Im Kampf gegen Wohnungsmangel in Hessen will Schwarz-Rot den Wohnungsbau verbilligen, beschleunigen und intensivieren. Nach Darstellung der Opposition steht die Landesregierung hier jedoch auf der Bremse. Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) bekräftigte im Wiesbadener Landtag, der Gesetzentwurf auf Basis von Vorschlägen einer Baukommission werde in der Koalition gerade abstimmt. Der Deutschen Presse-Agentur hatte er gesagt, er wolle ihn «in den kommenden Wochen vorstellen».
Die Opposition forderte mehr Tempo. FDP-Fraktionschef Stefan Naas sagte mit Blick auf Mansoori: «Seit einem Jahr kommen aus dem Ministerium nur Ankündigungen, aber nichts Handfestes.» Die Bautätigkeit breche ein. «Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wächst jeden Tag, immer mehr Menschen werden in Hessen kein Zuhause finden, das sie sich leisten können», kritisierte Naas.
Kritik der Opposition
Die Grünen-Parlamentarierin Martina Feldmayer sagte: «Die Landesregierung war über ein Jahr nicht in der Lage, eine einzige Initiative für bezahlbares Bauen und vor allem für den Schutz von Mieterinnen und Mietern vorzulegen.»
Dimitri Schulz von der AfD-Fraktion betonte: «Statt leeren Worten brauchen wir endlich Taten.» Nötig sei eine echte Deregulierung statt Scheinlösungen. Schulz forderte unter anderem die sofortige Streichung aller Vorschriften, die nicht der Sicherheit dienen.
Verzicht auf Stellplatzpflicht?
Die Fachkommission hatte für entschlackte Genehmigungsverfahren sowie eine Erleichterung von Dachgeschossausbau, Aufstockung, Nachverdichtung, Umnutzung und seriellem Bauen plädiert. Auch ein Verzicht auf die Pflicht zum Bau von Stellplätzen und Kinderspielplätzen gehörte zu den Vorschlägen.
Die CDU-Abgeordnete Tanja Jost erinnerte daran, dass Erleichterungen für mehr Wohnungsbau in der Hessischen Bauordnung schon im schwarz-roten Koalitionsvertrag festgeschrieben seien. Es gehe um mehr Freiheit beim Bauen. Die 20 Vorschläge der Kommission seien sehr konstruktiv und gut. «Es braucht einen neuen Aufbruch im Bausektor», betonte Jost.
100 Euro mehr Miete für Parkplatz?
Wirtschaftsminister Mansoori bekräftigte seine Kritik an der Stellplatzpflicht für Autos beim Wohnungsbau. Der Bau eines Tiefgaragenplatzes könne zu einer Erhöhung der Kaltmiete um 1,50 Euro pro Quadratmeter führen. Das wären monatlich rund 100 Euro mehr bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung, sagte der Vizeministerpräsident im Landtag. Nicht alle Mieter brauchten eigene Parkplätze - diese könnten auf Wunsch aber auch weiterhin gebaut werden.
Auch der Hessische Industrie- und Handelskammertag plädierte für die Aussetzung kommunaler Stellplatzsatzungen: «Erfahrungen aus anderen Bundesländern wie Berlin und Hamburg zeigen, dass eine befristete Aussetzung dieser Pflicht ohne negative Auswirkungen möglich ist, während sie gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Baukosten leistet.»
Stockende Förderung von sozialem Wohnungsbau
Die Opposition im Landtag kritisierte überdies einen Stillstand bei der Förderung neuer Sozialwohnungen. Die Grünen-Abgeordnete Feldmayer sagte, es grenze an Arbeitsverweigerung, dass 2024 kein einziger Antrag auf sozialen Wohnungsbau bearbeitet und beschieden worden sei. «Hier muss dringend umgesteuert werden.»
Mansoori hatte zuvor im dpa-Interview mitgeteilt, die entsprechenden Bescheide sollten in den kommenden Tagen verschickt werden. Zu der Verzögerung komme es, «weil wir im letzten Jahr deutlich mehr Anfragen hatten als erwartet». Somit hätten Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus weitaus mehr Geld beantragt, als vorhanden sei. Hier eine gerechte Auswahl zu treffen, habe mehr Zeit gekostet, sagte der Minister.
Rekord aufgestellt
Später teilte das Wirtschaftsministerium mit, 2024 seien fast doppelt so viele Wohnungen oder Wohnplätze zur Förderung angemeldet worden als im Vorjahr. Hessens Wohnungswirtschaft werde mit Blick auf 2024 für die soziale Mietwohnraumförderung mit rund 673 Millionen Euro unterstützt – ein Rekord. In die soziale Wohnungsförderung insgesamt, zu der noch weitere Posten wie etwa Wohneigentumsförderung gehören, fließen laut Ministerium etwa 780 Millionen Euro.

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