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SPD will AfD-Verbot einleiten

Kommentar

SPD will AfD-Verbot einleiten – doch schwieriger wird, die Menschen zurückzugewinnen

Stefan Lange
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    Die SPD-Vorsitzenden Klingbeil und Bas applaudieren beim Parteitag nach der Abstimmung über die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens.
    Die SPD-Vorsitzenden Klingbeil und Bas applaudieren beim Parteitag nach der Abstimmung über die Vorbereitung eines AfD-Verbotsverfahrens. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Als die Parteitagsleitung die Abstimmung über den „Initiativantrag 01“ einleitete, konnte es den 600 SPD-Delegierten in der Berliner Messe gar nicht schnell genug gehen. Kaum war um das Kartenzeichen gebeten worden, flogen die Arme in die Höhe. Ein kurzer Blick reichte: Der Antrag zur Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens hatte eine deutliche Mehrheit. Womöglich erlebten die Delegierten damit gerade einen historischen Moment. Debatten und Anläufe für ein Verbot der Rechtspartei hat es schon viele gegeben. Doch nun entschließt sich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands 162 Jahre nach ihrer Gründung zu einem solchen Schritt. Es könnte der Anfang vom Ende der AfD sein.

    Ob es dazu kommt, wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Eine Partei kann nicht nur deshalb verboten werden, weil sie eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Sie muss diese Haltung auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen wollen. Im Fall der AfD sollten sich die Karlsruher Richterinnen und Richter für ihre Urteilsbegründung eine Aufzeichnung der SPD-Parteitagsdebatte anschauen.

    AfD blockiert Richterwahl

    Der thüringische Innenminister Georg Maier etwa berichtete darüber, dass die AfD in seinem Bundesland über eine Sperrminorität verfügt und den Richterwahlausschuss blockiert. In der Folge sind rund 30 Stellen für Richterinnen und Staatsanwälte unbesetzt. Das sei nur der Anfang, machte der SPD-Politiker deutlich. Die Partei habe erst damit begonnen, die Demokratie zu beseitigen.

    War ein NPD-Verbotsverfahren zuletzt daran gescheitert, dass Karlsruhe der Partei nicht die nötige „Potentialität“ zubilligte, so kann das für die AfD niemand behaupten. Sie ist groß, sie ist wirkmächtig. Ihre Ziele verfolgt sie planvoll und aggressiv, das lässt sich regelmäßig im Bundestag und in den Landesparlamenten beobachten. Diese und andere Argumente will die SPD jetzt in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammentragen. Sobald ausreichend Belege zusammen sind, soll ein Verbotsverfahren „unverzüglich“ eingeleitet werden. Allein kann die Partei das nicht. Sie braucht dafür eine Mehrheit in Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung – muss also mindestens die Union überzeugen.

    Jetzt gilt es: Die Menschen überzeugen

    Neben den Argumenten zeigte die Betroffenheit der Vortragenden, wie dringlich die Einleitung eines erfolgversprechenden AfD-Verbotsverfahrens ist. Eine jüngere Delegierte schlug den Bogen von der Nazi-Diktatur zum Hier und Heute. Ihre Großeltern hätten sich, erklärte sie, nie und nimmer vorstellen können, dass ihre Enkelin auf einem SPD-Parteitag für die Untersagung einer rechtsextremen Partei eintreten müsse.

    In der Weimarer Republik galt, dass die Demokratie, wenn sie sich selbst treu bleiben wolle, auch eine Partei dulden müsse, die ihre Vernichtung betreibe – wenn diese denn nur von ausreichend vielen Menschen gewählt wurde. Das Ergebnis ist bekannt. Die Nazis nutzten Lücken in der Verfassung aus und schafften sie am Ende ab. Die Parallelen zum Vorgehen der AfD sind unverkennbar. Demokratie ist nicht selbstverständlich, sie muss immer wieder verteidigt werden.

    Die SPD hat dabei den womöglich wichtigsten Aspekt nicht vergessen. Sie will nicht nur verbieten, sie will „die Menschen zurückgewinnen“. So steht es im Titel des Initiativantrags und in seiner Begründung. Gemeint sind die vielen AfD-Wähler, die nicht Neonazis und Rechtsextreme sind. Sie zum Umdenken zu bewegen, dürfte der schwierigste Teil der Unternehmung werden. Erste Pflöcke wurden auf dem Parteitag eingeschlagen, daraus müssen bis zu den nächsten Wahlen massive Leitplanken werden.

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    5 Kommentare
    Martin Hofmann

    Die AfD hätte schon längst von sich aus das Verbotsverfahren einleiten sollen, dann wäre der Spuk schon vorbei. Kein Gericht der Welt kann diese Partei verbieten , warum auch? Dann hätten die Grünen und die Linken schon lange verboten werden müssen. Also wieder mal alles nur heiße Luft, also sinnloses Bla Bla.

    Franz Xanter

    Man darf bei den Betrachtungen allerdings zwei gravierende Punkte nicht vergessen: Wann und warum wurde die AfD gegründet und wie hat sie sich entwickelt? Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung mit den Entscheidungen der Politik, der Politikerinnen und Politiker sowie die Ansicht, dass diese Bevölkerungsteile durch die Politik - die Politiker/-innen - nicht ernst genommen würden. Und bis heute hat sich keine gravierende notwendige Politikänderung eingefunden. Was sollte folglich ein Verbot der AfD bringen? Würden die "freiwerdenden" Wähler zustimmend die derzeitig etablierten wählen? Sicherlich nicht, den der Ausgangspunkt wäre ja nach wie vor nicht geändert!

    Thomas Faßnacht

    Eine "ungeliebte Partei soll ohne eigenes Zutun verboten werden, weil man scheinbar glaubt, dass damit die Probleme erledigt wären?". Nein und nein! Es ist schliesslich das "Zutun" das der Grund für das Ganze ist: Wenn die Partei als Ganzes nicht eine verfassungsfeindliche Haltung vertreten würde und diese in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen wollte - und wenn sie nicht so ge- bzw. beliebt wäre, sprich so oft gewählt würde, dass sie es auch schaffen könnte, dann müsste - und könnte! - man sie gar nicht verbieten. Und so naiv dass der Spuk dann komplett vorbei ist wird wohl niemand sein - die Denkweise der Menschen welche die AFD gewählt haben verschwinden ja nicht auf magische Weise.

    Willi Dietrich

    Die Meinung von F.Xanter kann ich nicht teilen. Denn weder Kanzler Scholz noch Kanzler Merz konnten durch ihre Politik erreichen, dass die AfD wenigstens halbiert wurde ( wie Merz glaubte ), sondern weiterhin mit 23 % "extrem" stabil bleibt und in Ostdeutschland die 30 % -Grenze erreicht hat. Die große Mehrheit der AfD-Wähler ist weder durch Argumente noch durch einen wirtschaftliche Aufschwung zu überzeugen. Viele Anhänger der AfD fühlen sich abgehängt, weil sie in Armut leben und in ihrer Not nur noch den "Ausweg AfD" sehen.

    Franz Xanter

    Alles, was hiermit im Zusammenhang stehen mag, wie im Kommentar dargelegt, soll jetzt durch eine andere Stelle verboten werden; d.h. die initiierende ungeliebte Partei soll ohne eigenes Zutun verboten werden, weil man scheinbar glaubt, dass damit die Probleme erledigt wären. Oberflächlich ja, denn hemmende Einsprüche wären damit erst einmal vom Tisch. Jedoch scheint man bewusst (?) zu vernachlässigen, dass die Stimmung in der Wählerschaft damit keineswegs "weg" wäre. Im Gegenteil. Nur durch konstruktive und erforderliche Politik, welche in den letzten Jahren, Jahrzehnten, fehlte, kann der Wähler wiedergewonnen werden. Was sich ansonsten bei der Wählerklientel tun könnte, möchte ich mir nicht ausmalen.

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