Zum voraussichtlich letzten Mal in dieser Wahlperiode debattierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages unter der Kuppel des Reichstagsgebäudes. Knapp zwei Wochen vor der Wahl hätte sich aus dieser 212. Sitzung seit dem 26. Oktober 2021 eine nachdenkliche und nach dem Streit der letzten zwei Wochen vor allem versöhnliche Debatte entwickeln können. Was nicht passierte.
Das Land ist wegen der Migrationsdebatte aufgeheizt genug. Wahlkampfreden sind bereits jetzt reichlich gehalten, es ist dabei viel Folklore zu erleben und wenig Neues zu hören. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) schalteten im Plenarsaal sofort in den Wahlkampfmodus, das war erwartbar und ist genau deshalb enttäuschend. Die beiden Spitzenkandidaten haben bis zum 23. Februar noch andere Bühnen, auf denen sie sich gegenseitig herabwürdigen können. Es muss nicht das Plenum sein, in dem der frühere Alterspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bei der ersten Sitzung dieser Legislaturperiode sagte: „Am Verhalten jedes Einzelnen von uns – auch das mussten wir zuletzt wieder erfahren – hängt die Würde dieses Hauses“.
Bissige Vorwürfe, Hohn, Spott – FDP-Chef Christian Lindner und AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel machten es nicht anders als ihre Vorredner Scholz und Merz. In Schäubles Sinn war die Rede von Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck. Er ließ sich nicht zu Tiraden hinreißen in einem Bundestag, der für das Volk da ist und mit seinem Prunk und seiner Bequemlichkeit kein Statussymbol der Abgeordneten sein soll.
Der Bundestag wird in der kommenden Legislaturperiode kleiner
Bei der Wahl am 23. Februar wird sich zeigen, wem die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen für den neuen Bundestag schenken. Er wird kleiner sein, das ist nicht nur ein richtiger Schritt hin zu mehr Effizienz. Es werden dann auch die Abgeordneten sichtbarer werden, die den Parlamentsbetrieb mit Fleiß und Hingabe am Laufen halten, die in Ausschüssen wichtige Beschlüsse fassen und sich dabei pragmatisch über Parteigrenzen hinweg verständigen, die AfD ausgeschlossen.
Statt beleidigt mit der Vergangenheit abzurechnen, hätten vor allem Scholz und Merz diesen Geist aufgreifen, auf die nächste Legislaturperiode blicken und mit kraftvollen Reden Lust machen können. Lust auf die Bundestagswahl, auf die nächste Legislaturperiode, auf die Stärkung der Demokratie. Diese Gelegenheit haben sie leider nicht genutzt.
Die Gräben zwischen allen Parteien sind so tief, daß ernsthafte Zweifel aufkommen, ob überhaupt eine vernünftige Regierung nach dem 23. Febr. 2025 gebildet werden kann. Ich erinnrere mich noch gut an 2017 - damals dauerte es weit über 100(!) Tage bis die GroKo stand. Was nicht zusammengehört wächst halt nicht zusammen (Österreich lässt grüßen). Der einzige Kit, der letztendlich die Ungleichen verbinden wird, ist die Aussicht auf gut bezahlte Posten und eine Menge an Privilegien.
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