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Was bedeutet es für die gesetzliche Rente, wenn auch Beamte in die Kasse einzahlen?

Altersversorgung

Hilft es der gesetzlichen Rente, wenn auch Beamte einzahlen?

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    Die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenkasse würde deren Finanzlage nicht unbedingt verbessern.
    Die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenkasse würde deren Finanzlage nicht unbedingt verbessern. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Dass eine neue Bundesregierung Probleme ihrer Vorgängerregierung erbt, ist unvermeidlich. Ob sich die Große Koalition bei der Suche nach Lösungen aber künftig ebenso öffentlich streiten will, wie die Ampel-Koalitionäre, ist zunächst einmal eine Entscheidung der Beteiligten. Die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas hat jedenfalls schon vor der ersten Regierungserklärung ihres Bundeskanzlers einen Pflock eingeschlagen.

    Um das finanzielle Fundament der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren, sollten künftig auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in das System einzahlen, forderte die SPD-Politikerin am Wochenende. Wie sie sich das genau vorstellt, hat Bas bisher nicht ausbuchstabiert. Ob es noch dazu kommt, scheint nach den Reaktionen des Koalitionspartners fraglich.

    Zustimmung zur Rentenreform bekommt Bärbel Bas von der Linken

    Zustimmung bekam Bas in Teilen der AfD und der Linken. Linken-Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner sagte unserer Redaktion: „Die Basis für die Rente zu verbreitern, indem auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige mit einzahlen, das ist ein erster Schritt zu einem Rentensystem für alle.“ Zudem müsse aber die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 8050 Euro verdoppelt werden. „Wer 10.000 Euro im Monat verdient, soll auch für 10.000 Euro Beiträge zahlen. Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnittsniveaus sollen abgeflacht werden“, forderte Schwerdtner.

    Bas selbst ruderte inzwischen zurück. In Berlin sagte sie, ihre Vorschläge bezogen sich auf die Arbeit einer Expertenkommission, die der Bundesregierung bis zur Mitte der Legislatur Vorschläge für eine Reform des Rentensystems unterbreiten soll. Eine Provokation des Koalitionspartners sei nie ihre Absicht gewesen.

    Obwohl die Sicherung der Sozialsysteme zu den drängendsten Aufgaben der neuen Bundesregierung gehört, steht zur Rente erstaunlich wenig Konkretes im Koalitionsvertrag. Von einer „Aktienrente“, wie sie noch die Ampel-Regierung geplant hatte, ist dort keine Rede mehr. Der Staat sollte dafür Vermögen für die Rente am Kapitalmarkt anlegen. Stattdessen bekräftigte Kanzler Friedrich Merz (CDU) auch in seiner ersten Regierungserklärung am Mittwoch das Konzept einer „Frühstart-Rente“: Der Staat soll für jedes Kind vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr zehn Euro monatlich in ein kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen. Ansonsten wird am Status quo nicht gerüttelt.

    Eine Versprechung der Rentenkasse ist fraglich

    Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden, kritisiert das Fehlen konkreter Reformvorschläge: „Die Lösungen liegen alle auf dem Tisch; da braucht man keine neue Kommission. Man kann sich ja nur dafür entscheiden, entweder die Steuer- und Beitragszahler oder die Rentner zu belasten“, sagt er unserer Redaktion. Leider spreche Wählerstimmenkalkül immer dafür, die Rentnergeneration nicht so stark zu beteiligen. Dabei sei sie es, die wegen niedriger Geburtenraten in der Vergangenheit Schuld an der Misere hätte.

    Der Rentenexperte sieht keine Entlastung der Rentenkassen durch eine Einbeziehung der Beamten. Kurzfristig könnten so zwar zusätzliche Einnahmen generiert werden. Langfristig erhöhten sich aber die Ausgaben, nicht zuletzt wegen der statistisch längeren Lebenserwartung von Beamten sowie möglicherweise höherer Gehälter. „Insoweit können damit zwar die zusätzlichen Belastungen der gesetzlichen Rentenversicherung in den 2030er Jahren durch die Verrentung der geburtenstarken Jahrgänge überbrückt werden. 40 bis 45 Jahre später gibt es dann aber zusätzliche Belastungen, also zu einer Zeit, in der der Altenkoeffizient, die Zahl der Rentner in Relation zu jener der Erwerbsfähigen, ohnehin noch einmal steigen wird“, erklärte Ragnitz.

    Viel gewonnen ist damit also nicht. Auch die Umsetzung einer solchen Reform würde wohl kompliziert. Die Versorgung für die Mehrheit der Beamtinnen und Beamten ist nicht auf Bundesebene, sondern auf Länderebene geregelt. Jede Reform würde hier also zu Kostenverschiebungen führen. Würden zunächst nur neue Beamte in die gesetzliche Versicherung aufgenommen, müssen für sie Beiträge gezahlt werden. Teilen sich Staat und Beamte diese Zahlungen, käme das einer Gehaltskürzung der Staatsbediensteten gleich. Bisher zahlen sie keine Beiträge. Die Alternative wäre, dass Bund, Länder und Kommunen neben den laufenden Pensionszahlungen jährlich Milliardensumme an die Rentenkasse überweisen. Das Fazit von Ragnitz: „Das kann man leichter haben, indem man gar nicht erst verbeamtet, sondern gleich nur Tarifangestellte einstellt.“

    Mehr Beschäftigung und weniger Teilzeit bringt mehr

    Bei bereits verbeamteten Personen müsste man eine Aufteilung vornehmen, erklärt Ragnitz: Anwartschaften aus Pensionen bleiben unangetastet, künftige Rentenansprüche gibt es dann nur gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung. Aber auch in diesem Fall sei mit steigenden Ausgaben für den Staat zu rechnen, da die Arbeitnehmervertreter dann sicherlich höhere Gehälter durchsetzen würden.

    Statt die Beamten in die gesetzliche Versicherung zu transferieren, würde Ragnitz an anderer Stelle ansetzen. „Eine bessere Lösung wäre es wohl, für mehr Beschäftigung zu sorgen, also mehr Arbeitskräftezuwanderung und Abbau von Teilzeitarbeit“, sagt er. Das führe zwar später auch zu mehr Ausgaben. Aber heute erhöhe es die Einnahmen und helfe, andere Probleme wie Altersarmut zu lösen.

    Auch die Diskussion um längere Lebensarbeitszeiten sieht er nicht vom Tisch. „Wahrscheinlich die einfachste Lösung wäre es, das Renteneintrittsalter regelgebunden anzuheben, sodass die Relation von Rentenzeit zu Lebensarbeitszeit konstant bleibt. Schwieriger, aber ebenfalls noch zielführend wäre es dann, den Rentenwert für Altrentner nur noch mit der Inflationsrate fortzuschreiben.“

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    5 Kommentare
    John De Vine

    Mich würde mal interessieren wie Österreich die Umstellung geschafft hat, jetzt zahlen ja alle ein. Ja, der Rentenbeitrag ist höher aber dafür muss man sich privat nicht so stark absichern da die Rente höher ist und 14x ausgezahlt wird. Man muss auch 15 statt 5 Jahre einzahlen um Leistungen beziehen zu können aber das sollte zu schaffen sein. Was spricht also dagegen sich das mal genauer anzusehen

    Wolfgang Boeldt

    Mal eine ehrliche Frage: wie lange wird eigentlich ohne Ergebnis über den Zwiespalt gesetzliche Rente - Pensionen - Zusammenführung o.ä. gesprocohen? Sehr, sehr lange. Ich kann mir nur eine sehr disruptive Lösung vorstellen. Man hat es hier mit 2 grundsätzlich verschiedenen Systemen zu tun. Ist da eine Synthese überhaupt möglich. Ich meine: nein. Deswegen (in aller Kürze): Auflösung beider Systeme, Bau eines völlig neuen Systems, Überführung der bis zu einem Stichpunkt erworbenen Anrechte in das neue System, Einzahlung aller in das neue System. Machbar? Ja - aber ein Zeithorizont von mindenstens 10 Jahren scheint erforderlich.

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    Lothar Bock

    Ja, es wäre ein großer Wurf nötig, es findet sich wohl aber keiner, der sich diesen Wurf auch traut.

    Franz Xanter

    Es erscheint immer öfters, dass scheinbar unsere Politikerinnen und Politiker keine Ahnung von der Materie hätten; oder auch, dass keine entsprechenden fachlichen Berater vorhanden wären. Anders ist doch nicht zu erklären, dass solche unsinnigen und nicht verwendbare Vorschläge in die Diskussion gebracht werden. Wenn man schon keine Ahnung hat, sollte man sich entsprechend fachlich beraten lassen! Doch scheinbar ist "im Gespräch zu bleiben" wichtiger als produktive und angepasste Vorschläge.

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    Maria Reichenauer

    Herr Xanter, machen Sie doch mal eine konkrete Aussage, wenn Sie schon so gut überall Bescheid wissen und alle anderen doof sind. Sofort jeden Diskussionsbeitrag ins Absurde zu ziehen führt in der Regel zu keiner Synthese. Wenn der Experte Ragnitz z.B. davon spricht, die Teilzeitarbeit abzubauen, dann müsste er auch sagen, wohin die Kinder sollen, wenn beide Elternteile ganztags arbeiten. Also ist auch ein Experte nicht immer nah an der Realität.

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