„Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken.“ In der häufig verklausulierten Sprache der Politik ragt dieser Satz aus dem Koalitionsvertrag durch seine bestechende Klarheit heraus. Obwohl sich Union und SPD in ihrer Arbeitsgrundlage darauf verständigt haben und es sich um ein Versprechen beider Seiten aus dem Wahlkampf handelt, wackelt die Steuersenkung schon bevor die neue Koalition richtig losgelegt hat. Doppelt versprochen und trotzdem gebrochen? Der Überblick über die Irritationen bei der Einkommensteuer.
Woher rührt die Verunsicherung?
Es war der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) höchstselbst, der ein Fragezeichen hinter die Steuersenkung setzte. Sowohl im Interview mit der Bild am Sonntag als auch im Fernsehstudio bei Caren Miosga weichte er die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf. „Wir haben alles, was wir machen, unter Finanzierungsvorbehalt gestellt“, sagte Merz bei Miosga. Das heißt, nur wenn es Spielraum im Etat gibt, können die Steuerzahler entlastet werden. „Das wollen wir erreichen. Aber wir machen keine Versprechungen, die wir nicht erfüllen können.“ Der CDU-Vorsitzende wies darauf hin, dass eine niedrigere Einkommensteuer dem Staat Einnahmeverluste in zweistelliger Milliardenhöhe bescheren würde. Außerdem müssten die Länder im Bundesrat zustimmen, weil ihnen ein Anteil des Aufkommens zusteht, genau wie den Kommunen.
SPD-Chefin Saskia Esken hatte vor wenigen Tagen auf die Einnahmeverluste abgestellt und eine alte Forderung ihrer Partei wieder aufgewärmt. „Wenn in sich eine Einkommensteuerreform aufkommensneutral sein soll, dann muss auch bei den hohen Einkommen mehr geholt werden“, meinte Esken. Dazu habe es bisher zwar keine Einigung zwischen CDU/CSU und SPD. Beide würden aber die angestrebte Reform „gemeinsam entwickeln müssen“, so die 63-Jährige.
An der Forderung der SPD nach höheren Steuern für Gutverdiener waren die Koalitionsverhandlungen beinahe auf den letzten Metern gescheitert. Der Streit um das Steuerkonzept ist also bestenfalls aufgeschoben, nicht aber aufgehoben. Bei Miosga stellte Merz zum Leidwesen der Wirtschaft auch die Senkung der Körperschaftsteuer infrage, weil auch das unter den Finanzierungsvorbehalt des Koalitionsvertrages fällt. Die Körperschaftsteuer fällt für Kapitalgesellschaften wie GmbHs oder Aktiengesellschaften an. Niedrigere Steuern für Unternehmen waren ein zentrales Element der von CDU und CSU ausgerufenen Wirtschaftswende.

Um welche Fehlbeträge handelt es sich?
Die Besserstellung der Steuerzahler entspricht spiegelbildlich den wegbrechenden Einnahmen für den Fiskus. Nach Berechnungen des Steuerökonomen Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) würden dem Finanzminister elf Milliarden Euro in der Kasse fehlen, wenn kleinere und mittlere Einkommen nach dem SPD-Vorschlag bei der Einkommensteuer entlastet würden. „Wirksame Entlastungen der arbeitenden Mitte sind sehr teuer. Die Masse füllt die Kasse“, sagte Bach unserer Redaktion. Der Steuerexperte verweist auf das Dilemma, vor dem die Politik steht. Wer Klein- und Normalverdienern mehr Netto vom Brutto lassen will, der stellt automatisch Gutverdiener besser. Warum ist das so? Wird zum Beispiel der steuerfreie Grundfreibetrag (derzeit 12.096 Euro jährlich) angehoben, kommt das allen Steuerzahlern – arm und reich – zugute. Gleiches gilt für die Anpassung der verschiedenen Tarifstufen der Einkommensteuer. Wird unten weniger kassiert, profitieren davon auch die oberen. Schwarz-Rot müsste also den Gutverdienern in der Spitze mehr abnehmen, um die Einnahmeverluste zu begrenzen. „Das ist das Dilemma von Merz. Wenn man Steuererhöhungen für Gutverdiener generell ausschließt, dann gibt es keine Entlastungen in der Breite“, meinte Bach. Er rief den CDU-Vorsitzenden auf, sich von der Festlegung auf keine Steuererhöhungen zu lösen. „Die Union hat sich ideologisch eingegraben.“

Was sagt der Steuerzahlerbund?
Schwere Kritik an Merz kam vom Bund der Steuerzahler. „Worauf kann man noch vertrauen? Wenn CDU-Chef Friedrich Merz das im Koalitionsvertrag angekündigte Wahlversprechen zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen jetzt infrage stellt, sorgt das für Verunsicherung, Verärgerung und zementiert den Vertrauensverlust gerade gegenüber der Union“, sagte Verbandschef Reiner Holznagel unserer Redaktion. Die Steuerbelastung für breite Bevölkerungsschichten sei „viel zu hoch“. Die Senkung der Einkommensteuer „wäre ein überfälliges Signal –Zögern und Taktieren sind hier fehl am Platz“, betonte er.
Dass Black Rock Merz keine Politik für Klein-und Normalverdiener, sondernn für die Besserverdiener macht, war doch klar.
Dann müssen aber auch die Aussagen: „Keine Steuererhöhungen und keine neuen Steuern (Vermögenssteuer) unter den Finanzierungsvorbehalt gestellt werden. Das heißt, wenn aus finanziellen Gründen keine Steuersenkungen für Geringverdiener möglich sind, müssen weitere Einnahmequellen erschlossen werden. Alles andere wäre verlogen 🤔😢
Die privaten Haushalte in Deutschland besitzen ein Geldvermögen von etwa 9 Billione €. Braucht es da wirklich eine Entlastung? Viel wichtiger ist doch die Unterstützung der Ukraine, loder? =:)))))
„1000 Prozent“ Zustimmung erhielt Trump von Selenskyj 2019. („Der ukrainische Präsident Selenskyj biedert sich bei US-Präsident Trump an – und beleidigt die Bundesregierung“, schrieb damals der SPIEGEL.) Und Herr Böldt, mindestens den gleichen Zustimmungswert hat ihr Leserkommentar verdient. (Ohne dass ich genau weiß, wo denn das „Geldvermögen von etwa 9 Billionen €“ liegt.) Allerdings habe ich gestern ein ntv-Video mit einer Lagebeurteilung durch Oberst a. D. Richter gesehen. Die Sicht des Brigadegenerals hat mich in meiner Vermutung bestärkt: Es geht wohl weniger um die Ukraine, sondern mehr um die Aktienkurse der Rüstungskonzerne, wo man sich mit Kurssteigerungen von mehr als „1000 Prozent“ offensichtlich nicht zufriedengeben will.
Wenn man das Geldsystem verstanden hat, wundert man sich über nichts mehr. Wirtschaftswachstum funktioniert nur mit Schuldenaufnahme. Diese Schulden werden nie wieder vollständig zurückgezahlt. Nur durch ständige Geldentwertung kann ein Platzen der Schuldenblase verhindert werden. Um einer Verarmung der Bevölkerung vorzubeugen, müssen die Gehälter regelmäßig angehoben werden. Die staatliche Infrastruktur, die heute hohe Gewinne erwirtschaften könnte, hat ja bereits das Kabinett Kohl vor über 30 Jahren verschleudert. Es fragt sich nur, wann der Kipppunkt erreicht ist, wenn die Einnahmen nicht mehr ausreichen, um den Schuldendienst zu leisten bzw. einen ordentlichen Staatshaushalt aufrecht zu erhalten.
Da steht Kohl aber nicht alleine da. Den Bürgern die Wahrheit über die Finanzlage verschwiegen haben auch andere. Ich meine mich da z. B. an einen Dortmunder OB zu erinnern (kein CDU-Mann). Die Realität verschleiern beim Bund nicht nur die Sondervermögen, sondern auch die Zweckgemeinschaften zwischen der öffentlichen Hand und Unternehmen der Privatwirtschaft (ÖPP bzw. englisch PPP) bei Bundesautobahnen (oder wo auch immer). Ähnlich bei den Kommunen: Ganz besonders gefährlich wurde es da vor mehr als 20 Jahren, als immer mehr Kommunalpolitiker meinten, sie könnten ihre aktuellen Finanzprobleme durch Bargeldzuflüsse aus dem amerikanischen Steuertopf lösen (vgl. hierzu Arbeitspapier Nr. 31 der Uni-Leipzig zu „Cross Border Leasing: Eine finanzwissenschaftliche Analyse“ vom September 2004).
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