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Nato-Gipfel in Den Haag: Trump setzt das Bündnis unter Druck

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Nato-Gipfel in Den Haag: Trump setzt das Bündnis unter Druck

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    Am kommenden Mittwoch findet in Den Haag ein Nato-Gipfel im Schnelldurchlauf statt.
    Am kommenden Mittwoch findet in Den Haag ein Nato-Gipfel im Schnelldurchlauf statt. Foto: Peter Dejong, dpa

    Es ist seit Wochen diese eine Frage, die in Nato-Kreisen nervös gestellt wurde und jetzt – nach dem Eintritt der USA in den israelischen Krieg – für mehr Verunsicherung denn Gewissheit sorgt: Reist Donald Trump am kommenden Mittwoch zum Nato-Gipfel ins niederländische Den Haag? Im Brüsseler Hauptquartier war zunächst zu vernehmen, man habe „keine Hinweise“ auf eine Absage des US-Präsidenten. Doch das war vor den Bombenabwürfen der Amerikaner auf Irans Atomanlagen. Trump, so hieß es vergangene Woche, freue sich sowohl auf einen „erfolgreichen“ Gipfel als auch auf das Golfspielen, das die Niederländer für den US-Präsidenten organisiert haben. Soll der Ausflug zum Abschlag als Lockmittel dienen? Und funktioniert die Strategie auch noch nach dem Militärschlag vom Wochenende? Offenbar soll König Willem-Alexander mit dem Gast den Schläger schwingen, wobei der Royal angehalten sein dürfte zu verlieren, um Trump bei Laune zu halten.

    Denn bei diesem Gipfel ist alles auf den US-Präsidenten ausgerichtet. Es geht um nichts weniger als die Existenz des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses. Und die Allianz will weder eine Eskalation riskieren noch, dass sich Trump langweilt und deshalb frühzeitig abreist wie gerade beim G7-Treffen geschehen. Stattdessen soll „ein Bild der Einigkeit und Geschlossenheit“ in die Welt ausgesendet werden, so das Ziel, obwohl oder genau weil die Nato unter immensem Druck steht – von außen wie von innen. Seit Trump zum zweiten Mal ins Weiße Haus gezogen ist, schürt er regelmäßig Zweifel, ob die Vereinigten Staaten noch für die Verbündeten einstehen würden. Also setzt die Nato auf eine Strategie der Trump-Bespaßung und -Beschwichtigung.

    Nato-Gipfel kostet eine Million Euro pro Minute

    Weil der Republikaner es „kurz und bündig“ präferiert, wurde die offizielle Arbeitssitzung auf zweieinhalb Stunden eingekürzt. Statt drei Tage lang zu beraten, wie ursprünglich geplant, sollen die 32 Staats- und Regierungschefs am Mittwoch lediglich von 10.30 Uhr bis 13 Uhr zusammenkommen. Bei geschätzten Kosten von 183,4 Millionen Euro für die Veranstaltung mache das gut eine Million Euro pro Minute, rechneten niederländische Medien sofort vor.

    Gleichwohl wurde nicht nur die Zeit, sondern auch die Agenda auf ein Thema zurechtgestutzt: die drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben aller Mitglieder von derzeit zwei auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Forderung hatte im Januar Trump formuliert und sie war zunächst auf den Widerstand der Europäer gestoßen war – bis die Erkenntnis durchsickerte, dass dies offenbar der Preis war, um Washington bei Stange zu halten. Generalsekretär Mark Rutte hatte dann versucht, mit einem Kompromissvorschlag zu beruhigen: Ab 2032 sollen die Verbündeten mindestens 3,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben aufwenden und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur. Macht zusammen auch fünf Prozent, aber für den zweiten Topf dürfen auch sicherheitsnahe Bereiche angerechnet werden wie etwa die Terrorismusbekämpfung oder Cyberabwehr.

    Spanien sperrt sich gegen Erhöhung der Vereidigungsausgaben

    Die Kriterien seien so „zweideutig“ geschrieben, dass sich jeder Mitgliedstaat wiederfinde, meinte ein Diplomat. Trotzdem, vor allem finanziell klamme Staaten wie Belgien oder Italien sind skeptisch. Die Diskussionen laufen noch. „Wir nähern uns der Landezone“, hieß es hinter den Kulissen in typischer Nato-Sprache, doch am Ziel sei man wenige Tage vor dem Gipfel noch nicht. Das liegt vorneweg an Spanien, das sich offen gegen die Verpflichtung zum Fünf-Prozent-Ziel sperrt. Ministerpräsident Pedro Sánchez nannte die Marke in einem Brief an Rutte „nicht nur unvernünftig, sondern sogar kontraproduktiv“ und verwies darauf, dass die Erfüllung Steuererhöhungen und Kürzungen bei öffentlichen Diensten erfordern würde.

    Das Problem: Bleibt Madrid bei seiner Position, scheitert nicht nur der Gipfel. Weil für die Amerikaner ausschließlich dieser Gipfelbeschluss zählt, würde das ganze Bündnis in die Krise stürzen. Das will sich aktuell niemand vorstellen. Die Verhandlungen liefen „sehr konstruktiv“, beschwichtigte ein Nato-Diplomat. Man denke derzeit darüber nach, „wie wir den Spaniern eine Brücke bauen können“, sagte er. Nur müssten sie dann auch über diese Brücke gehen. Offenbar fehlt der Wille noch.

    Dabei sieht das Drehbuch dieses Nato-Gipfels als Happy End vor, dass sich der selbst ernannte „Deal-Macher“ Donald Trump am Mittwochnachmittag der Presse stellen und verkünden kann, dass dieser Gipfel mit einem „historischen Erfolg“ in die Geschichte eingehen werde – dank ihm. „Und wir werden das gerne zulassen“, sagte ein Beamter aus einem europäischen Land. Es wäre das beste Szenario, das sich die Nato gerade vorstellen kann. Es ist das einzige, an das die Partner derzeit denken wollen.

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    2 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Die USA können und werden den Rest der NATO nicht in die immer wieder herbei geredete Krise stürzen. Hier eine kompakte Übersicht: https://www.greenpeace.de/frieden/kraeftevergleich-nato-russland Ein Ungleichgerwicht besteht (ohne die USA) lediglich im nuklearen Bereich. Ein kleines "?" ist für mich die Reaktionsgeschwindigkeit im V-Fall. Da hat eine Nation wohl Vorteile gegenüber einem wie auch immer geordnetren "Haufen" von 32, evtl. 31, Staaten. Da helfen auch noch so viele JOCs nicht wirklich weiter. Trotzdem: die NATO ist, auch ohne die USA (Wahrscheinlichkeit: 0%), Russland überlegen.

    Jochen Hoeflein

    Zentrales Thema die weitere Finanzierung der NATO unter dem Aspekt der notwendigen Ertüchtigung der Armeen der europ. Partnerländer und das wars. Stundenlange Diskussionen und Selbstdarstellung der Teilnehmer nicht gefragt. Jedes Land war aufgefordert im Vorherein seine Meinung zu bilden. Es soll wohl auch kein Krisengipfel werden , in dem alle ihre bereits bekannte Meinung zu aktuellen Krisen und Kriegen zum Besten geben können. Trump geht wohl in Anschluss lieber zum Golfen als sich von Hr. Selenskyj über den letzten Stand des Krieges aus Kiewer Sicht informieren zu lassen; dazu hat er die Inputs seiner Dienste und benötigt keine zusätzlichen Erläuterungen und Verkündung neuer Forderungen durch die UA.

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