Einen Monat vor der Bundestagswahl ist ein erbitterter Streit um die Migrationspolitik entbrannt. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) sucht bei seinen Plänen zur Verschärfung den Schulterschluss mit den früheren Ampel-Parteien. Die „Brandmauer“ zur AfD stehe, sagt er. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Grünen werfen ihm vor, mit seinen Plänen gegen die Verfassung zu verstoßen. Die Union widerspricht.
Debatte nach Messerattacke
Anlass der erneuten Debatte ist eine abermalige tödliche Messerattacke. In Aschaffenburg waren am Mittwoch ein zweijähriger Junge und ein Mann getötet sowie zwei weitere Menschen schwer verletzt worden. Als Täter festgenommen wurde ein 28-jähriger ausreisepflichtiger Afghane.
Merz hatte daraufhin weitreichende Verschärfungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts verlangt und dazu einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt. Er will nächste Woche in den Bundestag Anträge zur Migration einbringen. „Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“, hatte der Unionsfraktionschef betont. SPD und Grüne zweifeln nun an der Verlässlichkeit von Merz, die Brandmauer zur AfD aufrechtzuerhalten.
Merz: Union verhandelt nicht mit der AfD
Der CDU-Chef sagte der Heilbronner Stimme-Mediengruppe in Künzelsau in Baden-Württemberg, die Union werde heute die Bundestagsanträge fertigstellen und vorab nur diesen drei Parteien zur Verfügung stellen. „Die AfD bekommt sie nicht.“ Er verhandle mit der AfD nicht, auch nicht mit dem BSW und anderen. „Es bekommen die ehemaligen Ampel-Fraktionen die Texte von uns mit der ausdrücklichen Bitte, darüber über das Wochenende zu sprechen und den Versuch zu unternehmen, in der nächsten Woche hier eine gemeinsame Entscheidung zu treffen.“
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Unionskreisen sind zunächst zwei Anträge in Vorbereitung: einer zu allgemeinen Positionen in der Migrationspolitik und ein weiterer zu einem Fünf-Punkte-Plan, den Merz am Donnerstag vorgelegt hatte.
Der «Bild»-Zeitung sagte Merz: „Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Darauf können sich alle verlassen.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass SPD, Grüne und FDP jetzt nichts unternehmen wollten, um die Sicherheitslage zu verbessern. „Die Parteien der Mitte müssen Verantwortung übernehmen. Das ist das beste Mittel gegen die politischen Extreme rechts und links.“
Pläne von Merz
Merz hatte vorgeschlagen, an den Grenzen alle illegalen Einreisen zu verhindern. Das gelte ausdrücklich auch für Personen mit Schutzanspruch. Außerdem soll die Bundespolizei Haftbefehle beantragen können. Ausreisepflichtige, die aufgegriffen würden, sollten sofort in Ausreisegewahrsam oder -haft genommen und so schnell wie möglich abgeschoben werden. Die EU-Asylregeln funktionierten erkennbar nicht. Deutschland müsse daher vom Recht auf Vorrang des nationalen Rechts Gebrauch machen.
Scholz: Merz-Vorschläge verstoßen gegen Verfassung
Kanzler Scholz sagte bei einer SPD-Wahlkampfveranstaltung in Saarbrücken: „Wenn jetzt der Oppositionsführer vorschlägt, dass der deutsche Bundeskanzler Dinge tun soll, die mit der Verfassung dieses Landes und mit den europäischen Verträgen nicht vereinbar sind, dann sagt das etwas über seine Befähigung, ein hohes Amt in Deutschland auszuüben.“
Das im Grundgesetz festgeschriebene Recht auf Asyl sei eine Konsequenz aus den Erfahrungen mit der nationalsozialistischen Diktatur, sagte Scholz. Man dürfe es nicht einfach infrage stellen und sagen: „Ich verschicke einen Brief, haltet euch nicht an die Verfassung. Das geht nicht.“ Jeder könne sich darauf verlassen, dass er, Scholz, die Offenheit der Gesellschaft für Zuwanderung und benötigte Arbeitskräfte sowie das Grundrecht auf Asyl erhalte.
Kanzler zweifelt an Glaubwürdigkeit von Merz
Scholz sagte, er habe stets geglaubt, dass Merz sich an sein Versprechen halten werde, nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. „Was soll ich glauben? Das ist eine Frage, die nach den Vorgängen, die diese Woche passiert sind, sich jeder Bürger und jede Bürgerin stellen muss.“ Es dürfe „niemals geschehen“, dass Demokraten trotz aller Unterschiede und trotz allen Wettbewerbs mit den extremen Rechten zusammenarbeiteten, sagte der Kanzler.
Grüne-Chef: Stimmen nicht zu
Grünen-Chef Felix Banaszak sagte im Deutschlandfunk, seine Fraktion stimme den Anträgen der Union in der nächsten Woche nicht zu. „Und die Union sollte sich auch sehr genau überlegen, ob sie diese Anträge in der Form wirklich einbringt“, sagte er. Sie seien europa- und verfassungsrechtlich zum großen Teil „hochgradig fragwürdig“.
Union sieht sich rechtlich auf sicherer Seite
Die Union widerspricht. Merz verwies in Künzelsau auf den EU-Vertragsartikel 72, der den Mitgliedstaaten die Zuständigkeit für den Schutz der inneren Sicherheit belässt. Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei wies im Deutschlandfunk auf Grundgesetz-Artikel 16a hin, demzufolge kein Anrecht auf Asyl beanspruchen kann, wer aus einem EU-Land einreist.
FDP für Verschärfung
Auch FDP-Chef Christian Lindner macht sich für einen schärferen Kurs stark. „In der Ampel wurde mehr Konsequenz bei der Begrenzung von Migration von Rot-Grün immer verwässert. Auch mein Vorschlag, den Schulterschluss der demokratischen Parteien Union, FDP, SPD und Grüne zu suchen, wurde von Olaf Scholz damals hintertrieben“, sagte der frühere Finanzminister. Jetzt sei eine neue Gelegenheit. „Eine Problemlösung würde der AfD den Wind aus den Segeln nehmen.“
Sicherheitspaket
Im Herbst hatte der Bundesrat Teile eines Sicherheitspakets gestoppt. Dabei ging es zum Beispiel um mehr Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden. Die Union hält die Pläne für nicht ausreichend und will Verbesserungen. Merz sagte nun: „Wir hätten seit vier Monaten ein Vermittlungsverfahren im Bundesrat und mit dem Bundestag haben können. Der Antrag hätte von der Bundesregierung längst gestellt werden müssen.“
Vorhaben in der Pipeline
Noch nicht verabschiedet sind im Bundestag zudem Gesetzespläne, die mehr Befugnisse für die Bundespolizei vorsehen. Dabei geht es etwa um Überwachung von Telekommunikation. Ebenfalls noch nicht vom Parlament beschlossen ist die nationale Umsetzung einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Damit soll die Migration stärker gesteuert und die irreguläre Migration wirksam begrenzt werden.



Wir brauchen nicht die nächsten Gesetze ,um das Problem zu lösen. Wir brauchen hier eine zentrale Zuständigkeit, hier liegt das Problem. Das Problem sind verteilten Zuständigkeiten, die unser Föderalismus bedingt. Es zeigt sich immer wieder, dass die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden auf Bundes- und Landesebene nicht funktioniert. Sei es Berlin Breitscheidplatz, Magdeburg Weihnachtsmarkt,…. immer wieder Fehler in der Zusammenarbeit der Behörden und Ämter. Es zeigt sich, dass es vor allem die Umsetzung der Gesetze das Problem ist. Hier besteht der Handlungsbedarf, sowohl beim Personalstand, wie auch bei der Frage : Sollte hier nicht eine einheitliche Zuständigkeit auf Bundesebene festgelegt werden? Robert Guha
Aber es zeigt sich auch, dass in den meisten Fällen der Wille zur Umsetzung bei den Verantwortlichen, einschl. der Politik, fehlt. Man möchte bei den Wählern nicht in Misskredit kommen, man möchte positiv im Gespräch bleiben und man möchte nicht die Verantwortung übernehmen müssen.
Leider haben Sie recht; unsere weichgespülten Politiker wollen mehrheitlich nicht , dass Gesetz und Ordnung für Gesetzesbrecher insb. bei schwerer Verbrechen konsequent durchgesetzt werden. Im Zweifelsfall wird eine Verhaltensstörung angenommen, die medizinischer Behandlung bedarf. Und nach kurzer Zeit werden die Leute wieder auf die Allgemeinheit los gelassen.
Genau so ist es, Herr Guha. Der Ruf nach immer mehr und immer schärferen Gesetzen bringt nichts, wenn es an der einfachen Umsetzung fehlt. Aber es gibt eben Menschen, die solche wirklich schlimmen Ereignisse hernehmen, um "die Politik", d.h. in erster Linie die demokratischen Parteien in Misskredit zu ziehen. Ziel ist, die Politikverdrossenheit zu schüren, bei den Bürgern Verunsicherung und Angst zu schüren, um auf der rechtsextremen Seite des Parteienspektrums Stimmen zu sammeln, Wie man auch in diesem Forum sieht, fällt diese Taktik auf fruchtbaren Boden.
Herr Xanter, Behörden, also ausführende Organe, werden nicht gewählt. Und wenn diese Behörden ihrer Pflicht nicht nachkommen bezw. jede ihr eigenes Süppchen kocht, dann sollten Sie dies nicht zum Anlass nehmen, "die Politik" zu diskreditieren. Man kann nicht für jeden Einzelfall neue und schärfere Gesetze machen, genau das führt zu einer überbordenden Bürokratie, die wiederum zu Fehlern und Missständen führt. Aber es klingt halt gut, wenn man sagen kan: "Die Politik tut nichts". Das ist nicht richtig und wenn Sie darüber nachdenken, dürfte Ihnen das auch klar werden.
Xanter, die Politik hat längst für notwendige Gesetze gesorgt, aber wenn Behörden nicht in der Lage sind diese umzusetzen bestehen offensichtlich gravierende Probleme. Eine einheitlich Zuständigkeit wurde von der Politik vorgeschlagen, allerdings stellt sich die bayerische CSU quer. Herr Robert Guha trifft den Nagel genau auf den Punkt. Abschottung hilft keinem und die deutsche Wirtschaft kann Grenzschließung am wenigsten gebrauchen. Blinde Sturheit wäre katastrophal für Deutschland.
Was veranstalten diese Politiker eigentlich, sie bekämpfen sich gegenseitig und bauen ihre eigene Brandmauern auf, leider gegen sich selber. Wer will diese Parteien, Politiker eigentlich noch wählen. Ich bin ein Erwachsener Mensch, habe ein Leben mit Schule, Beruf, Familie, Krankheit, Verlust, mit allem was ein Leben ausmacht erlebt, durch gestanden. In einem Land das mir alle Möglichkeiten geboten und dabei unterstützend gewirkt hat und heute ist alles anders, was ist schief gelaufen dass wir Frieden ablehnen und Kriege finanzieren, dass andere uns sagen, was und wie wir es zu tun haben. Wir uns selbst nicht mehr vertrauen, nicht mehr wissen was für uns gut ist.. wir verlieren Respekt, Würde und Werte und machen uns damit Weltweit lächerlich. Unsere Kinder haben keine Ziele mehr und meinen Probleme von Generationen lösen zu müssen und verpassen dadurch ihre eigene Zukunft. Wir haben Politiker die nicht mehr in der Lage sind Hoffnung, Stärke, Mut dem eigenen Volk zu vermitteln!
Sie verlieren sich in einem ewigen Jammerkreislauf, aus dem Sie wohl nicht herauswollen, denn für Sie ist die Welt nur noch schlecht. Was muss das für ein trauriges Leben sein, wenn man das Gute in und an der Welt nicht mehr sehen will.
Man kann die Brandmauer auch umgehen, in dem man für gewisse Massnahmen still schweigend die Unterstützung durch die AFD bei Abstimmungen akzeptiert oder ?
Das heißt nach Ihrer Auslegung doch einfach nur alles, was auch nur im entferntesten durch die AfD mit Ja bei einer politischen Abstimmung bewertet werden könnte, darf nicht die Abstimmung passieren. Dies heißt vereinfacht dargestellt, es kann keine Entscheidungen geben, bei welchen die AfD sich nicht positionieren könnte. Welches im nächsten Definitionsschritt ganz einfach gewollter politischer Stillstand bedeutet. Natürlich ist dies ein Dilemma, aber es ist durch die etablierten Parteien auch gewollt. Politische Verantwortung für DEU sieht jedoch anders aus!
Herr Xanter, politische Verantwortung heißt nicht, dass man sich von einer rassistischen, rechtsextremistischen Partei hofieren lassen und sich von deren Stimmen abhängig machen muss. Die AfD hat komplett andere Beweggründe, komplett andere Ziele als alle anderen Parteien – sie will "reines deutsches Blut" in unseren Adern – Höcke macht daraus keinen Hehl. So stand es auch schon in der Präambel der Blutschutzgesetze der Nazis von 1935. 2015 war Höcke der AfD noch zu rassistisch, inzwischen spricht Weidel ganz genüsslich von der "Remigration". Und mit einer solchen Partei darf man sich nicht gemein machen – die deutsche Geschichte ist das beste Beispiel dafür.
Sie scheinen das eigentliche Problem nicht erkennen zu wollen. Das Problem ist nicht die Rechtslastigkeit einer Partei, nein, das Problem ist das Fehlen eines verantwortungsvollen und sachbezogenen Umganges mit möglichen Stimmentscheidungen, welche durch die anderen etablierten Parteien generell ausgeschlossen werden.
Aber wirklich nicht Herr Hoeflein, das hatten wir schon mal in Deutschland und es ging verdammt schief. Auch heute noch beeinflusst dies unsere Politik und das völlig zurecht.
Wie sieht politische Verantwortung nach ihrer Sichtweise denn aus Herr Xanter?
Doch, Herr Xanter, genau das ist das Problem: das Problem IST die rechtsextremistische Ausrichtung der AfD. Deswegen sollte keiner mit ihr spielen, der sich nicht braune Sprenkel holen will. Lesen Sie nach, was Höcke von sich gibt, ER ist die treibende Kraft im Hintergrund, ER gibt die Richtung vor, die Weidel dann ansteuert. Vielleicht merkt sie es selbst nicht – jedenfalls ist sie die, die braune Ideen salonfähig machen soll. Darauf fallen leider zu viele Deutsche herein. Auch im Vorfeld des Dritten Reiches haben die Menschen vieles gut gefunden, was Hitler von sich gegeben hat, aber damit war es bald vorbei, als die NSDAP an die Macht kam. Aber dann war es zu spät.
Herr Xanter, ich frage mich, warum Sie so um den heißen Brei herumreden – Sie möchten eine Alternative zu den "etablierten Parteien", dann sagen Sie es doch einfach. Und dabei ist es ziemlich egal, wie diese Alternative tickt, ob rassistisch, faschistisch, rückwärtsgewandt oder wie auch immer. Die etablierten Parteien bemühen sich – jeder auf seine Weise – durchaus um einen "verantwortungsvollen" und "sachbezogenen" Umgang mit den anstehenden Problemen. Aber das reicht Ihnen nicht, denn den "etablierten Parteien" stehen Gesetze, u. a. das Grundgesetz, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Charta der Menschenrechte im Weg. Sie suchen eine Alternative, die sich an solche Kleinigkeiten nicht gebunden fühlt. Sie sprechen ja immer wieder davon, dass man Gesetze auch ändern kann. Aber so direkt sagen will das keiner, aber immer "die Politik" für alles verantwortlich machen, egal was ansteht.
Herr Xanter, Frau Reichenauer hat das Problem genau erkannt. Glauben Sie allen Ernstes, dass eine in Teilen rechtsradikale Partei Probleme verantwortungsvoll, sach- und fachbezogenen lösen kann. Es deutet doch alles darauf hin, dass mit ihrer kruden Sichtweise Deutschland in fast unlösbare Probleme rutscht.
Klar, Herr Hoeflein, man kann auch ein bisschen ins Wasser gehen, aber nicht untertauchen, dann macht man sich nicht nass, oder? Man kann auch ein bisschen klauen, aber nur wenn man nicht erwischt wird? Und wenn man über einen Misthaufen mit Schuhen läuft, dann kriegt man keine braunen Spuren ab? So ungefähr, ja?
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