In der Regel sorgt die Landung einer tschechischen Billig-Airline auf dem Flughafen Berlin Brandenburg nicht für großes Aufsehen. Anders so beim Flug QS4452. Von Islamabad über Dubai und Zypern kam die Boeing 747 am Dienstag nach Deutschland. An Bord: 155 Menschen aus Afghanistan – unter anderem Ortskräfte, die vor der Machtübernahme der Taliban für deutsche Behörden gearbeitet hatten. Aus der Union kam prompt Kritik. Der Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte der Bild, man müsse eher Afghanen in ihre Heimat abschieben, statt sie nach Deutschland zu holen. SPD und Grüne konterten. Die Kritik sei „nicht anständig“, sagte Ex-Grünenchef Omid Nouripour bei Welt TV. „Wir reden über Leute, die der Bundeswehr geholfen haben.“
Die Debatte wirft ein Schlaglicht auf die Evakuierung von Ortskräften und gefährdeten Menschen aus Afghanistan. Auch fast vier Jahre nach Ende des Afghanistan-Einsatzes und der Machtübernahme durch die Taliban ist der Prozess nicht abgeschlossen.
Flugzeug landet in Berlin: 155 Menschen aus Afghanistan an Bord
Von den 155 Menschen, die am Dienstag in Berlin landeten, waren 80 Frauen und Mädchen, darunter eine ehemalige afghanische Polizistin. Etwa 60 Personen sind minderjährig, darunter über 40 Kinder unter zehn Jahren. Das teilt das Auswärtige Amt auf Anfrage mit.
Jedoch haben nicht alle als Ortskräfte für die Bundesrepublik gearbeitet. Im Wesentlichen laufen zwei Evakuierungsmissionen: Das Ortshilfe- und das Bundesaufnahme-Programm. Von den 155 Afghaninnen und Afghanen, die am Dienstag in Berlin landeten, waren 27 Ortskräfte beziehungsweise Familienmitglieder von Ortskräften. Menschen also, die für die Bundeswehr oder andere deutsche Behörden arbeiteten.
Die restlichen 128 Personen kamen über das sogenannte Bundesaufnahmeprogramm nach Deutschland. Darunter fallen Afghaninnen und Afghanen, die die Bundesregierung „als besonders gefährdet identifiziert hat“, wie das Außenministerium schreibt. Dieses Programm läuft noch bis Ende der Legislaturperiode. Etwa 3000 Sicherheitszusagen hat die Bundesregierung aktuell noch ausgesprochen. Das sei rechtsverbindlich, diese Menschen werden also in jedem Fall noch evakuiert. Neue Zusagen werden aber nicht mehr gemacht, teilte das Bundesinnenministerium mit. Zumindest nicht über das Bundesaufnahmeprogramm. Die Kosten für die Mission lagen in den vergangenen dreieinhalb Jahren bei etwa 25 Millionen Euro.
Zählt man beide Verfahren – Ortskräfte- und Bundesaufnahmeprogramm – zusammen, sind seit 2021 etwas mehr als 35.000 Menschen eingereist. Wobei die Zahl derer, die über das Ortskräfte-Programm nach Deutschland kamen, höher war: 4.410 Ortskräfte und 16.389 Familienangehörigen sind seit 2021 nach Deutschland eingereist. Insgesamt also 20.779. Das teilt das Bundesinnenministerium auf Anfrage mit. Über das Bundesaufnahmeprogramm kamen etwa 14.000.
Charterflüge der Bundesregierung: Wie viele Ortskräfte noch in Afghanistan sind, ist unklar
Sowohl Innen- als auch Außenministerium betonen: Alle Einreisenden haben ein entsprechendes Sicherheitsverfahren durchlaufen, inklusive Interviews und mehrstufiger Prüfung, und besitzen Dokumente sowie ein gültiges Visum.
Anders als das Bundesaufnahmeprogramm, das mit Ende der Legislaturperiode ausläuft, könnten Ortskräfte auch danach noch evakuiert werden. Wie viele das noch sein könnten, ist schwer zu bestimmen. Im Untersuchungsausschuss zum Afghanistan-Einsatz, der kürzlich zu Ende ging, sagte ein Mitarbeiter des Entwicklungsministeriums aus, dass wohl zu keinem Zeitpunkt klar war, wie viele Ortskräfte sich tatsächlich in Afghanistan befinden. Ähnlich äußerten sich Zeuginnen und Zeugen aus anderen Ministerien. „Allen Beteiligten war aber klar, dass das in die vielen Tausende gehen würde.“
ICh frage mich, warum man hier "Umstrittener Flug" titelt. Die Ortskräfte, die durch die Arbeit für deutsche Institutiionen, vor allem die Bundeswehr, gearbeitet haben oder Menschen, die durch die Anwesenheit der BW an Stellen gearbeitet haben, die von den Taliban heute verfolgt werden, haben doch das Recht, endlich ausgeflogen zu werden. Schließlich leben sie aufgrund ihrer Tätigkeit immer noch in Lebensgefahr. Wenn Deutschland diese Menschen derart im Stich lässt, wird ihnen künftig bei einem Auslandseinsatz die wichtige Unterstützung der Bevölkerung fehlen. Das ist gefährlich – das sollte auch die Union wissen, denn Auslandseinsätze der BW werden auch künftig nicht ausbleiben. Dass die Evakuierung der Ortskräfte sich derart zieht, ist ein Armutszeugnis für unser Land. Die Äußerung von Thorsten Frei ist extrem dumm und völlig unangebracht.
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