersetzen? Warum überhaupt lesen, wenn das Leben sich doch auch in 15-Sekunden-Videos packen lässt? Aber wie ohne zu lesen überhaupt verstehen, wie unsere Sprache funktioniert, wie Wörter wirken, Sätze strukturiert sind? Und wenn man das alles nicht mehr kann oder will oder können will – was macht das dann mit unserem Denken, unserem Blick auf die Welt, geht man davon aus, dass Sprache darauf einen Einfluss hat?

    Kinder müssen natürlich den Umgang mit der KI lernen

    Was also tun? Oder zunächst anders: Muss überhaupt etwas getan werden? Es gibt nicht wenige Pädagogen, die finden, dass Sprachkenntnisse keine so große Rolle mehr spielen müssen, in einer Welt, in der Künstliche Intelligenzen Briefe und Verträge und Abschlussarbeiten schreiben. Nur, und das mag eine sehr kulturpessimistische Herangehensweise sein: Das macht doch etwas mit einer Gesellschaft, die sich angesichts eines offensichtlichen Defizits noch mehr eben jenem dafür ursächlichen Medium hingibt und das Denken und Wissen mehr und mehr der KI überlässt.

    Natürlich müssen Kinder den Umgang mit der KI lernen, müssen sensibilisiert werden für den Unterschied zwischen Fakten und Fakes. Aber was nicht verloren gehen darf: die Fähigkeit, sich selbst auszudrücken. Und zu verstehen, was andere ausdrücken wollen – die Grundpfeiler der Kommunikation also und somit der Kitt unserer Gesellschaft.

    Zuhause vielleicht einfach mal wieder ein Buch vorlesen

    Noch einmal die Frage also: Was tun? Zum Beispiel: Sprachliche Defizite früher erkennen, vehementer dagegen vorgehen, als Pädagogen auf Eltern zugehen, als Staat Finanzmittel bereitstellen, Förderprogramme ausbauen. Und vielleicht zu Hause den Kindern einfach mal wieder ein Buch vorlesen. Vorleben, dass es mehr gibt als das, was auf ein Handy-Display passt.

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    7 Kommentare
    Erich Holmer

    Wenn ich – wie in diesem Artikel – Sätze lese wie "Sie snacken Sprache nur noch in kleinen Häppchen, das Internet ist voll mit Content", ist es kein Wunder, wenn sich niemand mehr mit dem Text auseinandersetzt, denn dies setzt voraus, daß das Geschriebene verständlich und nicht in "Denglisch" oder in kaum verständlichem Geschwurbel abgefaßt ist. Wenn ich dann weiterlese: " Es gibt nicht wenige Pädagogen, die finden, dass Sprachkenntnisse keine so große Rolle mehr spielen müssen, in einer Welt, in der Künstliche Intelligenzen Briefe und Verträge und Abschlussarbeiten schreiben", dann frage ich mich, welche Rolle die KI in Zukunft spielen wird, wenn Menschen von halbwegs intelligenter Kommunikation keine Ahnung mehr haben und unfähig sind, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen

    Johannes Krückeberg

    Leider ist auch bei renommierten Publikationen wie Spiegel Online und anderen immer mehr die Tendenz zu beobachten, dass Informationen als Video-Clip und nicht als Text angeboten werden. Kinder lernen also gar nicht mehr Texte zu lesen und zu verstehen und Erwachsene verblöden. Eine beängstigende Tendenz.

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    Thomas Keller

    Und die Zunahme von Rechtschreib- und Flüchtigkeitsfehlern.

    Erich Holmer

    Zu beobachten auch bei der Augsburger Allgemeinen und den ihr angeschlossenen Publikationen

    Rolf Kalo

    Vorleben kann man nur etwas, was man selber kann. Doch daran scheint es oft zu mangeln und auch oft leider kein Interesse zu bestehen.

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    Marianne Böhm

    Man hat sich in Deutschland alles so hingedreht.. wie man es gebraucht hat.. um eine feministische, Ideologische, Symbol Politik durchzusetzen. Es wurden alle mundtot gemacht die eine Politik der Bürger wollten. Die Logik des Verstehens die man im Miteinander, Schule Arbeit usw. braucht, schweigen um zu hören zu können.. um zu verstehen, begreifen wie und was gesagt wird.. Das können heute weder die alten noch die jungen Menschen.. Das ständige Switchen von einem ins andere Thema, ohne etwas abzuschließen, lässt keine vollständigen Sätze oder Gedankengänge, Lösungen zu. Wenn die Schule aus ist, hat jeder ein Handy in der Hand und macht Spiele, schreiben sich gegenseitig, obwohl sie im Bus, Bahn nebeneinander sitzen. Normale Kommunikation, miteinander sprechen, das fällt ganz weg. An der Bushaltestelle ein junges Mädchen, die ganze Wartezeit über war sie beschäftigt, um ihr Gesicht in Pose zu bringen, da ist geistig niemand mehr zuhause, das ist Narzissmus in höchster form.. !

    Franz Xanter

    Uneingeschränkte Zustimmung zu den Feststellungen!

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