Seine elektronische Fußfessel war von der schwarzen Anzughose verdeckt, als Nicolas Sarkozy am Dienstag an der Seite seiner Frau Carla Bruni das Pariser Gerichtsgebäude betrat. Insgesamt ein Jahr lang muss der französische Ex-Präsident sie tragen, weil er wegen der Bestechung eines Justizbeamten verurteilt wurde. Derweil endete gestern ein weiterer Prozess, bei dem ihm wieder eine Haftstrafe droht. Sarkozy sei „kämpferisch“, ließ sein Umfeld vorab der Presse mitteilen.
Vorgeworfen wird ihm, im Wahlkampf 2007 über Mittelsmänner mehrere Millionen Euro vom ehemaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi angenommen zu haben. Demnach erhielt der Diktator diplomatische, juristische und wirtschaftliche Gegenleistungen: Ein Empfang in großem Pomp in Paris, der die Rückkehr des geächteten Diktators auf die internationale Bühne ermöglichte, und milliardenschwere Wirtschaftsverträge.
Auch enge Vertraute von Nicolas Sarkozy stehen vor Gericht
Zwölf Männer standen vor Gericht, unter ihnen auch drei der engsten Vertrauten Sarkozys, die er zu Ministern machte. Drei Monate lang ging es um die zahlreichen Geldflüsse, Überweisungen auf Offshore-Firmen wie auch Bargeld-Transporte in Koffern, die die Ermittler nachverfolgt hatten. Als verdächtig erschien auch, dass Dienstleister und Prämien während Sarkozys Wahlkampagne laut Zeugen bar bezahlt wurden. Der Wahlkampfleiter Claude Guéant soll sogar einen begehbaren Schrank als Safe in einer Pariser Bankfiliale angemietet haben – für die Mengen an Geld? Er selbst sagte vor Gericht, er habe darin Redemanuskripte gelagert.
Verdachtsmomente gibt es viele, doch für Sarkozy kommt es auf die Frage an, ob ihm eine Mitschuld nachgewiesen werden kann. Die Staatsanwaltschaft sah den 70-Jährigen, der zwischen 2007 und 2012 Frankreich regierte, als „den wahrhaftigen Entscheider und Auftraggeber“ eines „Faustischen Korruptionspaktes“ an. Mit diesem wollte er seinen „alles verzehrenden politischen Ehrgeiz“ befriedigen, so der Staatsanwalt Quentin Dandoy.
Die Anklage fordert sieben Jahre Haft
Die Anklage forderte sieben Jahre Haft, eine Geldstrafe von 300.000 Euro und fünf Jahre Unwählbarkeit. Das Urteil wird, wie in Frankreich oft üblich, erst in mehreren Monaten bekannt gegeben. Sarkozys vier Anwälte nutzten den letzten Prozesstag für ein flammendes Plädoyer, um die Richter von der Unschuld ihres Mandanten zu überzeugen.
Ins Visiert der Justiz ist aber auch Carla Bruni geraten. Seit Sommer 2024 wird gegen die Chanson-Sängerin wegen Zeugenbeeinflussung sowie Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung mit dem Ziel des bandenmäßigen Betrugs und der Täuschung von Richtern ermittelt. Der Vorwurf lautet, die 57-Jährige habe ab 2020 eine entscheidende Rolle bei der Operation „Sarko retten“, wie französische Medien sie nennen, gespielt. Gemeinsam mit Michèle Marchand, genannt „Mimi“, die als mächtige Königin der französischen Boulevard-Presse gilt, soll die ehemalige First Lady versucht haben, den Geschäftsmann Ziad Takieddine zu bestechen, um ihn von seiner belastenden Aussage abzubringen. Der Franko-Libanese, der jahrelang Rüstungsverträge zwischen beiden Ländern aushandelte, war im Prozess einer der Hauptbelastungszeugen und ebenfalls angeklagt, hat sich aber in den Libanon abgesetzt. Er gab an, drei Koffer voller Geldscheine von Libyen nach Paris gebracht zu haben. Im Oktober 2020 widerrief Takieddine plötzlich seine Aussagen in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender BFMTV und der Illustrierten Paris Match; später nahm er aber auch das wieder zurück.
Auch die frühere First Lady, Carla Bruni, gerät in den Blick
Marchand wird verdächtigt, sein Interview vor Ort eingefädelt und ihm Geld versprochen zu haben. Von Beirut aus kommunizierte sie mit einer Handynummer, die die Ermittler Bruni zuordnen konnten. Nach mehrmaligem Leugnen gab diese schließlich in einem Verhör zu, dass ihr der Anschluss gehörte – die Polizei habe sie daran „erinnert“. Tatsächlich hatte Bruni ihren Informatiker kurz vor Marchands Reise nach Beirut gebeten, ihr ein Handy mit neuer Nummer zu besorgen. Möglicherweise griff auch der Ex-Präsident darauf zu.
Denn zeitweise gab es auch einen regen Kontakt zwischen dieser Nummer, Mimi Marchand und dem damaligen Redaktionsleiter von Paris Match, Hervé Gattegno. Hinzu kamen hohe Geldzahlungen über einen weiteren Mittelsmann, die laut den Ermittlern möglicherweise für eine Befreiung von al-Gaddafis Sohn Hannibal vorgesehen waren, damit dieser Sarkozy entlaste. Sie flossen im Rahmen eines angeblichen Filmprojektes, das nie zustande kam. Die „Libyen-Affäre“ könnte auch nach dem Urteil gegen ihren Mann noch ein Nachspiel für Bruni haben.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden