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Vermögenssteuer und weniger Verschwendung: Das fordern Bürger bei der Steuergerechtigkeit

Koalitionsvertrag

Bürger fordern mehr Steuergerechtigkeit

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    Unter anderem die Steuerklärung will ein Bürgerrat vereinfachen.
    Unter anderem die Steuerklärung will ein Bürgerrat vereinfachen. Foto: Martin Schutt, dpa

    Im Monty-Python-Film „Das Leben des Brian“ gibt es zwei Untergrundorganisationen, die sich überhaupt nicht ausstehen können. Auf der einen Seite steht die Judäische Volksfront, auf der anderen die Volksfront von Judäa. Ähnliche Namen, aber sie wollen auf keinen Fall miteinander verwechselt werden.

    So ein bisschen ist es auch beim Bund der Steuerzahler und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit. Klingt auch ähnlich, sind aber zwei komplett unterschiedliche Gruppen. Während der Bund der Steuerzahler eher Austerität anmahnt und marktliberale bis konservative Forderungen vertritt, wird das Netzwerk Steuergerechtigkeit von Gewerkschaften oder dem linken Bündnis Attac getragen. Was aber nicht heißt, dass sie – und da unterscheidet sich dann die Wirklichkeit von Monty Python – nicht miteinander kooperieren könnten.

    Die Organisatoren bewerten die Ergebnisse als positiv.

    Beide organisieren gerade die Bürgerdebatte „Steuern und Finanzen: Was sollte sich ändern?“ Die Idee: Bürgerinnen und Bürger werden durch ein Losverfahren gezogen und arbeiten – zunächst online, dann in Präsenz – an politischen Lösungen für drängende Fragen. Die werden später den Regierenden vorgelegt. Dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei von Organisationen mit sehr unterschiedlichen Haltungen unterstützt und beraten werden, soll für Überparteilichkeit sorgen.

    Am Montag haben sie die Ergebnisse der ersten Phase der Online-Befragung vorgestellt. Mehr als 18.000 Menschen haben ihre Meinung abgegeben und mehr als 2000 Vorschläge formuliert. Ein paar Beispiele aus den Ergebnissen: Die Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr Transparenz und Kontrolle bei Staatsausgaben. Unter anderem wollen sie Politiker für Steuerverschwendung zur Rechenschaft ziehen und eine unabhängige Prüfstelle einführen. Sie sprechen sich dafür aus, die Regeln der gesetzlichen Sozialversicherung auf Staatsbedienstete und Politiker zu übertragen, und die private Krankenversicherung wollen sie abschaffen. Hohe Vermögen und Erbschaften sollen stärker besteuert werden, höhere Abgaben auf Grund und Immobilien sehen sie dagegen kritisch.

    Die Organisatoren bewerten die Ergebnisse als positiv. Entgegen der allgemeinen Annahme hätten die Bürgerinnen und Bürger „ein großes Interesse für die öffentlichen Finanzen gezeigt“, sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler. „Wir sehen, dass sehr viele Bürger das Gefühl haben, dass es nicht gerecht zugeht, dass es intransparent ist.“ Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit fügte hinzu: Man werde nun an die Politik herantreten und „Mut einfordern, auch unangenehme Reformen durchzusetzen, weil Bürger an dieser Stelle viel weiter sind, als Politik und Öffentlichkeit oftmals unterstellen.“

    Ob und inwieweit die aber umgesetzt werden, muss sich noch zeigen. Das Finanzministerium sieht sich in manchen Punkten bestätigt, beispielsweise bei der Steuervereinfachung, die der Bürgerrat fordert. „Im aktuellen Koalitionsvertrag ist hierzu unter anderem die Prüfung einer Arbeitstagepauschale verankert“, sagt ein Sprecher des Finanzministeriums unserer Redaktion. Bei anderen Themen, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, reagiert man verhaltener: „Die Wiedererhebung der Vermögensteuer oder eine Erhöhung der Erbschaftsteuer werden zur Kenntnis genommen.“ Das Ministerium für Arbeit und Soziales, das beispielsweise für die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rente verantwortlich wäre, äußerte sich auf Anfrage nicht. Dabei hatte Ministerin Bärbel Bas (SPD) erst kürzlich mit einem entsprechenden Vorschlag für Furore gesorgt und dürfte sich bestätigt sehen.

    Linke und SPD fühlen sich bestätigt

    Überhaupt ist man bei der SPD glücklich über die Ergebnisse. „Die Bürgerdebatte zur Steuergerechtigkeit liefert wichtige Impulse“, sagt Frauke Heiligenstadt, finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, unserer Redaktion. „Eine Wiedereinführung der ausgesetzten Vermögensteuer ist aus unserer Sicht ein sinnvoller Beitrag zur fairen Krisenbewältigung – konnte in den Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU jedoch leider nicht durchgesetzt werden.“

    Während man sich bei der Union nicht äußern wollte, sieht sich die Linke ebenfalls bestätigt. „Die Steuerdebatte zeigt: Die große Mehrheit ist dafür, hohe Vermögen und Einkommen sowie große Erbschaften und Unternehmen stärker zu besteuern“, sagt Christian Görke, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, unserer Redaktion. Das fordere auch die Linke. Die Koalition dagegen wolle „als Erstes die Steuern für Unternehmen senken und von Umverteilung ist nirgends die Rede.“ Bis Ende Juni werden die Ergebnisse nun weiter diskutiert, bis ein finales Paket von Empfehlungen für die Politik feststeht.

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