Es war bereits kurz vor zwei Uhr nachts, die Journalisten im Kreml hatten mehr als eineinhalb Stunden im Presseraum des Kremls gewartet, als ein so selbstbewusster wie offen gereizter Wladimir Putin sich an den weißen Tisch setzte und seine Erklärung abgab: Er biete Kiew die Wiederaufnahme der Istanbuler Gespräche vom März 2022 an, direkte und bedingungslose. Fragen zu seinen Ausführungen waren nicht zugelassen, das hatte der Kreml bereits im Vorfeld bestimmt. Am Donnerstag, 15. Mai, so las es Putin von seinem Zettel ab, solle das Treffen stattfinden. Den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werde er noch darum bitten, dieses zu organisieren. Dessen Zusage folgte am Sonntag.
Es ist Russlands taktisches Kontern der Forderungen der Ukraine, Europas und der USA nach einem 30-tägigen Waffenstillstand, ohne nur mit einem Wort auf diese Forderungen einzugehen. „Es herrscht Krieg, wir bieten Frieden an“, sagte der russische Präsident. Ein in zweierlei Hinsicht bemerkenswerter Satz. Der Aggressor verkauft sich damit wirkungsvoll als Friedensengel und tut so, als würde er all denen, die direkte Gespräche fordern, entgegenkommen.
Putin spricht von Krieg – Kritiker kommen dafür in Russland ins Gefängnis
Zudem sagt er „Krieg“, ein Wort, für das in Russland jeder ins Gefängnis kommen kann, der die Kämpfe in der Ukraine und vor allem das Handeln Russlands auch nur ansatzweise öffentlich kritisiert. Noch während Putin sprach, flog seine Armee bereits die nächsten Angriffe. Die dreitägige Waffenruhe, die Russland zu den Feierlichkeiten zum „Tag des Sieges“ verkündet hatte, sei um Mitternacht zu Ende gegangen, bekräftigte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Putins Auftritt gingen für ihn äußerst erfolgreiche Tage voraus. Der 72-Jährige eilte von einem bilateralen Gespräch zum nächsten. Hier ein Händedruck mit Brasiliens Präsidenten Lula da Silva, da gemeinsame Bilder mit dem Palästinenser-Präsidenten Mahmud Abbas. Und immer wieder Xi Jinping, der höchste Staatsgast, der Putin bei seiner Triumphshow auf dem Roten Platz die Ehre erteilte. Allzu konkret wurde es in den russisch-chinesischen Gesprächen zwar nicht. Aber es zählen die Bilder, die zeigen sollen: Russland ist nicht isoliert.
Die pompösen Feierlichkeiten in Moskau produzieren wichtige Bilder
Die Verachtung für die ukrainische Führung versuchte Putin bei seinem nächtlichen Friedensgebaren gar nicht erst zu verdecken. Er habe schließlich bereits dreimal Feuerpausen verfügt, aber es sei die Ukraine, die sich nicht daran halte. Schlimmer noch: Die Ukraine habe alles dafür getan, die Anreise der Gäste für die 9. Mai-Feier, für Russland ein „heiliger Tag“, zu stören.

Putins Taktik ist es, seine Gegner mit immer wieder neuen Vorschlägen zu zermürben, um so weiter die eigenen Ziele zu verfolgen: die Ukraine zu unterwerfen. Von einem 30-tägigen Waffenstillstand hält Russland nichts, das hatte der Kreml mehrfach deutlich gemacht, da es darin lediglich eine Verschnaufpause sieht, in der die Ukraine weiterhin mit westlichen Waffen beliefert werde.
Putin versucht, seine Gegner mürbe zu machen
So ist Putins Istanbul-Vorschlag vor allem für Moskau bequem. Moskau behauptet, im März 2022 habe praktisch ein fertiges Abkommen vorgelegen. Es ist ein mehrfach widerlegter russischer Mythos. Daran anzuknüpfen würde bedeuten, dass weder die Amerikaner noch die Europäer mit am Verhandlungstisch sitzen und die Ukraine sich praktisch auf einen Frieden einlassen müsste, der einer Kapitulation gleichkäme.
Entsprechend fiel auch die Reaktion der Europäer aus. „Wir erwarten von Moskau, dass es jetzt einem Waffenstillstand zustimmt, der echte Gespräche überhaupt erst ermöglichen kann“, erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz. „Erst müssen die Waffen schweigen, dann können Gespräche beginnen.“ Wenn die russische Seite nun Gesprächsbereitschaft signalisiere, sei das zunächst ein gutes Zeichen. „Es ist aber bei weitem nicht hinreichend.“ Merz war am Samstag gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premier Keir Starmer und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk nach Kiew gereist. Falls Moskau sich nicht darauf einlässt, wollen sie das Land mit weiteren Sanktionen belegen und die Waffenlieferungen an die Ukraine ausweiten. Ihr Vorgehen stimmten sie auch in einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump ab.
Bei ihrem diplomatischen Vorstoß bemühten die Europäer sich demonstrativ, eine gemeinsame Herangehensweise mit US-Präsident Trump zu betonen - nachdem es in der Ukraine-Politik seit dessen Amtsantritt große Differenzen gegeben hatte. Selenskyjs Kanzleichef Andrij Jermak verbreitete nach dem Telefonat mit Trump ein Foto der Gruppe und schrieb von „historischen Momenten“. Polens Regierungschef Tusk sagte: „Zum ersten Mal seit langer Zeit haben wir das Gefühl, dass die gesamte freie Welt wirklich geeint ist“.
Im Grunde ist der beschriebene Status bereits überholt. Wohl auf Druck der USA ist wohl jetzt der UA Präsident bereit sich in der Türkei mit Putin zu treffen aber ohne Beisein der europ. Unterstützer. Vielleicht gelingt dort ein Durchbruch Richtung Waffenstillstand - mehr ist nicht zu erwarten. Es wäre sehr nützlich wen es gelänge die USA zur Überwachung der Einhaltung eines Waffenstillstandes zu gewinnen, denn nur die verfügen über Überwachungsmittel diesen zu kontrollieren.
Warum geht Selenskyj alleine dort hin, ohne seine Unterstützer.. Freunde..? Ich sehe schwarz bei diesem Treffen..!
Die europ. Freunde sind wohl nicht eingeladen. Eine RU+UA Delegation trifft sich. Ohne die Schar der Willigen. In der Türkei muss Selenskyj Verhandlungsgeschick beweisen und nicht Publikumswirksamkeit .
Wer das Schachspiel kennt weiß, daß man das Schachmatt durch eine gewisse Anzahl von guten Zügen vorbereiten muß.
Ich glaube nicht, dass Sie das Schachspielen besonders gut beherrschen, aber wahrscheinl bestimmt kaum besser als ich. Was ich jedoch von Ihnen an Gefallen der beiden Tyrannen, Putin und Trump, immer lesen konnte, da traue ich mir doch ehrlich zu, zu behaupten, dass Sie von Politik wohl noch weit weniger verstehen, als von einem strategische Schachspiel. Und dürfte damit garantiert nicht ganz so falsch liegen!
Bemerkenswert finde ich an der Berichterstattung, dass Vorschläge von Präsident Selensky und/oder seinen vermeintlichen Freunden immerl ösungsorient sind und die vom Aggressor Putin immer nur Schachzüge. Gleiches kennen wir ja aus Nahost, palestinensische Initiativen sind immer rein strategischer Nautr, der Genozid Israels dagegen reine Verteidigungsmassnahmen. Mir kommt Voltäire in den Sinn, abgwandelt in etwa wie: je öfter eine Meinung wiederhzolt wird, desto mehr bekommt sie den Anschein von Wahrheit!
Vieles von dem was ich Herrn Wolfgang Boeldt geantwortet habe, trifft auch auf Sie Herr Wolfgang Schwank zu. Eben, dass Sie nur eine Seite bewundern bzw. unterstützen, nämlich Putin und Trump und nicht ausgewogen auch mit Präsident Selensky umgehen. Eben so, wie man beim Schach ein Remis erzielen kann. Gleiches will ich Herrn Jochen Hoeflein unterstellen, der auch nur immer einseitig für seine Freunde Putin und Trump Stellung bezieht und NIE zwei, bzw. beide Seiten sieht..
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