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Reise: Wer ist schuld am Flughafen-Chaos?

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Wer ist schuld am Flughafen-Chaos?

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    Reisende vor der Sicherheitskontrolle am Hamburger Flughafen. Das befürchtete Chaos blieb aus.
    Reisende vor der Sicherheitskontrolle am Hamburger Flughafen. Das befürchtete Chaos blieb aus. Foto: Bodo Marks, dpa

    Mit dem Beginn der Haupturlaubszeit sind an vielen deutschen Flughäfen chaotische Zustände ausgebrochen. Entnervte Reisende stehen in scheinbar endlosen Warteschlangen, der Ärger über Flüge, die sich verspäten oder gleich ganz gestrichen werden, wird immer größer. Angesichts der gewaltigen Abfertigungsprobleme hatte die Union im Bundestag von der Regierung gefordert, einen Flughafengipfel einzuberufen. Zwar scheiterte der Antrag am Donnerstag im Bundestag, doch die vorangehende Debatte hatte es in sich. Wer schuld ist an der Misere, da waren sich Politiker fast aller Fraktionen einig: Flughafenbetreiber und Airlines.

    Die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmeke warf ihnen vor, sie hätten während der Corona-Pandemie "trotz Rettungsschirmen viel zu viel Personal abgebaut". Der Fachkräftemangel entstehe vor allem durch schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne. Pascal Meiser von der Linken sagte, angesichts des "Lohndumpings" in der Branche, das die Handschrift von CDU und CSU trage, müsse sich niemand über den Mangel an Arbeitskräften wundern.

    Der Ärger über die Probleme in der Luftfahrt-Branche ist auch bei den Gewerkschaften groß

    Nicht nur im Bundestag ist der Ärger über die Luftfahrtunternehmen groß. Auch Arbeitnehmervertreter sprachen von einem hausgemachten Problem. So habe etwa die größte deutsche Airline Lufthansa während der Pandemie zu viel Personal entlassen, teils mit hohen Abfindungen. Laut der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo müssen nun zu wenige Mitarbeiter am Boden, in der Kabine und im Cockpit die hohe Nachfrage der Passagiere bewältigen. Das bringe die Beschäftigten größtenteils bis zur Belastungsgrenze. Die Lufthansa habe die Pandemie genutzt, um sich zu restrukturieren, sei dabei aber übers Ziel hinausgeschossen, kritisierte die Gewerkschaft.

    Die Lufthansa räumte "Fehler in der Personalstrategie" ein. Für Juli und August hat die Fluglinie mehr als 3000 Flüge gestrichen, um das restliche Programm zu gewährleisten. Konkurrent British Airways will aus dem gleichen Grund bis Ende Oktober sogar mehr als 10.000 weitere Flüge absagen. In der Branche wird damit gerechnet, dass sich die Probleme im Verlauf der Ferienzeit zunächst noch steigern und bis September anhalten werden.

    Wie viele Aushilfen aus der Türkei sind nötig?

    Um dem Flughafen-Chaos Herr zu werden, hatte die Bundesregierung Sonderregelungen zugesagt, mit denen ausländische Aushilfskräfte leichter als üblich angeheuert werden können. Vor allem aus der Türkei wird vorübergehend zusätzliches Personal erwartet, das nach Tarif bezahlt werden soll. Die übliche Prüfung, ob es für die Stellen auch deutsche Bewerber gibt, entfällt nach den Plänen der Bundesregierung in der Notlage, die Sicherheitsüberprüfungen fänden aber statt, so betonten Vertreter der Regierungsparteien.

    Um wie viele Kräfte es gehen soll, ist noch unklar. Die Bundesregierung war nach Gesprächen mit der Branche von rund 2000 Mitarbeitern ausgegangen. Nach Angaben der ABL, des Arbeitgeberverbands der Bodendienstleister, haben die Mitgliedsunternehmen bislang lediglich einen Bedarf von weniger als 1000 Aushilfskräften aus der Türkei angemeldet.

    Ein Flughafen-Mitarbeiter lädt auf dem Vorfeld des Flughafens BER einen Kindersitz auf das Gepäck-Transportband am Flugzeug.
    Ein Flughafen-Mitarbeiter lädt auf dem Vorfeld des Flughafens BER einen Kindersitz auf das Gepäck-Transportband am Flugzeug. Foto: Soeren Stache/dpa-Zentralbild, dpa

    Anja Weisgerber, die verbraucherschutzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, rechnet nicht mit einer schnellen Verbesserung der Situation. "Die Schlangen am Check-in, an der Sicherheitskontrolle und an den Gepäckbändern werden immer länger", sagte sie unserer Redaktion. Um den Reisenden jetzt einen entspannten Start in den Urlaub zu ermöglichen, müssten nun alle Beteiligten einen Beitrag leisten. Die von der Bundesregierung angekündigte Anwerbung türkischer Arbeitskräfte sei zwar gut gemeint, wirke aber viel zu spät. "Die Airlines und ihre Dienstleister sollten prüfen, wie durch kurzfristige Personalumschichtungen zum Beispiel die Gepäckabfertigung beschleunigt werden kann", schlägt sie vor. Von der Bundesregierung fordert die CSU-Politikerin, spätestens bis September ein tragfähiges Konzept vorzulegen, "damit sich solch ein Flughafen-Chaos nicht wiederholt".

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