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Türkei: Mesut Özil soll Erdoğan zur Wiederwahl verhelfen

Türkei

Mesut Özil soll Erdoğan zur Wiederwahl verhelfen

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    Mesut Özil (Mitte) mit Recep Tayyip Erdogan und dessen Frau Emine.
    Mesut Özil (Mitte) mit Recep Tayyip Erdogan und dessen Frau Emine. Foto: Sebastian Christoph Gollnow, dpa

    Mesut Özil ist seit Jahren ein Fan von Recep Tayyip Erdoğan. Ein Foto des deutschen Fußball-Weltmeisters mit dem türkischen Präsidenten empörte 2018 viele Deutsche, ein Jahr später war Erdoğan Trauzeuge bei Özils Hochzeit in Istanbul. Jetzt hat Erdoğan den 36-jährigen Özil in den Vorstand seiner Regierungspartei AKP geholt. Özil soll Jungwähler, Auslandstürken und Nationalisten für die AKP gewinnen, um Erdoğan die Wiederwahl zu sichern. Der Schritt in die Politik könnte für Özil eine neue Karriere einleiten, birgt aber auch Risiken.

    Der in Gelsenkirchen geborene Özil wird in der Türkei wegen seiner Zeit bei den europäischen Spitzenclubs Real Madrid und Arsenal London und in der deutschen Nationalmannschaft bewundert, 2014 wurde er Weltmeister. Er beendete seine aktive Laufbahn vor zwei Jahren beim Verein Istanbul Basaksehir.

    Özil gehört zum islamisch-nationalistischem Lager

    Politisch gehört Özil zum islamisch-nationalistischen Lager der Türkei. Er protestierte in den vergangenen Jahren gegen die Verfolgung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China und gegen Israels Krieg gegen die Hamas in Gaza und unterstützte den Krieg des türkischen Verbündeten Aserbaidschan gegen Armenien.

    Bei seinem Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft sprach Özil vielen Türken in Europa aus der Seele, als er erklärte: „Wenn wir gewinnen, bin ich Deutscher, aber wenn wir verlieren, bin ich Immigrant.“ Für Erdoğans AKP ist Özil ein potenziell gewinnbringender Neuzugang. Der 70-jährige Staatspräsident darf nach der derzeitigen Verfassung bei der 2028 anstehenden Wahl nicht noch einmal kandidieren, sucht aber nach Wegen, das Verbot zu umgehen. Einer dieser Wege wäre eine vorgezogene Neuwahl, die vom Parlament beschlossen werden müsste.

    Erdoğan strebt eine vorgezogene Neuwahl an

    Der Präsident verspricht nach mehr als 20 Jahren an der Macht für den Fall seiner Wiederwahl eine „neue Türkei“. Özils Berufung in die erweiterte Führung der Regierungspartei ist Teil dieser Erneuerung. Das Fußball-Idol könnte für die AKP bei Wählern unter 35 Jahren punkten, die in der Türkei mehr als ein Drittel der Gesamtwählerschaft stellen.

    Özils Berufung sei weit mehr als eine symbolische Geste, sagt auch der Türkei-Experte Hüseyin Cicek. „Özil verkörpert wie kaum eine andere Persönlichkeit die Ambivalenzen und Herausforderungen, mit denen die türkischstämmige Community in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden konfrontiert ist“, sagte Cicek unserer Redaktion. „Seine Biografie spiegelt die Zerrissenheit vieler Auslandstürken wider – zwischen Integration und dem Festhalten an der eigenen Herkunft, zwischen Zugehörigkeit und Ablehnung.“ Erdoğan ist schon jetzt bei türkischen Auslandswählern beliebter als bei den Türken in der Türkei. Bei einem knappen Wahlausgang könnten die Auslandstürken für ihn entscheidend werden.

    Spitzensportler mischen in der Politik mit

    Erdoğan umgibt sich schon länger mit Ex-Spitzensportlern. Der frühere Basketball-Star Hidayet Türkoglu zählt zum Beraterstab des Staatspräsidenten. Der ehemalige türkische Fußball-Nationalspieler Alpay Özalan sitzt für die AKP im Parlament und machte vor Kurzem auf sich aufmerksam, als er einen Oppositionsabgeordneten am Rednerpult verprügelte.

    Für einen anderen Ex-Fußballer endete die Karriere bei der AKP schlecht. Die türkische Stürmerlegende Hakan Sükür wurde im Jahr 2011 von Erdoğan ins Parlament geholt; als landesweit verehrter Sportler, frommer Muslim und Mitglied in der Bewegung des Predigers und damaligen Erdoğan-Partners Fethullah Gülen schien er für Erdoğan ein idealer Unterstützer zu sein. Doch als sich Erdoğan und Gülen wenig später überwarfen, blieb Sükür bei seinen Überzeugungen und musste ins Ausland fliehen. Heute wird er als Staatsfeind verfolgt.

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