
So funktioniert Putins System der Angst und Willkür in Russland

Plus Schon das Lesen "falscher" Nachrichten kann Menschen in Russland ins Gefängnis bringen. Jeder Zweifel am Krieg wird erstickt. Eine Bestandsaufnahme des Schreckens.
Der Grenzer wendet den Pass hin und her. Er seufzt, schaut zum Mann vor sich, der Mann schaut zurück, nimmt sein Käppi ab, seufzt ebenfalls. Minutenlang steht der Mann an der Passkontrolle am Moskauer Flughafen Domodedowo. Minutenlang blättert der Grenzer durch die Seiten seines roten russischen Passes. Immer wieder. Wortlos. Es ist mitten in der Nacht. Der Mann fängt an, Fragen zu stellen. Warum es so lange dauere, er wolle doch nur wieder zu Frau und Kind, von denen er an den Passkontrollschaltern getrennt worden war. Sie seien zusammen im türkischen Antalya gewesen, am Meer spazieren, die Sonne genießen. Der Grenzer greift zum Telefon. "Folgen Sie mir", sagt schließlich ein herbeigerufener Uniformierter. "Aber ich will doch nur nach Hause", stottert der Mann.
Der russische Grenzschutz führt immer wieder Reisende in graue Räume ab. Ukrainischen Frauen stellt er Fragen nach ihrem Aufenthaltsstatus und ihren weiteren Plänen, russischen Männern nach geleistetem Militärdienst und dem Dienstgrad, ausländischen Journalistinnen und Journalisten nach ihren Verbindungen zur Ukraine und ihrer Haltung zum Krieg, den die Offiziellen niemals Krieg nennen. Es kann jeden treffen. Das Verhalten am Grenzübergang ist ein sichtbarer Teil der Willkür, die den Alltag in Russland prägt. Der Staat zeigt seine Macht und seine Kontrolle, der niemand entkommt. Und er sät Angst. "Sie haben ihn mitgenommen. Hoffentlich stecken sie ihm nicht gleich den Einberufungsbescheid in die Hand", sagt die Ehefrau des Abgeführten aufgeregt ins Telefon. "Wir waren doch einfach im Urlaub, haben nichts getan."
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Die Diskussion ist geschlossen.
"Schon das Lesen "falscher" Nachrichten kann Menschen in Russland ins Gefängnis bringen."
Wie perfide! Wer in Russland die" falschen" Nachrichten liest geht in den Knast. Das kann uns hier zum Glück nicht passieren. Man kann lesen was man will. Allerdings gilt die Einschränkung, dass schon zu einem Teil das "Falsche" durch Verbot und Sperrung von russischen "Medien" weg zensiert wurde. Man kann also gar nicht mehr das Falsche lesen, da es nicht verfügbar ist.
Wie kann ein Journalist in Russland leben, nur solche Artikel veröffentlichen aber dennoch unbehelligt in einem Land sein in dem das böseste zuhause ist, in dem ein falscher Blick aufs Handy gefährlich ist und Journalisten durchleuchtet werden?