Ex-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann – auch als Aufseher gefragt
In der Finanzkrise war er Angela Merkels Feuerwehrmann und dann Präsident der Bundesbank. Nun wechselt der 54-jährige zu einem ihm bestens bekannten Unternehmen.
Auch in der Finanzwelt schlägt das Leben gelegentlich seltsame Kapriolen. Als Jens Weidmann noch Angela Merkels Wirtschaftsberater war, handelte er auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 den Einstieg des Bundes bei der angeschlagenen Commerzbank mit aus. Nun soll er als Vorsitzender des Aufsichtsrates zu eben jener Bank zurückkehren, die er einst gerettet hat, und an der der deutsche Staat immer noch 15 Prozent hält.
Wo immer es brannte, bei der Commerzbank, bei Opel oder dem Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate: Weidmann und sein Studienfreund Jörg Asmussen, damals Staatssekretär im Finanzministerium, waren zur Stelle, schnürten Hilfspakete, entwarfen Konjunkturprogramme und versuchten so, die nervösen Kapitalmärkte zu beruhigen - mit Erfolg. Die Beförderung ihres Vertrauten zum Präsidenten der Bundesbank, für die er als junger Volkswirt schon einmal gearbeitet hatte, war auch eine Anerkennung für Weidmann Einsatz in der Finanzkrise. Warum er dort Ende 2019 überraschend zurückrat, ist bis heute nicht wirklich geklärt. Offiziell nannte er „persönliche Gründe.“ Inoffiziell dürfte auch ein gehöriges Stück Enttäuschung mit im Spiel gewesen sein.
Der Aufstieg an die EZB-Spitze blieb Jens Weidmann verwehrt
Im Rat der Europäischen Zentralbank, dem er als Bundesbankpräsident kraft Amtes angehörte, konnte Weidmann sich mit seiner eher defensiven Linie nicht gegen Mario Draghis Politik des billigen Geldes durchsetzen, auch der Aufstieg an die Spitze der EZB blieb ihm verwehrt, dort folgte dem Italiener die Französin Christine Lagarde. Weidmann, verheiratet und Vater zweier Kinder, übernahm nur ein paar kleine Ämter beim Internationalen Währungsfonds oder der Frankfurter Universität – und zog sich ansonsten weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Die Commerzbank bekommt mit ihm im Frühjahr nun einen ebenso nahbaren wie konsequenten Aufseher. Der 54-jährige Hobbykoch und Hobbygärtner gilt als Mann ohne Allüren, dessen Ausscheiden viele der 10.000 Bundesbanker auch entsprechend bedauerten. Ein kritischer Begleiter des Geschehens, gewissermaßen die Grundtugend eines jeden Aufsichtsrates, aber wird Jens Weidmann auch bei der Commerzbank bleiben. Mit seinen Stationen bei der Bundesbank, im Kanzleramt oder als Generalsekretär der Wirtschaftsweisen ist er einer der erfahrensten, vielseitigsten Ökonomen des Landes. Ihm macht so leicht keiner was vor.
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