Angesichts der turbulenten Nachrichtenlage in der Welt wäre eine Nachricht fast untergegangen, die in normalen Zeiten für Schlagzeilen gesorgt hätte: Ursula von der Leyen persönlich ist jüngst mit einem schweren Geldkoffer nach Jordanien gereist. Dort unterzeichneten die EU-Kommissionspräsidentin und König Abdullah II. mit diplomatischem Pomp ein Partnerschaftsabkommen, in dem die EU dem Land im Nahen Osten Darlehen und Investitionen in Höhe von drei Milliarden Euro zusagte. Der Deal folgt ähnlichen Vereinbarungen mit Tunesien, Ägypten, Marokko und Mauretanien. Geld gegen Grenzschutz: Das ist in Brüssel aktuell das Mittel der Wahl, um Migration in Richtung Europa einzudämmen.
Die meist autoritären Regierungen sollen Schleusernetzwerke zerschlagen und Menschen abhalten, in Boote gen Europa zu steigen. Dafür erhalten sie Milliarden Euro an Wirtschafts- und Finanzhilfen. Und die Strategie zeigt Wirkung. Zumindest legt das der neue Jahresbericht der EU-Asylagentur EUAA für 2024 nahe, der am Montag veröffentlicht wurde. Demnach sank im Jahr 2024 die Zahl der in der EU sowie in Norwegen und in der Schweiz gestellten Asylanträge um 100.000 – oder elf Prozent – auf rund eine Million Gesuche. In Deutschland wurden 237.000 Anträge verzeichnet und damit etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr. Im Kreis der 29 Länder gingen trotzdem noch immer die meisten in der Bundesrepublik ein.
Die meisten Migranten kommen aus Syrien
Der Großteil der Antragsteller stammte laut EUAA aus Syrien, gefolgt von Afghanistan, Venezuela und der Türkei. Auffällig ist in dem Report, dass die Zahl der ukrainischen Anträge an jene aus dem Jahr 2022 erinnert, als die Vollinvasion Russlands begann. So stellten Ukrainer mit rund 27.000 rund 90 Prozent mehr Anträge als im Vorjahr 2023.
Auf eine langfristige Wende setzen EU-Beamte insbesondere in Syrien. So lockerten erst vor wenigen Tagen die Mitgliedstaaten Sanktionen gegen das Land in der Erwartung, dass die Übergangsregierung für Stabilität sorgt. Alle Syrer, so hieß es in Brüssel, sollten die Möglichkeit haben, sich nach dem Sturz des Assad-Regimes am Wiederaufbau ihres Landes zu beteiligen. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass Hunderttausende Flüchtlinge eines Tages in ihre Heimat zurückkehren können. Gleichwohl soll der politische Umsturz in Damaskus dafür sorgen, dass sich dieses Jahr deutlich weniger Menschen in Richtung Europa aufmachen und Asyl beantragen. Das Kalkül könnte aufgehen. Im vergangenen Jahr wurden der EU-Agentur zufolge schon deutlich weniger Anträge von Syrern registriert, ähnliche Entwicklungen zeigten sich bei Afghanistan und der Türkei.
Zahl der unerlaubten Einreisen geht zurück
Tatsächlich geht die irreguläre Migration zurück. Frontex zufolge ist die Zahl der illegalen Einreisen in die Gemeinschaft im Jahr 2024 im Vergleich zu 2023 um 38 Prozent gesunken. Mit rund 239.000 Menschen, die unrechtmäßig auf europäischem Boden angekommen sind, wurde damit der niedrigste Stand seit 2021 erreicht, als die Coronapandemie viele Flüchtlinge von Überfahrten abhielt. Neben den Flüchtlingsabkommen wird die sinkende Zahl der Ankommenden auch mit der verstärkten Zusammenarbeit mit den Westbalkanstaaten erklärt.
Weil die Strategie bei den Einreisen zurzeit aufzugehen scheint, arbeitet die EU-Kommission gerade an einem Gesetz, das die Rückführungen unrechtmäßig eingereister Migranten neu regeln soll. Die Behörde plant, das neue „Rückführungssystem“ am 11. März vorzuschlagen. Damit will Brüssel den Migrationspakt ergänzen, auf dessen Reform sich die EU Anfang 2024 nach jahrelangen Streitigkeiten geeinigt hatte.
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