Wirtschaftsminister der FDP: Genscher-Erbe in Frankreich verstorben
Als Bundeswirtschaftsminister hatte Martin Bangemann keinen leichten Stand. In der EU hingegen war er ein angesehener Kommissar. Nun ist der FDP-Politiker tot.
Ex-Bundeswirtschaftsminister und EU-Kommissar Martin Bangemann ist tot. Der frühere FDP-Politiker ist nach Angaben seines früheren Pressesprechers im Alter von 87 Jahren in seinem Haus im französischen Département Deux-Sèvres einem Herzinfarkt erlegen.
"Als überzeugter Liberaler hat er sich über Jahrzehnte für Europa und für Deutschland leidenschaftlich engagiert und in zahlreichen Funktionen große Verantwortung übernommen", teilte der FDP-Bundeschef Christian Lindner mit. "Er war ein leidenschaftlicher Liberaler, ein Streiter für die Soziale Marktwirtschaft und vor allem ein großer Europäer", so der aktuelle Bundeswirtschaftsminister, dessen Partei beim Volk zuletzt an Zustimmung verlor.
Martin Bangemann ist tot: Genscher-Nachfolger ging nach Brüssel
Der am 15. November 1934 in Wanzleben in Sachsen-Anhalt geborene Bangemann trat 1963 in die FDP ein und arbeitete als Rechtsanwalt in Baden-Württemberg. Im dritten Anlauf gelang ihm 1972 der Sprung in den Deutschen Bundestag. 1974 wurde der promovierte Jurist FDP-Generalsekretär, gab das Amt jedoch nach einem Jahr wieder ab. Von 1974 bis 1978 war Bangemann FDP-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg und von 1985 bis 1988 Bundesvorsitzender der Freien Demokraten als Parteichef und Nachfolger von Hans-Dietrich Genscher.
Als Bundesminister für Wirtschaft war Martin Bangemann zwischen 1984 und 1988 Mitglied der Bundesregierung. Probleme wie die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Stahl-, Kohle- und Werftenkrisen belasteten seine Amtszeit. Er verzichtete schließlich auf Minister- und Parteiamt und wechselte nach Brüssel. Dort hatte Bangemann mehr Fortüne. Von 1989 bis zum geschlossenen Rücktritt der Europäischen Kommission 1999 gestaltete er als EU-Kommissar den Europäischen Binnenmarkt, die EU-Industriepolitik, die europäische Informationsgesellschaft und die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte.
FDP und ihr Lobbyproblem: Bangemann erntete 1999 Kritik
Dann wechselte der Mann 1999 aus der Europapolitik direkt als Berater zum spanischen Telekommunikationskonzern Telefónica. Dies stieß in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der FDP auf scharfe Kritik. Die Vorwürfe möglicher Interessenkonflikte wies er jedoch zurück. Bangemann hinterlässt nach Angaben des ehemaligen Sprechers eine Frau, Kinder und Enkelkinder. Die Trauerfeier finde im engsten Familienkreis in Frankreich statt.