Abt Nikodemus Schnabel meldet sich direkt vom Ufer des Sees Genezareth. Jenem Ort, an dem Christus sich der Bibel zufolge nach der Auferstehung seinen Jüngern zeigte. Millionen Pilgerinnen und Pilger haben vor dem Krieg zwischen Israel und der Hamas hier Gottesdienst gefeiert. Diesmal ist der Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei allein und sendet seinen österlichen Friedensimpuls per Video in die Welt. „Leider ist der Altar verwaist, es gibt keine Pilgergruppen“, sagt Schnabel in dem Instagram-Beitrag. „Wir sind immer noch umgeben von einem Ozean von Leid.“
Das Leid, das der Krieg über die Menschen bringt, betrifft auch die Christen in dem Gebiet. Es wird das zweite Ostern sein, das sie fast ohne Pilgerinnen und Pilger feiern. Sie sind Anfeindungen gewohnt, etwa durch nationalistisch-religiöse Juden. Wenn die Mönche durch die Straßen der Jerusalemer Altstadt hinauf zu ihrem Kloster auf dem Zionsberg laufen, werden sie oft mindestens argwöhnisch beäugt, manchmal sogar angespuckt. Doch am meisten macht ihnen das Ausbleiben der Gläubigen aus aller Welt zu schaffen. Seit dem 7. Oktober 2023, dem Massaker der Hamas auf ein Festivalgelände und Kibbuzim nahe dem Gazastreifen, kommen sie nicht mehr.

Auch im deutschen Pilgerhaus St. Charles mitten in Jerusalem sind die Betten meist leer. Als Anfang März eine Delegation der CSU-Fraktion im Landtag dort abstieg, war die Gruppe allein im ganzen Haus. Sechs Personen, wo eigentlich 80 Platz finden. „Nachdem durch die furchtbaren Kriegsereignisse der Tourismus im Heiligen Land praktisch zum Erliegen gekommen ist, leiden wir natürlich finanziell unter den Konsequenzen“, sagt die Oberin, Schwester Maria Daniela Gabor.
Sie leitet die vom Konvent betriebene Kita. „Auch unser Kindergarten mit über 130 kleinen Schützlingen ist auf eine entsprechende Unterstützung angewiesen.“ Bisher sei der Orden aber „durch wohlwollende Spender und durch einige wenige Gäste“ über die Runden gekommen. Andere Ordensleute berichten davon, dass sie ihre eigenen Rücklagen angreifen müssen.
In Jerusalem ist vom Krieg nichts zu spüren
Rund eine halbe Million Gläubige hatte sich vor dem Krieg jährlich auf den Weg ins Heilige Land gemacht, nach dem Angriff im Oktober 2023 ist die Zahl der Gäste laut dem israelischen Tourismusministerium um 80 Prozent eingebrochen. In den Monaten nach Kriegsbeginn hatte auch für deutsche Reisende eine Sicherheitswarnung gegolten.
Zu Ostern drängen sich normalerweise tausende Besucherinnen und Besucher in der Jerusalemer Altstadt. Auch jetzt, obwohl der Gazastreifen nur etwa 100 Kilometer südwestlich von Jerusalem liegt, ist vom Krieg nichts zu spüren. Israel greift ein palästinesisches Krankenhaus an, die Armee umzingelt Rafah, die Hamas lehnt eine Waffenruhe ab, alle das erfährt man in Jerusalem vorwiegend aus den Nachrichten.

Die sieben Schwestern des Heiligen Karl Borromäus leben, so formuliert es die Oberin, „in einer Oase des Friedens, die bisher von allen Schäden verschont geblieben ist“. Seit 120 Jahren steht ihr Kloster auf dem jetzigen Grundstück mit einem großen Palmengarten, das Stadtleben dringt kaum durch die dicken Steinmauern. Außer gelegentlichen Besuchen in der Grabeskirche oder bei Abt Nikodemus und seinen Benediktinern auf dem Berg Zion und bei anderen christlichen Gemeinden kämen sie „kaum in Kontakt mit dem hiesigen öffentlichen Leben“, sagt Schwester Daniela.
Christen beten für Juden und Muslime gleichermaßen
Etwa zwei Prozent machen die Christen an der Bevölkerung Israels und in den palästinensischen Autonomiegebieten aus. Auch viele der 130 Kinder im Kindergarten des deutschen Ordens sind Palästinenser. Im Krieg stellen sich die christlichen Ordensleute auf keine Seite. Ihr Herz ist demnach „bei allen Leidenden, unabhängig von deren Glaubenszugehörigkeit“.
Die Borromäerinnen werden in ihrer Kirche neben den Pilgerzimmern auch im zweiten Kriegsjahr Ostern feiern. „Mit weniger Gästen, aber umso verinnerlichter in Dankbarkeit für Gottes Gegenwart“, sagt Schwester Daniela. Und sie ist zuversichtlich. „So langsam laufen bei uns auch wieder Buchungen ein, und zu unserer Freude konnten wir auch schon einige Gäste willkommen heißen.“
Benediktiner-Abt Nikodemus Schnabel schickt am Ende seines Videos vom See Genezareth eine Botschaft an die Gläubigen: „Der österliche Glaube ist momentan die Natur“, sagt er. Wo vor ein paar Monaten noch alles „kohlrabenschwarz“ gewesen sei, blühe und grüne es jetzt.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden