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Merz-Einladung trotz Haftbefehls: Wie Netanjahu nach Deutschland kommen könnte

Israel

Merz-Einladung trotz Haftbefehls: Wie Netanjahu nach Deutschland kommen könnte

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    Friedrich Merz wird von Israels Premier Benjamin Netanjahu bei einem Besuch begrüßt. Käme Netanjahu nach Deutschland, müsste er laut Gesetz festgenommen werden. Merz hat ihn dennoch eingeladen.
    Friedrich Merz wird von Israels Premier Benjamin Netanjahu bei einem Besuch begrüßt. Käme Netanjahu nach Deutschland, müsste er laut Gesetz festgenommen werden. Merz hat ihn dennoch eingeladen. Foto: Kobi Gideon, GPO/dpa (Archivbild)

    Im Angesicht der deutschen Geschichte wäre es ein unvorstellbarer Vorgang. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu würde in Deutschland verhaftet und an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) nach Den Haag überstellt. Genau das könnte aber geschehen, wenn Netanjahu der von CDU-Chef Friedrich Merz ausgesprochenen Einladung folgt. Er halte es für eine „ganz abwegige Vorstellung“, wenn ein israelischer Ministerpräsident Deutschland nicht besuchen könne, sagte Merz Anfang der Woche. Er kündigte an, dass „wir Mittel und Wege finden werden, dass er Deutschland besuchen kann und auch wieder verlassen kann, ohne dass er in Deutschland festgenommen worden ist“. Doch geht das so einfach?

    Internationaler Haftbefehl gegen Netanjahu: Welche Möglichkeiten hätte Merz?

    Eigentlich keine. Den Buchstaben des Gesetzes folgend, müsste Deutschland den Staatsgast aus Israel festnehmen und an den Strafgerichtshof überstellen. Gegen Netanjahu liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Der Vorwurf: Kriegsverbrechen im Gazastreifen. Die Bundesrepublik hat sich im Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof dazu verpflichtet, Haftbefehle zu vollziehen. Deutschland ist einer der über 100 Unterstützerstaaten des IStGH. Die persönliche Immunität eines Regierungschefs steht der Festnahme nicht entgegen. Die israelische Regierung spricht hingegen von einer „skandalösen Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, den Ministerpräsidenten als Kriegsverbrecher einzustufen.“

    Der Völkerrechtler Kai Ambos hält Merz‘ Vorstoß deshalb für fahrlässig: „Würde der israelische Premierminister Netanjahu tatsächlich Deutschland besuchen, würde dies nicht nur einen – ganz und gar unnötigen – Konflikt mit dem IStGH heraufbeschwören, sondern auch die innerstaatliche Gewaltenteilung infrage stellen“, schreibt der Professor von der Universität Göttingen auf dem Verfassungsblog. Er meint damit, dass Merz nicht nur das Völkerrecht verletzen und den Gerichtshof schwächen, sondern auch die Unabhängigkeit der Justiz beschädigen würde. Denn die Bundes- und Landesregierungen müssten erheblichen Druck auf die Justiz aufbauen.

    Wer wäre für die Verhaftung von Benjamin Netanjahu in Deutschland zuständig?

    Zuständig wäre die örtliche Generalstaatsanwaltschaft. Träfen sich Netanjahu und Merz beispielsweise in Frankfurt am Main, wäre das die dortige Behörde. Die Staatsanwaltschaft müsste wiederum die Polizei mit der Vollstreckung des Haftbefehls beauftragen. Für sein Vorgehen fing sich der studierte Jurist Merz am Mittwoch eine Rüge des Bundesjustizministeriums ein. „Selbstverständlich kann der Bundeskanzler nicht Landesjustizverwaltungen Weisungen erteilen“, erklärte eine Sprecherin. Laut Ambos könnten sich die zuständigen Beamten sogar der Strafvereitelung im Amt schuldig machen, wenn sie den Haftbefehl nicht umsetzten.

    Wie verhält sich die Bundesregierung?

    Der Fall ist delikat. Nach der Ausstellung des Haftbefehls im November hatte das Kanzleramt versucht, Zeit zu gewinnen. Der Vorgang müsse zunächst rechtlich geprüft werden. Das Auswärtige Amt bestand hingegen auf die Gültigkeit des Völkerrechts. „Deutschland ist einer der größten Unterstützer des Völkerstrafrechts und des IStGH, und hält sich an Recht und Gesetz“, heißt es aus dem Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne). Die Außenministerin hatte zum Beispiel in der Vergangenheit auf die Festnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin gedrungen, gegen den ein Haftbefehl wegen der Kriegsführung in der Ukraine vorliegt.

    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte in der Vergangenheit darauf bestanden, dass der internationale Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin vollstreckt wird.
    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte in der Vergangenheit darauf bestanden, dass der internationale Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin vollstreckt wird. Foto: Ian Langsdon, AFP/dpa

    Ist Merz mit seiner Einladung allein?

    Nein, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hatte Netanjahu bereits Ende des Jahres eingeladen und ihm versichert, dass der Haftbefehl nicht vollstreckt würde. Auch Ungarn ist Teil der Gemeinschaft jener Länder, die den IStGH anerkennen. Möglicherweise steckt bei Merz die Überlegung dahinter, US-Präsident Donald Trump milde zu stimmen. Trump und Netanjahu pflegen eine enge Partnerschaft. Der Herr im Weißen Haus plant eine rigorose Zollpolitik, die besonders die deutsche Autoindustrie treffen würde. Außerdem hat er Europa sicherheitspolitisch den Boden unter den Füßen weggezogen. Der US-Präsident will mit Wladimir Putin den Ukrainekrieg beenden, für die Sicherheit der Rest-Ukraine sollen die Europäer Truppen stellen. In einem neuen Video, das auf Trumps Internet-Plattform Truth Social zu sehen ist, liegen er und Netanjahu gemeinsam Cocktail trinkend auf einem Liegestuhl im Ferienparadies Gaza-Streifen. Hochhäuser recken sich in die Höhe, Luxus-Limousinen fahren durch die Straßen und Touristen machen Party am Strand, wo in der Realität Tod und Zerstörung sind. Mit dem von einer künstlichen Intelligenz erzeugten Video hat Trump einmal mehr für Empörung gesorgt.

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    1 Kommentar
    Maria Reichenauer

    Merz hat noch keine Koalition und keine Regierung, lädt sich aber bereits Staatsgäste ein, noch dazu jemand, der mit einem Haftbefehl belastet ist. Wie krank ist das denn wieder? Ja, Netanjahu soll sich verantworten für das, was im Gaza passiert ist. Das Gesetz muss für alle gleich sein und für Netanjahu nicht gleicher als für andere.

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