Gutverdiener zahlen den Solidaritätszuschlag weiter
Der Bundesfinanzhof hält den Solidaritätszuschlag für rechtens. Aber folgt auch das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dieser Logik?
Es war ein großes Versprechen, das Helmut Kohl den Deutschen gab – nur eingelöst hat er es nie. "Der Solidaritätszuschlag", betonte der Kanzler der Einheit einst, "ist bis Ende 1999 endgültig weg." Inzwischen zahlen zwar die meisten Beschäftigten keinen "Soli" mehr, Besserverdiener und Unternehmen aber darf der Fiskus nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofes nach wie vor zur Kasse bitten. Das höchste deutsche Finanzgericht hat am Mittwoch in München die Klage eines Ehepaares aus Aschaffenburg abgewiesen und den Solidaritätszuschlag in seiner abgespeckten Form für rechtens erklärt. Trotzdem könnte er aber noch in Karlsruhe scheitern.
Der Solidarpakt ist 2019 ausgelaufen
"Im vorliegenden Fall ist das Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags für die Jahre 2020 und 2021 überzeugt", sagte der Präsident des Bundesfinanzhofes, Hans-Josef Thesling. "Eine Ergänzungsabgabe muss nicht von vornherein befristet oder für einen kurzen Zeitraum erhoben werden." Danach hat der Bund schlüssig dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiter einen erhöhten Finanzbedarf verursacht.
Die Kläger dagegen argumentieren, dass der ursprüngliche Zweck des "Soli" entfallen sei, nämlich die Finanzierung des 2019 ausgelaufenen Solidarpakts, mit dem der Aufbau der Infrastruktur in Ostdeutschland finanziert werden sollte. Außerdem verstößt die aktuelle Praxis in ihren Augen gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz, weil nur noch eine Minderheit der Steuerzahler die Abgabe zahlen muss, die große Mehrheit jedoch nicht. Alles in allem bringt der "Soli" dem Bund noch immer rund elf Milliarden Euro im Jahr ein.
Der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, Alois Rainer, sieht Karlsruhe trotzdem in der Pflicht. "Die Verfassungsmäßigkeit des 'Soli' muss letztlich vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden", betonte der CSU-Politiker gegenüber unserer Redaktion. "Hier steht ein Urteil noch aus."
Aus Rainers Sicht wäre es wünschenswert, wenn die Ampel-Koalition den "Soli" von sich aus bald vollständig abschaffen würde – so wie es die Politik immer versprochen habe. In Karlsruhe liegt noch eine Klage der FDP aus dem Sommer 2020, die den "Soli" insgesamt für verfassungswidrig hält. Sollten die Liberalen dort recht bekommen, müsste der Staat möglicherweise alle ab Anfang 2020 geleisteten Zahlungen zurückerstatten. Pikant daran: Als sie die Klage eingereicht hat, saß die FDP noch in der Opposition. Heute stellt sie mit Parteichef Christian Lindner den Finanzminister.
Früher war der "Soli" noch teurer
Der Solidaritätszuschlag wird seit Juli 1991 erhoben und war in dieser Zeit nur für zwei Jahre ausgesetzt. Zunächst hatte er 7,5 Prozent der Steuerschuld betragen, 1998 wurde der Satz auf 5,5 Prozent gesenkt. Seit dem Jahr 2021 bezahlen ihn nur noch die oberen zehn Prozent der Steuerzahler: Beschäftigte oder Selbstständige mit einer Steuerlast von 17.500 Euro und mehr im Jahr bei Alleinstehenden und 35.000 Euro bei Verheirateten. Außerdem verlangt das Finanzamt den "Soli" von Anlegern, die ihren Sparerfreibetrag ausgeschöpft haben, sowie von GmbHs und anderen Körperschaften.
Für viele Betriebe des Handwerks ist der Solidaritätszuschlag nach den Worten ihres Verbandspräsidenten Holger Schwannecke eine zusätzliche Belastung neben der ohnehin hohen Gewinnbesteuerung in Deutschland. Da der "Soli" weiterhin generell auf die Körperschaftsteuer erhoben werde, schulterten die Handwerker sogar den überwiegenden Teil des Gesamtaufkommens. Schwannecke wörtlich: "Das belastet die Betriebe und ihre Inhaberinnen und Inhaber in diesen herausfordernden Zeiten zusätzlich und gehört daher abgeschafft."
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Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs ist ein schwerer Schlag gegen Lindner und seine FDP. Hatte sie sich doch dafür eingesetzt,
auch den Soli für die Großverdiener abzuschaffen. Diese finden genug Mittel und Wege, Steuern zu "sparen" am Fiskus vorbei.
Aber selbst dieser "Einsatz" für die Großverdiener hat sich für die Lindner-FDP nicht gelohnt. Laufen ihr die Wähler doch scharenweise
davon zur Union, sonst würde sich die FDP nicht auf 5-6 % halbiert haben nach 11,5 % bei der Bundestagswahl vor gut einem Jahr.
Nach unserem Wahlsystem ist es auch völlig egal, wieviel Prozentpunkte eine Partei erhält. Wir wählen ja nicht die Regierungsmitglieder, sondern geben nur ein Votum ab, welcher Werbespot uns gefallen hat!