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Verteidigung: Merz vertraut auf Macrons Atomwaffen

Verteidigung

Merz vertraut auf Macrons Atomwaffen

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    Gespenstische Realität: Einmal im Jahr hält die Nato eine Atomwaffenübung ab.
    Gespenstische Realität: Einmal im Jahr hält die Nato eine Atomwaffenübung ab. Foto: Tom Reynolds/LOCKHEED MARTIN AERONAUTICS, EPA/dpa

    Im Gegensatz zu CDU-Chef Friedrich Merz hält der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz nicht viel von den Plänen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, europäische Verbündete mit französischen Atomwaffen zu schützen. Am Rande des EU-Gipfels verwies Scholz auf die bestehende Abschreckung der Nato, die auf den Atomwaffen der USA basiert und an der Deutschland beteiligt ist: „Und ich glaube, das soll nicht aufgegeben werden, ist die gemeinsame Auffassung aller zentralen Parteien in Deutschland.“

    Zuvor hatte Macron als Reaktion auf den Kurswechsel in der US-Außenpolitik unter Donald Trump seine Überlegungen zu einer gemeinsamen nuklearen Abschreckung bekräftigt und auf eine Aussage von Merz verwiesen: „Als Antwort auf den historischen Aufruf des künftigen deutschen Kanzlers habe ich beschlossen, die strategische Debatte über den Schutz unserer Verbündeten auf dem europäischen Kontinent durch unsere Abschreckung zu eröffnen.“

    Erforderlich wären dazu vermutlich riesige Investitionen, weil die britischen und französischen Atomwaffen derzeit nur eine Art nationale Ergänzung zur amerikanischen Abschreckung über die Nato waren. Die USA haben Expertenschätzungen zufolge noch etwa 100 Atombomben in Europa stationiert - einige davon sollen auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel lagern. Im Ernstfall sollen sie von Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden. Auch in Belgien, den Niederlanden, Italien und in der Türkei sollen noch US-Atombomben stationiert sein. Offizielle Angaben gibt es dazu nicht

    Entschieden werden soll alleine in Frankreich

    Die Entscheidungshoheit über einen Einsatz seiner Atomwaffen will Macron aber alleine bei Frankreich belassen. Merz hatte vor der Bundestagswahl vorgeschlagen, mit den Atommächten Großbritannien und Frankreich über nukleare Zusammenarbeit zu reden.

    Kommissionspräsidentin Ursula von der Lexyen denkt offenbar ähnlich. Die Lage sei brandgefährlich, sagte sie in Brüssel. Man stehe an einem „Wendepunkt“, nachdem Washington die US-Militärhilfen für die Ukraine vorläufig gestoppt hat. Polens Premier Donald Tusk verglich die Situation mit dem Kalten Krieg und zeigte sich überzeugt, dass Russland dieses Wettrüsten verliert -„genau wie die Sowjetunion vor 40 Jahren“.

    Auf eine gemeinsame Position zur Unterstützung der Ukraine konnten sich die Staats- und Regierungschefs am Abend allerdings nicht einigen. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen wollte sich Ungarn nicht an einer von den restlichen 26 Staaten unterstützten Erklärung beteiligen. Die Teilnehmer des Gipfels begrüßten jedoch den Vorschlag der EU-Kommission, den Mitgliedstaaten Darlehen in Höhe von bis zu 150 Milliarden Euro zu gewähren, damit sie ihre nationalen Verteidigungsausgaben steigern können und das Geld in Luft- und Raketenabwehr, in Artilleriesysteme, Munition, kritische Infrastruktur und Drohnen investieren. Von der Leyen wurde beauftragt, „zusätzliche Finanzierungsquellen für die Verteidigung auf EU-Ebene“ zu präsentieren. Insgesamt will die Behörde mit ihrem Plan bis zu 800 Milliarden Euro mobilisieren.

    Zur Freude der meisten Partner zeigte sich auch das traditionell sparsame Deutschland offen für den Schritt. Man müsse „auch langfristig zur Veränderung des Regelwerks in Europa kommen, ganz entlang dessen, was wir in Deutschland gegenwärtig auch diskutieren“, sagte Scholz. Seine Worte sollen größtenteils mit Merz abgestimmt gewesen sein. Die Einigung in Berlin auf ein milliardenschweres Sondervermögen und eine Reform der Schuldenbremse sorgte in Brüssel für Erleichterung. Plötzlich übernimmt die Bundesrepublik wieder Führung auf EU-Ebene, so die Lesart - nicht mit jenem diplomatischen Feingefühl, für das Macron und der britische Premier Keir Starmer zuletzt gepriesen wurden, sondern „typisch deutsch“, wie es ein EU-Beamter nannte: mit der „Geld-Bazooka“.

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    10 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Noch ist der atomare Schirm der USA vorhanden. Ob wir ihn brauchen steht auf einem anderen Blatt Papier. An anderer SAtelle habe ich schon gesagt: stark konventionell ist auch gut. Ich glaube nicht, daß die USA diese Flanke gen Osten so einfach aufgeben wollen, handelt es sich ja nur um ca. 2% der A-Waffen der USA. Und ob Frankreich so einfach qualitativ in die Bresche springen könnte müssen andere beurteilen. Überlegenswert in diesem Zusammenhang finde ich auch, daß Frankreich die alleinige Oberhoheit über seine A-Waffen behalten will.

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    Helmut Eimiller

    Herr Boeldt, die SZ schrieb im Oktober 2020 zum Thema "Future Combat Air System", kurz "FCAS": „Die Franzosen, die ja anders als die Bundesrepublik Atommacht sind und den FCAS als Träger für Nuklearwaffen konzipieren, wollen gewisse Herzstücke der Technologie derzeit nicht mit den Deutschen teilen, sogenannte Blackboxes.“ Und ähnlich wird es auch bleiben: Nur bei der Finanzierung wird Deutschland als gleichberechtigter Partner willkommen geheißen. Außerdem besteht die Gefahr, dass in Frankreich irgendwann Rechtsextreme regieren.

    Stefan Ruga

    Ich glaube, ob die USA auch zukünftig ihren "Atomaren Schutzschirm" über Europa bestehen lassen werden, ist weniger eine Frage der dazu nötigen Kernwaffen (davon haben sie genug), als eine Frage, ob sie bereit sind, sich für ein europäisches Land in einen Nuklearkrieg verwickeln zu lassen und dabei selbst Gefahr laufen, etwas abzubekommen. Die Antwort darauf erscheint mir heutzutage weit weniger selbstverständlich, als noch zu Zeiten des Kalten Krieges.

    Helmut Eimiller

    In welchem Maße Verbündete ihrer Beistandverpflichtung nachkommen, bestand und besteht doch immer, egal ob NATO-Land oder EU-Land. (Ich ging schon immer davon aus, dass kein Land eigene Atombomben nur aufgrund eines Bündnisfalls einsetzt. Schließlich kann man von keinem Entscheidungsträger verlangen, dass er die Gefahr für die eigene Bevölkerung potenziert. Mehr Sicherheit kann nur die politische Union i. S. d. "Vereinigten Staaten von Europa" bringen.)

    Wolfgang Boeldt

    Herr Eimiller: die Franzosen waren und sind schon immer etwas eigen. Dere Begriff der "Grande Nation" ist in jedem Politikerhirn stark vertreten. Sie betrachtet sich als die legitime Führungsmacht Europas. Herr Ruga: bei dem A-Waffen-Schutzschirm geht es nicht um ein Land sondern um ein Bollwerk gegen den Osten. Einen nuklearen Krieg halte ich für ausgeschlossen. Neben der Sprengwirkung und der Störung aller elektrischer Geräte (EMP) käme noch eine weitreichende radioaktiove Strahlung hinzu (100x umfangreicher als in Tschernobyl oder Fukuschima, vielleicht noch mehr). Mit diesem Land könnte man Jahrzehnte nichts mehr anfangen. Das will keiner. Kleinere taktischre A-Waffen, ungefär 1/10 von Hiroschima, sind gerade noich denkbar.

    Stefan Ruga

    Herr Boeldt: Grundsätzlich halte ich den Einsatz von Nuklearwaffen bzw. einen Schlagabtausch auch für äußerst unwahrscheinlich, allein wegen der von ihnen angerissenen Folgen, die letzendlich jedes beteiligte Land zu tragen hätte. Ein funktionierendes "Gleichgewicht des Schreckens" setzt aber einerseits Rationalität der Beteiligten voraus, andererseits deren Überzeugung, daß auf einen Erstschlag unweigerlich die entsprechende Antwort kommt. Die "Rationalität" kann auch dann gestört sein, wenn eine Atommacht fürchtet, daß eine andere eben nicht mehr rational handelt, oder, aus welchen Gründen auch immer, glaubt, keinen Gegenschlag befürchten zu müssen. Siehe hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Able_Archer_83

    Stefan Ruga

    Da die Atomwaffen der USA, GBs und Frankreichs eben nicht unter einem gemeinsamen Kommando stehen, geht es bei einem "Bollwerk gegen den Osten" (respektive Russland), bzw. wenn die Abschreckung dieser Waffen gegen einen Atomschlag auf einen nicht nuklear bewaffneten NATO- oder Europäischen Partner wirksam sein soll, sehr wohl um einzelne Länder, nämlich die, welche über diese Waffen verfügen. Sollten ernsthafte Zweifel daran bestehen, daß diese Länder ihre Nuklearwaffen auch unter Inkaufnahme eigener Verluste zugunsten nicht nuklear bewaffneten Parnter einsetzen werden, dann ist dieser "Schutzschirm" obsolet. Und genau diese Gefahr steht für mich derzeit im Raum, wenn etwa der US-Präsident deutliche Signale sendet, daß ihm das Schicksal europäischer Staaten im Grunde am Hintern vorbei geht, wenn nichs in Dollar meßbares für die USA dabei herausspringt.

    Marianne Böhm

    Ich halte den europäischen Weg mit einem Aufrüsten von Atomwaffen, Milliarden für Verteidigungsausgaben für Luft und Bodenabwehr und ein Heer von Soldaten für nicht richtig... Ich denke je mehr man Aufrüstet umso mehr befindet man sich (Europa, Welt) in einem Kriegszustand.. Wenn wir einer friedlichen Welt leben wollen, müssen die Menschen mehr auf Bildung, auf Werte und ihr Leben auf einen höheren Standard heben, dann wird sich auch ihr Denken verändern.. Wir müssen als geistige Wesen, uns der Verantwortung und dem Bewusstsein stellen, dass unsere geschenkte Lebenszeit die Berechtigung hat.. uns als Intelligente, Wissende auf ein hohes geistiges Niveau zu befördern..

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    Stefan Ruga

    Frau Böhm, haben wir nicht genau das, an was Sie appelieren, die letzten 35 Jahre versucht? Und in welcher Situation sind wir jetzt? Ein wirtschaftlicher Riese mit den Muskeln eines verhungernden Zwerges. Ein netter Kerl, in Konfliktsituationen aber nicht ernst zu nehmen. „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ schrieb schon Schiller, und dem kann man sicher nicht nachsagen, daß er nicht intelligent und wissend gewesen sei.

    Maria Reichenauer

    Frau Böhm, erklären Sie das bitte einem Diktator Putin in Russland und einem narzisstiscen Präsidenten in den USA. Mich würde deren Antwort sehr interessieren. Bei beiden vermisse ich eklatant das, was Sie von einem geistigen Wesen verlangen.

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