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War Peter Scholl-Latour ein Informant für den BND? Enthüllungen sorgen für Diskussionen

Enthüllung

War der legendäre Journalist Peter Scholl-Latour ein BND-Informant?

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    Peter Scholl-Latour geriet auf seinen Auslandsreisen immer wieder in Gefahr: Das Bild zeigt ihn und sein ZDF-Team 1973 nach der Freilassung aus Vietcong-Haft.
    Peter Scholl-Latour geriet auf seinen Auslandsreisen immer wieder in Gefahr: Das Bild zeigt ihn und sein ZDF-Team 1973 nach der Freilassung aus Vietcong-Haft. Foto: dpa (Archivbild)

    Er war über Jahre omnipräsent in Presse und Fernsehen, brachte den Deutschen ferne Länder nahe, erklärte Krisen und Kriege direkt von den Schauplätzen aus: Peter Scholl-Latours Berufsbezeichnung „Journalist“ kommt kaum ohne ein vorgeschaltetes „legendär“ aus. Doch nun, knapp elf Jahre nach dem Tod des gebürtigen Bochumers, belegen Akten des Auslandsgeheimdienstes BND, dass Scholl-Latour seit Beginn der 80er Jahre als „Gelegenheitsquelle“ unter dem Decknamen „Scholar“ (Gelehrter) geführt wurde. Fällt da etwa ein Denkmal?

    So weit wird es nicht kommen. Das scheint gewiss, wenn man sichtet, was der Investigativ-Journalist Florian Flade für den WDR recherchiert hat. Flade hat Akten beim BND angefordert und ausgewertet. Die Dokumente - 70 Seiten mit geschwärzten Passagen - legen nahe, dass Scholl-Latour den Geheimdienst ab und an über seine Reisen und Kontakte informierte oder auch Filmmaterial zugänglich machte. Geld allerdings ist offenbar nicht geflossen. Dennoch, so der Vorwurf, habe Scholl-Latour mit der Weitergabe von Informationen an den BND journalistische Grundsätze verletzt.

    Geheimdienstexperte Gerhard Conrad sieht die Enthüllungen um Peter Scholl-Latour gelassen

    Der frühere Top-Mitarbeiter des BND, Gerhard Conrad, sieht die Enthüllungen hingegen gelassen: „Die Aufregung um die Kontakte zu Scholl-Latour ist völlig überzogen. Die Kontakte waren ja auch in seinem Interesse. Wenn er beispielsweise eine Reise nach Afghanistan plante, dann wollte er natürlich auch wissen, wie er sicher wieder herauskommt. Deshalb erkundigte er sich beim BND über die Lage dort oder über interessante Gesprächspartner. Im Gegenzug wird er dem BND-Mitarbeiter dann etwas über diese Gespräche erzählt haben. Das war alles“, sagte der Experte, der für den Geheimdienst immer wieder im Nahen Osten eingesetzt wurde und Scholl-Latour um die Jahrtausendwende in Syrien persönlich traf.

    Dass der Beitrag Flades über die BND-Kontakte, der im ARD-Kulturmagazin ttt ausgestrahlt wurde, dennoch für Aufsehen sorgte, liegt nicht zuletzt an der schillernden Figur Peter Scholl-Latour. Aufgewachsen in einem frankophilen Elternhaus, meldete er sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum Dienst bei einer französischen Fallschirmjägereinheit. Er studierte in Paris und Beirut. In den 60er Jahren startete Scholl-Latour seine Fernsehkarriere - zunächst bei der ARD, in den 70ern für das ZDF.

    Peter Scholl-Latour scheute bei Recherchen das Risiko bisweilen nicht

    Immer wieder geriet er bei Auslandsreisen in Gefahr, so wurde er 1973 von Vietcong-Guerillas gefangen genommen. 1979 begleitete er Ajatollah Khomeini auf dessen Flug nach Teheran, wo der Mullah die islamische Revolution zum Sieg führte. Millionen Deutsche haben sein 1980 erschienenes Buch „Der Tod im Reisfeld“ über den Krieg in Indochina gelesen. Es folgten viele weitere. Kritiker warfen ihm bisweilen Arroganz und einen zu großzügigen Umgang mit den Fakten vor. Doch dies konnte seine Beliebtheit nicht schmälern.

    Fachmann Conrad verweist darauf, dass das Verhältnis zwischen dem BND und dem Journalismus sich durchgreifend verändert hat: „In den 50er, 60er Jahren und auch noch später waren die Grenzen zwischen Journalismus und Geheimdiensten oft noch fließend. Damals führte der BND immer wieder Journalisten als reguläre Quelle. Es floss also auch Geld. Das war eine andere Zeit. Nach diversen Skandalen hat das Bundeskanzleramt diese Praxis in den 90er Jahren untersagt.“ Allerdings sorgte noch 2006 eine Affäre um Journalisten, die vom BND unter anderem dafür bezahlt wurden, Kollegen zu bespitzeln und Quellen zu verraten, für Schlagzeilen.

    Conrad: „Scholl-Latour bestimmte ganz allein, wann er Kontakt mit dem BND aufnahm.“

    Für Gerhard Conrad sind diese Fälle jedoch völlig anders gelagerte: „Peter Scholl-Latour war berühmt. Er bestimmte ganz allein, wann er Kontakt zum BND aufnehmen wollte - nicht umgekehrt.“

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