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Neue Regierung aus Union und SPD? Migrationspolitik ist die Sollbruchstelle

Sondierungen

Die Migrationspolitik ist die Sollbruchstelle zwischen Union und SPD

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    Die Migrationspolitik spaltet nicht nur das Land, sondern bedeutet auch für die künftige Regierung eine gewaltige Herausforderung. Denn: Die Positionen sind sehr unterschiedlich.
    Die Migrationspolitik spaltet nicht nur das Land, sondern bedeutet auch für die künftige Regierung eine gewaltige Herausforderung. Denn: Die Positionen sind sehr unterschiedlich. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Der altvordere Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte einst, die Migration sei die „Mutter aller Probleme“. Das war noch nie richtig, es sei denn, es geht um die Sondierungen zwischen Union und SPD. Da könnte der Satz noch wahrer werden, als es der regierungsfreudigen Union lieb sein dürfte. Sich auf Rekordschulden zu einigen, ist das eine, aber wenn es um die Begrenzung von Zuwanderung geht, waren die Konfliktlinien zwischen den Vielleicht-Bald-Koalitionären jedenfalls scharf gezogen. Ob das immer noch so ist, muss sich zeigen.

    Zwar könnte es am Wochenende gelingen, Lösungen für das wohl schwierigste Streitthema zu finden und so den Weg für tatsächliche Koalitionsverhandlungen frei zu machen. CSU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigte sich am Freitag in einer Verhandlungspause zumindest zuversichtlich, dass bis Sonntag eine Einigung machbar sei. Allerdings hatten sich im Vorfeld die Verhandler hart gegeben. Beziehungsweise „aufgemuskelt“ wie SPD-Chefin Saskia Esken es nannte. Zumal: CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz steht wegen seiner, naja, 170-Grad-Drehung bei der Schuldenbremse parteiintern unter Druck.

    Friedrich Merz steht in der Union unter Druck

    Zur Ausgangslage: Merz hatte im Wahlkampf nach dem tödlichen Anschlag von Aschaffenburg gesagt, er wolle am ersten Tag einer Amtszeit als Kanzler das Bundesinnenministerium mittels seiner Richtlinienkompetenz anweisen, „ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurückzuweisen“. Wenig später hatte er im Bundestag billigend in Kauf genommen, dass die AfD zweimal mit der Union stimmte. Zuletzt beim sogenannten „Zustrombegrenzungsgesetz“. Ob Merz damit nur taktisch geschickt Handlungsstärke markiert hatte (die Abstimmung verlor er), um der in Teilen rechtsextremen AfD bei Migrationsfragen nicht schon wieder die Deutungshoheit zu überlassen, war mehr als umstritten. Grüne und SPD warfen ihm vor, die „Brandmauer“ damit vollkommen unnötig zum Einsturz gebracht zu haben. Hatte sich der Wahlkampf vorher auf Wirtschaftsthemen konzentriert, drehte er ab dem Zeitpunkt voll auf das hart polarisierende Thema Migration. Nun wollen (und müssen) Union und Sozialdemokraten trotzdem zusammen regieren. Falls eine Einigung gelingt.

    Denn die SPD sieht für die von Merz propagierten umfassenden Zurückweisungen, die auch Asylbewerber einschließen würden, europarechtliche Hindernisse. Lars Klingbeil, Co-Chef der SPD, hatte bei „Maischberger“ erklärt, die SPD werde keine faktischen Grenzschließungen mitmachen. CSU-Chef Söder wiederum hatte einen härteren Asylkurs zur Bedingung für die Bildung einer Bundesregierung gemacht. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (SPD), klang konstruktiver. Sie sagte: „Migration ist ein wichtiges Thema und alle wissen, dass es so wie es ist, auch nicht bleiben kann.“ Auch der diplomatischen Tönen eigentlich unverdächtige CSU-Landesgruppen-Chef Alexander Dobrindt gab sich zielorientiert, wollte Klingbeils rote Linien nicht kommentieren und sagte, beide Seiten würden auch bei diesem schwierigen Thema vorankommen. Dies sei anspruchsvoll, aber es gebe eine große Bereitschaft zur Verständigung. „Es braucht allerdings auch seine Zeit.“

    Annäherungen sind noch lange keine Einigungen

    TableMedia hatte am Freitag unter Berufung auf Verhandlungskreise jedenfalls berichtet, es gebe Annäherungen bei diesen Punkten: Dauerhafte Grenzkontrollen, mehr Befugnisse für die Bundespolizei, generell mehr Polizisten, ferner eine Ausweitung des Ausreisgewahrsams für Straftäter, außerdem die Verringerung von Klagemöglichkeiten gegen Abschiebungen, dann eine „sehr ernsthafte“ Prüfung der umstrittenen sogenannten Drittstaatenvefahren und schließlich die Ausweitung der Zahl sicherer Herkunftsstaaten. Merz will, so berichtet TableMedia weiter, die Kosten und also die Zahl der Aufgenommenen senken. Dazu beitragen soll ein Stopp beim Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige.

    Annäherungen sind aber noch lange keine Einigungen. Saskia Esken warnte jedenfalls vorsorglich schon mal davor, die Sondierungen bereits als Teil der Koalitionsverhandlungen zu sehen. Dies müsse man „fein auseinanderhalten“. Zunächst gehe es darum auszuloten, welche Möglichkeiten es gebe, um das notwendige Vertrauen zu finden, um dann in die Tiefe der Themen zu gehen und über vier Jahre zusammenzuarbeiten. „Das ist ganz entscheidend, dass man sich dessen vergewissert, bevor man anfängt, über die Spiegelstriche und die Kommastellen in den Gesetzentwürfen zu sprechen“. (mit dpa)

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