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Trumps Zoll-Politik: Bauern kämpfen ums Überleben

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Trumps Zoll-Politik: Der Präsident legt sich mit den Farmern an

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    Landwirt Travis Dixon sagt: „Es kann sein, dass wir das nicht überleben.“
    Landwirt Travis Dixon sagt: „Es kann sein, dass wir das nicht überleben.“ Foto: Sebastian Moll

    Die lange Schotterstraße zur Farm von Travis Dixon führt durch eine scheinbar endlose Mondlandschaft. Meile um Meile fährt man durch umgepflügte Äcker, die fruchtbare Erde des Bauernstaates Missouri im Mittleren Westen der USA wird für neues Saatgut vorbereitet. In ein paar Wochen werden hier mannshoch Weizen und Korn stehen, Sojapflanzen wuchern.

    Es ist gerade einmal acht Uhr früh, doch Dixon ist schon seit Stunden auf den Beinen. Seine Cowboystiefel und Jeans sind mit Dreck überzogen. Der Mann mit dem dichten roten Bart wischt sich die Hände am Hemd ab. „Wir mussten das Saatgut raushauen, bevor der Regen kommt“, sagt er und schaut besorgt in den dunklen Himmel. Doch es ist nicht nur das Wetter, das ihm Sorgen macht. Diese Monate sind für Dixon, wie für viele Bauern, eine schwierige Zeit. Er hat viel Geld ausgegeben für Saatgut, für Düngemittel, für Pflanzenschutz, ganz zu schweigen von der Arbeitszeit. „Es vergeht um diese Jahreszeit kein Tag, an dem ich nicht einen Scheck über 1000 Dollar ausstelle“, sagt er. Ob er das je wieder reinholt, steht in den Sternen. Was der Markt im Herbst hergibt, ist unmöglich zu sagen, und nun, da Donald Trump einen globalen Handelskrieg angezettelt hat, der die Landwirtschaft besonders hart zu treffen droht, sind die Dinge noch weitaus ungewisser.

    Man braucht viel Land, um einen vernünftigen Ertrag zu erzielen

    Missouri ist hinter Texas der Bundesstaat mit der zweitgrößten Zahl an Bauern in den USA. Doch kleinteilige Landwirtschaft ist nicht mehr wirtschaftlich, man braucht viel Land, um einen vernünftigen Ertrag zu erzielen. Dixon hat sich über die Jahre rund 1000 Hektar zusammengekauft. Rund 91 Prozent der US-Landwirtschaftsbetriebe sind, wie der seine, Familienbetriebe. Seit mehr als zehn Jahren aber wird es immer schwieriger, sie am Leben zu erhalten. Die Kosten steigen unaufhörlich, die Preise für Landwirtschaftsprodukte, abgesehen von Fleisch, dagegen nicht. Zwischen 2012 und 2022 sind in den USA knapp 400.000 Bauernhöfe zugrunde gegangen. In Missouri, wo 87.000 Betriebe jährlich 14 Milliarden Dollar erwirtschaften, schreitet das Höfe-Sterben in höherem Tempo voran als anderswo in den USA. 7,8 Prozent weniger Bauernhöfe gibt es hier pro Jahr, im US-Durchschnitt sind es 6,9.

    Es ist insbesondere der globale Agrarmarkt, der zum Preisverfall führt – ein Prozess, den Trump glaubt, wieder rückgängig machen zu können. Gleichzeitig ist die Produktion durch moderne Maschinen billiger geworden. Das allerdings rechnet sich jedoch eben erst ab einer bestimmten Fläche. Und bei den aktuellen Landpreisen können Familienbetriebe mit Agrarkonzernen nicht mithalten.

    Travis Dixon hat es geschafft, bislang. Doch der neue Handelskrieg macht ihn extrem nervös. „Die Hälfte meiner Düngemittel kommt aus China“, erklärt er. „Die Reifen für meine Traktoren kommen aus Taiwan.“ Und seine Sojabohnen, die er an einen regionalen Vertrieb verkauft, werden den Mississippi hinunter und dann nach Übersee verschifft. „Es kann sein, dass wir das nicht überleben“, sagt Dixon. Wenn die Preise für Importartikel wie Düngemittel noch weiter steigen und gleichzeitig die Absatzmärkte für die Produkte verschwinden, könnte das für ihn und viele andere Farmer das Aus bedeuten.

    Die Vereinigung amerikanischer Bauern warnt vor steigenden Zöllen

    Die Folgen von Trumps Politik im Agrarsektor sind dabei jetzt schon zu spüren. Der US-Präsident hat zwar die Mehrheit seiner Schutzzölle bis Juli ausgesetzt. Die globalen Einfuhrzölle von zehn Prozent auf alle Güter sind aber seit April in Kraft. Und für Importe aus China hat Trump die Zölle nicht ausgesetzt – sie werden mit 125 Prozent belegt. Deshalb liegen die Bestellungen für US-Getreide im Jahr 2025 bereits unter dem Vorjahresniveau. China weicht mit seinen Exporten an Düngemitteln und Saatgut wie schon beim letzten Handelskrieg nach Brasilien und Argentinien aus, was die Preise in den USA in die Höhe treibt. Und Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen melden niedrigere Verkäufe, weil die US-Bauern mit ihren Ausgaben vorsichtig sind.

    Die Vereinigung amerikanischer Bauern hat daher gewarnt, dass „steigende Zölle das wirtschaftliche Überleben amerikanischer Bauern bedrohen“. Man bittet die Regierung dringend, „die Handelsuneinigkeiten rasch zu beseitigen, damit die amerikanischen Bauern nicht in die Schusslinie eines globalen Handelskrieges geraten“. Umso erstaunlicher wirkt es, dass Dixon seine Wahlentscheidung für Donald Trump nicht bereut. „Ja“, sagt er, „der letzte Handelskrieg, den Trump angezettelt hat, ist schlimm gewesen für die Bauern“. Aber es müsse sich doch irgendetwas ändern, damit Betriebe wie seiner langfristig überleben könnten. Er hofft, „dass wir nach einem Tief endlich von billigem Chinagetreide unabhängig werden“. Wenn das erreicht würde, wäre er auch dazu bereit, dafür Opfer zu bringen.

    Trump verspricht, die Lebensweise der amerikanischen Bauern zu erhalten. „Ich liebe meine Bauern“, sagt er immer wieder zu dieser treuen Wählergruppe, die ihm 2024 zum zweiten Mal zu 70 Prozent ihre Stimmen gab. Gerade versucht er, im Rahmen eines Mega-Gesetzes im Kongress 60 Milliarden Dollar für die Bauern herauszuschlagen – Geld für Preisgarantien und Ernteversicherungen, das die Landwirtschaft zumindest vorübergehend vor den möglichen Folgen seines Handelskrieges schützen soll. Von den Demokraten fühlen sich die Bauern, so hört man es vielfach von ihnen, hingegen gegängelt und schutzlos einem gnadenlosen Globalkapitalismus ausgeliefert. Auch wenn die Biden-Regierung zehn Milliarden Dollar an Subventionen für die Bauern bewilligte, die ihnen noch in diesem Jahr über die Runden helfen werden.

    Fallen die Farmer auf die Propaganda der Republikaner und Donald Trumps herein?

    Subventionen möchten die stolzen Bauern von Missouri allerdings nach Möglichkeit nicht in Anspruch nehmen. Heith Meyer etwa geht die Hutschnur hoch, wenn er das Wort „Regierung“ nur hört. „Wenn du mich fragst, kann mir die Politik insgesamt gestohlen bleiben“, sagt der Mann, der zusammen mit seinem Bruder in der Nähe von Fayette, knapp hundert Kilometer westlich von Dixons Farm, rund 800 Hektar bewirtschaftet. Meyer kehrt an diesem Tag von seinen Maisfeldern zurück. Er ist braun gebrannt und athletisch. Er spricht, wie fast alle hier, einen breiten „Twang“, jenen Südstaaten-Sing-Sang, den die Städter aus dem Nordosten mit Hinterwäldlertum in Verbindung bringen.

    Doch wie schon Dixon entspricht auch Meyer nicht dem Klischee des ignoranten Provinzlers, der aus Dummheit auf die Propaganda der Republikaner und Donald Trumps hereinfällt. Er sieht Trump als das geringere Übel eines kaputten Systems, von dem er nicht viel erwartet. Die Rhetorik der Republikaner, die Regierung aus den Geschäften der Leute herauszuhalten, gefällt ihm jedoch, die Ideologie der Freiheit und Unabhängigkeit hat überdies in Missouri eine lange Tradition. Das geplante Hilfspaket von Trump steht dazu nicht im Widerspruch, das sei ja keine Subvention, sondern eine kurzfristige Korrektur, meint Meyer.

    Dass der Landwirtschaftsstaat Missouri mehrheitlich republikanisch wählt, liegt also nicht allein an den Versprechen von Trump. Die kulturellen und historischen Gründe reichen viel weiter in die Vergangenheit. Missouri gehörte praktisch seit dem Ende des Bürgerkriegs zum „Solid South“, dem soliden Block an Südstaaten, auf den die demokratische Partei sich stets verlassen konnte. Als Richard Nixon zu Beginn der 1970er-Jahre dann Präsident wurde, indem er die konservativen weißen Wähler für sich gewann, wechselte Missouri dauerhaft ins republikanische Lager. Nur, als mit Bill Clinton ein Südstaatler für die Demokraten antrat, wählte Missouri noch einmal die Demokraten.

    Am Ende dieser Reise klingt vor allem ein Satz von Travis Dixon nach: „Wir sind doch nur Familien, die versuchen, über die Runden zu kommen.“ Wie lange das noch klappt? Das Versprechen, ein paar einfache Maßnahmen würden genügen, wirkt zweifelhaft. Gleich, von wem es kommt. Auch wenn viele Menschen in Missouri es wohl gerne glauben würden.

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