Gibt es bald die erste schwarze Richterin am Supreme Court?
Die Karten im US-Supreme-Court werden neu gemischt. Halten Joe Bidens Demokraten zusammen, könnte erstmals eine schwarze Richterin an das höchste US-Gericht berufen werden.
Dass US-Präsident Joe Biden derzeit einen Lauf hat, würden selbst unverbesserliche Optimisten in Washington kaum behaupten: Seine Umfragewerte stürzen immer tiefer, die Inflation steigt, das Sozial- und Klimapaket ist gescheitert, die Wahlrechtsreform scheint blockiert. Nun sorgt ausgerechnet ein Rücktritt für eine rapide Stimmungsaufhellung im Weißen Haus. Seit am Mittwoch durchsickerte, dass der Verfassungsrichter Stephen Breyer in den Ruhestand geht, wirken Bidens Demokraten wie aufgeputscht. Auf den ersten Blick mag das verwundern, denn Breyer ist ein hoch angesehener, pragmatisch-liberaler Jurist. Die Neubesetzung seines Sitzes wird an den Mehrheitsverhältnissen des Supreme Courts nichts ändern. Doch der Rückzug des auf Lebenszeit ernannten 83-Jährigen verhindert eine weitere Rechtsverschiebung des obersten Gerichts und ermöglicht es, die erste schwarze Verfassungsrichterin in der Geschichte der USA zu installieren.
Da praktisch alle gesellschaftlichen Streitfragen vom Waffenrecht über die Abtreibung bis zu Diskriminierungen vor dem Supreme Court landen, besitzt dessen Besetzung eine enorme politische Bedeutung. Schon im Wahlkampf hatte Biden versprochen, mit der männlich-weißen Dominanz am Gericht zu brechen. Am Donnerstag versprach er dann, dass eine schwarze Frau berufen werden soll. Es gibt gleich drei afroamerikanische Top-Kandidatinnen, die sämtlich als hoch qualifiziert gelten. Wenn die Demokraten im Senat zusammenstehen, können sie die von Biden nominierte Bewerberin im Alleingang bestätigen.
Während alleine Ex-Präsident Donald Trump in seiner vierjährigen Amtszeit drei Verfassungsrichter durchsetzte und damit den Supreme Court dauerhaft nach rechts verschob, hat seit 2010 kein demokratischer Präsident mehr dort einen Posten besetzt. Nach dem Tod des rechten Richters Antonin Scalia nominierte der damalige Präsident Barack Obama im 2016 zwar den heutigen Justizminister Merrick Garland. Doch der republikanisch dominierte Senat verschleppte die Personalie, bis Obama aus dem Amt schied. Derweil hielt die linksliberale Justizikone Ruth Bader Ginsburg trotz angeschlagener Gesundheit an ihrem Posten fest. Als sie im September 2020 starb, peitschte Trump ohne Rücksicht auf politische Gepflogenheiten mit Amy Coney Barrett wenige Tage vor der Wahl eine rechte Nachfolgerin durch.
Die Konservativen haben eine sechs zu drei Mehrheit im Supreme Court
Seither haben die Konservativen eine Mehrheit von sechs zu drei Stimmen. Mit seinem Wechsel in den Ruhestand nach 28 Dienstjahren vermeidet Breyer eine Wiederholung des Ginsburg-Desasters. Doch die Zeit drängt. Für eine Bestätigung im Plenum reichen die 50 Demokraten-Stimmen plus dem Votum von Vizepräsidentin Kamala Harris. Vieles hängt also davon ab, ob die notorischen Abweichler Kyrsten Sinema und Joe Manchin, die schon Bidens Sozial- und Wahlgesetze versenkt haben, dieses Mal mit dem Präsidenten stimmen. Allerdings könnten auch zwei moderate republikanische Senatorinnen für Bidens Kandidatin votieren.
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