
Kommunistischer Erdrutschsieg in Salzburg


Keine roten Fahnen, keine Hammer-und-Sichel-Nostalgie, stattdessen klassisch sozialdemokratische Positionen: So ist es der KPÖ gelungen, erstmals seit 1945 wieder in das Landesparlament einzuziehen.
Kay-Michael Dankl ist an diesem Montag Gesprächsthema Nummer eins – und das in ganz Österreich und nicht nur in Salzburg. Der 34-jährige Historiker und Spitzenkandidat der KPÖ Plus konnte am Sonntag selbst nicht glauben, was er und seine Partei bei der Salzburger Landtagswahl erreicht hatten: Erstmals seit 1945 schaffte eine kommunistische Liste bei Wahlen ein zweistelliges Ergebnis, mit 11,6 Prozent der gültigen Stimmen ziehen nun gleich vier kommunistische Mandatare in das Salzburger Landesparlament ein.
In Salzburg-Stadt erreichte die KPÖ Plus mit satten 21,5 Prozent gar Platz zwei – nur rund drei Prozentpunkte hinter der ÖVP und vor der FPÖ, die landesweit Platz zwei schaffte und zahlreiche Stimmen der Konservativen von ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer holte. Nach dem Wahlerfolg der Grazer Kommunisten, die im Herbst 2021 mit Elke Kahr den Bürgermeistersessel in Österreichs zweitgrößter Stadt eroberten, ist Salzburg damit der zweite aufsehenerregende Wahlerfolg der linken Partei der letzten Jahre. Er gibt nicht nur den von einem Richtungs- und Führungsstreit gebeutelten Sozialdemokraten zu denken.
Fast 26 Prozent für die rechte FPÖ und der überraschende Sieg der Kommunisten – die "politischen Ränder" seien gestärkt worden am Sonntag, so der Tenor zahlreicher Beobachter am Wahlsonntag. Von "linken und rechten Populisten" sprachen etwa die liberalen Neos in Salzburg, die nach nur einer Periode im Landtag und in Haslauers Landesregierung den Einzug in die Länderkammer verfehlten.
Dankl lässt Derartiges kalt. Recht viel mehr als den Namen hat Dankls Wahlbewegung mit "Kommunismus" tatsächlich nicht am Hut. Altkommunistische Ideologie, Enteignung und die Überwindung des Kapitalismus oder gar die "Diktatur des Proletariats" sucht man im Wahlprogramm der KPÖ Plus vergeblich. Die dortigen Positionen gleichen viel eher dem, was Sozialdemokraten in ihren besten Zeiten gefordert hatten: bezahlbares Wohnen für alle, Mindestlöhne und Arbeitszeitverkürzung, öffentliche Absicherung von Pflegedienstleistungen, eine Kinderbetreuungsoffensive und ein Ende von Mindestpensionen unter der Armutsgrenze. Vor allem die in Salzburg äußerst prekäre Wohnsituation und die enorm hohen Mietpreise haben Dankl und seiner Partei die Wähler in Scharen zugetrieben. Durchschnittlich 1300 Euro kostet eine 70 Quadratmeter Wohnung in der Stadt inzwischen monatlich, wie Dankl immer wieder betont – fast unleistbar sei das, vor allem für Familien.
Salzburgs Kommunisten gestehen Ukraine Selbstverteidigungsrecht zu
Sein pragmatisches Auftreten hat ihm ebenso geholfen wie die Tatsache, dass der bisherige KPÖ Plus-Gemeinderat rund 28.000 Euro seines Gehalts an bedürftige Salzburger weitergegeben hat – eine Methode, die Dankl sich von seinen Genossen in Graz abgeschaut hat. Auch in außenpolitischen Fragen ist die Linie der Salzburger Kommunisten pragmatisch: Anders als etwa Teile der deutschen Linkspartei oder auch der Grazer Kommunisten steht Dankl explizit zum Selbstverteidigungsrecht der Ukraine gegen Putins Aggressionskrieg, lehnt zwar österreichische Waffenlieferungen ab, fordert aber im Gegenzug, das russisches Oligarchenvermögen in Österreich – solches ist an Salzburgs Seen durchaus geparkt – "genauer anzusehen".
Dankl kommt, wie viele seiner Mitstreiter, aus den Jungen Grünen. Diese waren 2017, nachdem sie die Bundespartei heftig kritisiert hatten, aus der Partei ausgeschlossen worden. Damals war Dankl an führender Stelle mit dabei.
Mitregieren will Dankls Partei in Salzburg jedoch gar nicht. Man sieht sich als Kontrollinstanz im Landtag - und will den Landeshauptmann beständig an die eigenen Themen erinnern.
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