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Rechtsstaatlichkeit: Brüssel will Viktor Orban bestrafen

Rechtsstaatlichkeit

Zieht Brüssel gegen Orban die „nukleare Option“?

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    Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat die Geduld vieler EU-Staaten ausgereizt. Wird dem Land das Stimmrecht entzogen?
    Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat die Geduld vieler EU-Staaten ausgereizt. Wird dem Land das Stimmrecht entzogen? Foto: Meng Dingbo/Xinhua, dpa

    Mittlerweile belassen es die EU-Partner nicht mehr bei Versuchen, Viktor Orbán auf diplomatischem Wege zum Umdenken zu bewegen. Ohnehin waren alle Appelle der vergangenen Wochen in Richtung Budapest ungehört verklungen. Das ungarische Parlament beschloss trotz der Kritik aus Brüssel Mitte März eine Verfassungsänderung, durch die Veranstaltungen der LGBTQ-Gemeinschaft - wie Pride-Paraden - künftig verboten werden können.

    Um den rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Orbán zum Einlenken zu zwingen, riefen nun 17 Länder die EU-Kommission dazu auf, „zügig das gesamte ihr zur Verfügung stehende Instrumentarium der Rechtsstaatlichkeit auszuschöpfen“, sollte Ungarn die Maßnahmen nicht zurückziehen. Die gemeinsame Erklärung, die von den Niederländern initiiert und unter anderem von Deutschland und Frankreich unterzeichnet wurde, soll den Druck auf die Brüsseler Behörde erhöhen, Budapest zu bestrafen. Man sei „zutiefst besorgt“ über die jüngsten Entwicklungen, „die Grundrechte von LGBTQ-Menschen verletzen“, heißt es in dem Schreiben. Eine Reihe ungarischer Gesetze, die „unter dem Deckmantel des Kinderschutzes“ Geldstrafen gegen Organisatoren und Teilnehmer von LGBTQ+-Veranstaltungen androhen, „verstoßen gegen die Grundwerte der Europäischen Union“.

    Wird es ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn geben?

    Die EU-Partner gaben nicht an, welche Art von Schritte Brüssel einleiten sollte. Doch der zuständige EU-Kommissar Michael McGrath äußerte vor wenigen Tagen die Bereitschaft, „die uns zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen“. Als Beispiel nannte der Ire Vertragsverletzungsverfahren. Das Recht, „sich frei und friedlich zu versammeln“, müsse jederzeit garantiert sein.

    Aktuell hält die Behörde 18 Milliarden Euro an EU-Geldern für Ungarn zurück aufgrund von Korruption und schweren Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit. Doch nicht nur ein Großteil der Mitgliedstaaten fordert strengere Maßnahmen, nachdem Orbán – unter anderem bestärkt vom US-Präsidenten Donald Trump – immer härter gegen Minderheiten und Nichtregierungsorganisationen vorgeht. 

    Oder werden sämtliche EU-Zahlungen an Ungarn eingefroren?

    26 EU-Abgeordnete riefen erst vergangene Woche in einem fraktionsübergreifenden Brief die EU-Kommission auf, „sämtliche EU-Zahlungen an Ungarn umgehend einzufrieren“. Kein weiterer Euro dürfe „in ein Regime fließen, das Demokratie und Grundrechte offen demontiert“, sagte der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund. Darüber hinaus verlangte er den Entzug des Stimmrechts. Die EU müsse deutlich machen, „dass sie auf der Seite der Ungarn steht – und nicht auf jener der korrupten und autokratischen Orban-Regierung”.

    Ein Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge kann eingeleitet werden, wenn ein Mitgliedstaat die grundlegenden Werte der Europäischen Union verletzt. Die letzte Stufe – oft als „nukleare Option“ bezeichnet – sieht als äußerste Konsequenz den Entzug der Stimmrechte im Rat vor, was bislang jedoch noch nicht vorkam.

    Worauf wartet die EU-Kommission?

    Die EU-Kommission hatte Ungarn vor einigen Tagen ebenfalls gewarnt - wegen eines geplanten Gesetzes, das die Rechte von Nichtregierungsorganisationen und die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen einschränken könnte. Sollte die Regierung ihr Vorhaben umsetzen, wäre dies „ein schwerwiegender Verstoß gegen Prinzipien und Recht der EU“, erklärte die Behörde. Man werde „nicht zögern, die notwendigen Schritte einzuleiten, wenn dieser Gesetzentwurf verabschiedet wird“. Kritiker werfen der Behörde aber genau das vor.

    Kommt Orbán auch mit dem Verbot der Pride Parade durch? „Er tanzt uns auf der Nase herum“, klagte ein EU-Diplomat. Gleichzeitig habe die Frustration gegenüber Ungarn „massiv zugenommen“, sagte ein anderer Brüsseler Beamter. Der Ärger rührt vorneweg von der Blockadehaltung Budapests, wenn es um die Genehmigung für Hilfen für die Ukraine geht.

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