Erst vor gut einer Woche stellte Thorsten Frei das Lösen der Schuldenbremse noch infrage. Ein solcher Schritt bedeute „doch nichts anderes, als dass wir unsere Probleme zu Lasten zukünftiger Generationen lösen. Das lässt sich auch nicht relativieren und wegdiskutieren“, sagte der CDU-Politiker im ZDF. In den Sondierungsgesprächen von Union und SPD ist nun allerdings genau das passiert. Es wurde relativiert, wegdiskutiert, und auf einmal soll die Schuldenbremse doch gelockert werden. Frei ist Fraktionsgeschäftsführer von CDU und CSU im Bundestag, er wird diesen schnellen Seitenwechsel in den nächsten Tagen und Wochen noch oft erklären müssen. Und er dürfte das in bewährter Manier gut hinbekommen.
Freis Job ist einer der schwierigsten im bundespolitischen Betrieb. Er sitzt an einer Nahtstelle zwischen Partei und Fraktion, zwei Pole, die sich nicht immer gegenseitig anziehen. Zuletzt war dieses Spannungsfeld für den 51-Jährigen einigermaßen beherrschbar, weil sein Chef Friedrich Merz Partei- und Fraktionsvorsitz auf sich vereinte. Doch nach der gewonnenen Wahl ist Merz in die Rolle des künftigen Kanzlers geschlüpft, und dann passieren eben Dinge wie die mit dem Sondervermögen. Oder die mit den 551 Fragen der Union zu Nichtregierungsorganisationen. Warum die ausgerechnet jetzt gestellt wurden? Man habe so lange gebraucht, sie aufzuschreiben, antwortete Frei. Das feine Lächeln um seine Mundwinkel zeigte dabei, dass er die Antwort selbst ein wenig verwegen findet.
CDU-Politiker Thorsten Frei weiß aus Erfahrung: Vieles versendet sich
Aber Frei weiß aus langer politischer Erfahrung auch, dass sich viele Äußerungen mit der Zeit von selbst erledigen, in Vergessenheit geraten. 1999 stieg der studierte Rechtswissenschaftler in seiner Geburtsstadt Bad Säckingen als Stadtrat in die Politik ein. Charmant, immer gut gekleidet, wort- und zugewandt machte er schnell Karriere. 2004 wurde er zum ersten Mal zum Oberbürgermeister von Donaueschingen gewählt, 2013 zog er in den Bundestag ein. Der Rechtsanwalt machte sich als Innen- und Rechtsexperte einen Namen, ab 2018 verantwortete er diesen Bereich als Fraktionsvize. Seit 2021 ist der verheiratete Vater dreier Kinder Fraktionsgeschäftsführer und wird es mit Sicherheit nicht bleiben.
Merz wird vermutlich Kanzler werden und braucht dann jemanden wie Frei an seiner Seite. Jemanden, der selbständig denkt und gleichzeitig loyal ist - ob nun als Minister, Kanzleramtschef oder Fraktionsvorsitzender. Und der dann notfalls eben auch erklärt, warum das mit der Lockerung der Schuldenbremse vor einer Woche noch so war und jetzt ganz anders ist.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden