Manchmal muss man in die Ferne blicken, um das Naheliegende nicht zu übersehen. Betrachten wir also den Zustand der Meinungs- und Pressefreiheit und den des Mediensystems in den USA: Es ist ein Blick in einen Abgrund aus Polemik, Propaganda und Polarisierung. Zu besichtigen ist eine Realität, in der die gezielte Demontage des seriösen Journalismus sowie die Ausbreitung von „Nachrichtenwüsten“ durch massives Zeitungssterben Fakt ist. Unter anderem.
Mit Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident kann die Welt beobachten, wie mit Tesla-Model-S-artiger Beschleunigung aus einer Demokratie eine Autokratie wird, und zwar in den USA nicht anders als andernorts: Am Anfang steht die Aus- und Gleichschaltung unabhängiger Medien und der Versuch, sich der Sprache zu bemächtigen. Nicht von ungefähr hat Trump den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umbenannt und untersagt Ministerien und Behörden die Verwendung unliebsamer Begriffe. Weil er weiß, dass Sprache unser Denken, Handeln und unsere Realität formt. Der selbst ernannte oberste Meinungsfreiheitskämpfer ist nichts anderes als ein Großzensor.
„Alternative“ Medien arbeiten täglich an der Zersetzung des Staates und seiner Institutionen
Es muss und wird sich hoffentlich nicht bewahrheiten, dass sich in Deutschland zuträgt, was in den USA oft im Extrem geschieht. Doch auch in Deutschland arbeiten „alternative“ Medien täglich an der Zersetzung des Staates und seiner Institutionen. Die Spaltung der Gesellschaft durch Desinformation ist ihr Geschäft. Zu dem gehört – bisweilen exakt nach US-Drehbuch – die Delegitimierung von Medien, die nach (berufs-)ethischen Maßstäben wahrheitsgemäß berichten. Längst aus den USA herüber- und über Deutschland geschwappt sind die Kommunikationsangebote der US-Digitalgiganten. Besonders soziale Netzwerke und Plattformen sind zu Jauchegruben des Diskurses geworden.
Das alles ist bekannt, erforscht, zigfach diskutiert: Diese Formen der Massenkommunikation können in Gesellschaften etwas bewegen, in Richtung Abgrund. Zu stören scheint das hierzulande nicht sonderlich. Zumindest nicht derart, dass es spürbare Folgen hätte. Wie sonst lässt sich erklären, dass „alternative“ Medien inzwischen etabliert und X oder Facebook nach wie vor kaum reguliert sind? Dass Vertreter der in Teilen rechtsextremen AfD ausgerechnet im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der als Antwort auf den des Dritten Reiches konzipiert wurde, immer wieder ungenügend hinterfragt vorkommen? Alles (schon) normal? Schließlich: Wie lässt sich erklären, dass im schwarz-roten Sondierungspapier die Wörter „Medien“, „Presse“, „Journalismus“ nicht auftauchen?
Eigentlich müsste es eines der Hauptanliegen der neuen Regierung sein, seriöse Medien zu stärken
Die Koalitionsverhandlungen gehen nun in die entscheidende Phase. Eigentlich müsste es eines der Hauptanliegen der neuen Regierung sein, seriöse Medien zu stärken. Absichtsbekundungen wie aus dem Koalitionsvertrag der Ampel, aus denen dann nichts folgt, reichen nicht. Die Plattformen müssen dringend wirksam reguliert und die Tech-Giganten mit einer Digitalsteuer angemessen zur Mitfinanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden. Seriöse Medien als Grundpfeiler unserer Demokratie müssen gegen einen unfairen Wettbewerb mit diesen geschützt und gefördert werden. Hebel hierfür gibt es – vom Urheberrecht bis zu einer deutlichen Mehrwertsteuersenkung auf Presseerzeugnisse.
Dass in den vergangenen Jahren medienpolitisch unverständlich wenig passiert ist, ist erschreckend fahrlässig. Ob der Blick in die USA hilft, um endlich zu handeln?
Medien <> Medien. Nachrichten- bzw. Presseagenturen, wie z.B. dpa, reuters sind wohl die einzigen, die die reale Welt abbilden und nicht tendenziös zu beeinflussen versuchen.
Mein Problem ist, dass ich nicht alle dpa- und Reuters-Meldungen zu Gesicht bekomme, sondern andere hierbei für mich die Auswahl treffen. (Gestern z. B. wunderte ich mich, als ich zufällig auf die Meldung stieß, dass Selenskyj schon vor Tagen behauptete, „Putins Tod sei nah“, und zwar in einem Gespräch mit europäischen Journalisten in Paris.) War es versuchte Manipulation durch Unterdrückung einer Nachricht von unseren ach so freien Medien oder lag es an mir, dass ich Selenskyjs Behauptung erst so spät zur Kenntnis nahm? (Von einem schlechten Job der Medien schrieb auch die SZ am 7. Januar 2016 in Zusammenhang mit der Kölner Silvesternacht: „Die Übergriffe des Kölner Mobs [überwiegend Nordafrikaner?] bestimmen Fernsehnachrichten und Schlagzeilen deutschlandweit. Allerdings erst seit Montagabend, vier Tage nach dem Horrorsilvester.“)
Ja mei.. die Medien machen aus allen ihr eigenes Ding , die schlachten alles so aus, dass aus allem ein Monstrum wird.. da ist oft nichts mehr von seriösen, unabhängigen Journalismus übrig. Vor allen kann man sehen wie sie die Politik vor sich hertreiben und die Stimmung der Bürger beeinflussen. Politische Talkshow Illner, Maischberger usw. statt neutral zu moderieren , gibt es viel hätte, könnte, vielleicht, eventuell, oder das Spiel Wahrheit oder Lüge.. Achtet auf das was ihr schreibt, es ist der Anfang von friedlichen Miteinander aber auch von Hass und Hetze.. Für mich waren die Medien lange Zeit immer das zwischen Ding von Politik, Wirtschaft und Bürger, ausgleichend, neutral..
Herr Wirsching, gut dass Sie das Interview mit Herrn Maurer im Kommentar verlinken. Er sagt den wahren Satz, die AfD zu ignorieren, sie nur auszugrenzen und nicht mitdiskutieren zu lassen, hat zur jetzigen Größe der Partei maßgeblich beigetragen. Alle verantwortlichen Politiker machen wie seit 10 Jahren ihren Trott weiter. In wenigen Wochen werden die Umfragewerte die AfD als weit enteilte Partei mit der höchsten Wählergunst melden. Es sei denn, die Verantwortlichen von rot und schwarz ändern umgehend diese derzeit dillettantischen Koalitionsvorbereitungen. In allerspätestens 4 Jahren (aus jetziger Sicht aber wahrscheinlich sehr viel früher) haben wir hierzulande diesen Scherbenhaufen, den sich eigentlich keiner wünscht. Und die Medien sollten endlich beginnen, die Unfähigkeit der AfD dadurch zu entlarven, immer wieder zu fragen was die eigentlich wollen. Momentan reicht denen ein kurzes "Ausländer raus".
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden