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„Deutschland und die Israel-Kritik: Auf der Suche nach der eigenen Haltung im Gaza-Konflikt“

Krieg in Nahost

Deutschland sucht seine Haltung im Gaza-Krieg

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    Lastwagen, die zuletzt in den Gazastreifen gelassen wurden, standen tagelang innerhalb des Gazastreifens nahe dem Grenzübergang.
    Lastwagen, die zuletzt in den Gazastreifen gelassen wurden, standen tagelang innerhalb des Gazastreifens nahe dem Grenzübergang. Foto: Ilia Yefimovich, dpa (Archivbild)

    Wie so oft geht es gerade gar nicht um Gaza, als sich Außenminister Johann Wadephul (CDU) genötigt sieht, einige Sätze zur Lage der Palästinenser zu sagen. Mittlerweile habe der Konflikt „zu einer unerträglichen humanitären Situation“ geführt, sagt er am Donnerstag im Bundestag und blickt dabei streng ins Plenum.

    Fast täglich telefoniere er mit seinem israelischen Amtskollegen Saar. „Und ich kann an dieser Stelle nur das sagen, was ich ihm auch sage: Die Bundesrepublik Deutschland erwartet, dass die humanitäre Situation für die Palästinenserinnen und Palästinenser sofort und nachhaltig verbessert wird.“ Schon zu viele Opfer habe dieser Krieg gefordert. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz zeigte sich „besorgt“, als er am Rande seines Besuchs in Litauen vor die Presse trat.  

    Scharfe Kritik am Beschuss in Richtung deutscher Delegation

    Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson. Daran will man in der Bundesregierung keinen Zweifel aufkommen lassen. Ein Stopp von Waffenlieferungen beispielsweise steht nicht zur Debatte. Aber die Regierung Netanjahu macht es Deutschland nicht leicht. Viele Verbündete im Westen wenden sich ab. Die Bundesregierung sucht nach ihrem eigenen Weg.

    Auf einer besonders schweren Probe stand das Verhältnis zuletzt, als israelische Streitkräfte in Richtung einer angemeldeten deutschen Delegation im Westjordanland feuerten. „Diesen unprovozierten Beschuss verurteilt das Auswärtige Amt scharf“, hieß es in einer Mitteilung. „Wir können von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist.“

    Und dann ist da das Dauerthema der humanitären Hilfe. Israel hatte Lieferungen seit Anfang März zurückgehalten. Mit der Begründung, die Hamas würde die Güter verkaufen, um damit Waffen zu finanzieren. Auch den Hilfswerken der Vereinten Nationen traut die Regierung Netanjahu nicht. Erst auf internationalen Druck hin gab Israel in dieser Woche nach.

    Die Vereinten Nationen haben am Mittwoch „rund 90 Lastwagenladungen mit Gütern am Kerem-Shalom-Übergang abgeholt und nach Gaza gebracht“, teilte ein Sprecher der UN-Koordinierungsstelle für humanitäre Hilfe unserer Redaktion mit. Fraglich ist aber, ob das genügt. Früher nannte die UN die Zahl von täglich 500 Lkw-Ladungen, um die Versorgung der Menschen im Gazastreifen zu garantieren.

    Die Bundesregierung begrüßt die Lieferungen. „Es ist ein gutes Zeichen, dass Israels Regierung jetzt wieder humanitäre Güter zulassen will“, sagt Florian Hahn (CSU), Staatsminister im Auswärtigen Amt, unserer Redaktion. Das müsse zügig umgesetzt werden. „Das was wir bis jetzt sehen, ist aus unserer Sicht noch unzureichend“, sagt Hahn. „Im Umfang und im Tempo genügt das einfach nicht. Sollte das nicht besser werden, setzen wir uns natürlich weiterhin dafür ein.“

    Den Grünen geht die Kritik nicht weit genug. „Der von der israelischen Regierung vorgeschlagene Mechanismus zur künftigen Verteilung der humanitären Hilfe bricht mit den humanitären Prinzipien und wird viele Menschen nicht erreichen“, sagt Luise Amtsberg, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und Berichterstatterin ihrer Fraktion für Nahost, unserer Redaktion. „Hier braucht es eine deutliche Kritik der Bundesregierung mit einem klaren Bekenntnis zu den Hilfsstrukturen der Vereinten Nationen.“

    „Das EU-Israel-Assoziierungsabkommen ist ein wichtiges Forum, in dem auch kritische Fragen erörtert werden“

    Auch die westlichen Partner kritisierten Israel zuletzt scharf. Frankreich, Großbritannien und Kanada sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einem „völlig unverhältnismäßigen“ Vorgehen. Und die EU kündigte an, das Assoziierungsabkommen mit Israel zu überprüfen. Das regelt seit dem Jahr 2000 die besonderen Beziehungen zu Israel – zum Beispiel durch eine möglichst freie Handelspolitik oder den Zugang zu EU-Programmen. Der Vorstoß zur Überprüfung des Abkommens kam ausgerechnet aus den Niederlanden. Die galten bis vor kurzem noch als enger Partner Israels. Die Grünen blicken mit Verständnis auf die Entscheidung. „Es ist richtig und wichtig, dass auf EU-Ebene nach Mitteln und Wegen gesucht wird, den diplomatischen Druck auf die israelische Regierung zu erhöhen“, sagt Luise Amtsberg.

    Florian Hahn wiederum sieht die Entscheidung kritisch. „Das EU-Israel-Assoziierungsabkommen ist ein wichtiges Forum, in dem auch kritische Fragen erörtert werden“, sagt der Staatsminister. „In diesem Sinne sollte es genutzt werden, das ist unsere Herangehensweise. Solche Gesprächskanäle müssen offen bleiben.“ Deutschland, so viel scheint klar, bleibt trotz aller Kritik der engste Partner Israels in Europa.

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    2 Kommentare
    Aurel von Naso

    Glauben sollte sich nicht ausschließlich in einem Spektrum wissenschaftlich analytischer Herkunftsbeweisdarlegung begründen. Jegliche Überlieferung ist wahrheitswürdig und besteht in verschiedene Gesellschaften und derer Glaubensformen auf unterschiedliche Art und Weise. Monopolitischer und zionistischer Sinn entspricht nicht der Anlehnung an das Gemeinwohl multipler Gesellschaften. und dem als Norm zu betrachtenden Allgemeinwohl. Das nationalistische Verhalten einer Nation, deren Grenzen als privilegiert anzusehen und diesen Status durch Forschungsergebnisse legitim zu erachten widerspricht in einer Form den multiplen Überlieferungen und delegitimiert diese Nation für zukünftiges Tun um sich zu rechtfertigen;

    Marion Sens

    "Aber die Regierung Netanjahu macht es Deutschland nicht leicht." - Mehr Worte haben Sie nicht für das fürchterliche Geschehen im Gazastreifen?

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