Kommunen fordern Geld und Arbeitsplätze vom Freistaat
Die Kommunen, die bald ohne Bundeswehrsoldaten auskommen müssen, erwarten finanzielle Hilfe vom Freistaat. Das bekam auch Staatskanzleichef Kreuzer in Donauwörth zu hören.
Thomas Kreuzer wirkte etwas übermüdet. Nicht ungewöhnlich angesichts des proppenvollen Terminplanes des Staatskanzleichefs in dieser Woche. Vor allem die bayerischen Bundeswehrstandorte klappert Kreuzer derzeit ab. Das ist zwar kein Spießrutenlauf – aber eben auch kein Vergnügen. Denn nach dem Beschluss aus dem Verteidigungsministerium, 20 000 Dienstposten in Bayern abzubauen, ist die Stimmung in den betroffenen Kommunen gedrückt. Gestern besprach Kreuzer mit MdL Georg Schmid, Oberbürgermeister Armin Neudert sowie mit Bürgermeister Jörg Fischer die Zukunft des Kasernenareals auf dem Donauwörther Schellenberg.
Eines einte die Diskussionspartner: Zackig müsse sie begonnen werden, die „Konversion“. Einen Standort Donauwörth wird es faktisch nicht mehr geben. Auf der riesigen Fläche soll aller Voraussicht nach ein sogenanntes „Mischgebiet“ entstehen.
Konversion – diese Vokabel ist in vielen Kommunen im Freistaat längst kein Fremdwort mehr. Fragt man Bürgermeister, Stadt- und Gemeinderäte an ehemaligen Militärstandorten danach, dann merkt man schnell, was der Begriff bedeutet: Die Umwandlung eines jahrzehntelang durch die Bundeswehr genutzten Gebietes, sie erfordert Planung, Geduld und, nicht zuletzt, eine Menge Geld. Doch wer zahlt’s?
OB Neudert machte gestern im kleinen Sitzungssaal des Donauwörther Rathauses vor den Medienvertretern keinen Hehl daraus, dass man die Umwandlung hin zur zivilen Nutzung nur gemeinsam stemmen könne.
Keine konkreten Zahlen genannt
Ohne Beteiligung des Landes und auch bestenfalls des Bundes als ehemaligem Nutzer laufe nichts: „Wir haben den Wunsch, dass sich der Freistaat der Finanzierung annimmt.“ Die Alfred-Delp-Kaserne solle eben sinnvoll überführt werden und nicht verrotten.
Zur Kostenfrage der Konversion konnten aber weder OB Neudert noch Staatskanzleichef Kreuzer gestern Vormittag bereits Zahlen nennen. Klar ist indes, dass die Schließung und zivile Nutzbarmachung der Alfred-Delp-Kaserne einen riesigen finanziellen Kraftakt für Freistaat, Bund und Stadt bedeuten wird: Allein für sämtliche Planungen und städtebauliche Entwicklungskonzepte könnte eine sechsstellige Summe anfallen.
Bezogen auf die Planungen könne Donauwörth jedoch mit einer „Förderquote“ von 60 bis 80 Prozent seitens des Freistaates rechnen, erläuterte Staatskanzleichef Kreuzer. Er betonte, dass in der Kostenfrage aber „auch der Bund gefordert“ sei.
Im Frühjahr 2012 soll grobe Planung stehen
Hierzu brauche es jedoch auch „gesetzgeberische Tätigkeiten“ – „dies muss in den nächsten Wochen geschehen“, sagte Kreuzer.
Der Fahrplan für die Planungen an der Alfred-Delp-Kaserne sieht laut Neudert folgendermaßen aus: Ab Frühjahr 2012 solle eine „Grobplanung“ eingeleitet werden, dann gehe es in die Feinplanung. „Bereits 2015 ist aller Voraussicht nach kein Soldat mehr da“, erklärte Donauwörths Oberbürgermeister. Im Anschluss an die Garnisonzeit heiße das Ziel für das weitläufige Areal: Mischgebiet. Dies erklärte der Leiter des Rechtsamtes bei der Stadt Donauwörth, Richard Lodermeier.
„Mischgebiet“ meint unterdessen nichts anderes als ein Nebeneinander von Gewerbe- und Wohngebieten auf jenen 30 Hektar Fläche (das entspricht in etwa 30 Fußballfeldern). Dieses Projekt sei anspruchsvoll und schwierig, gar „eine Herkulesaufgabe“, wie MdL Georg Schmid anmerkte.
Neue Arbeitsplätze für Soldaten
Soziales OB Neudert nannte die Zukunft der Soldaten die drängendste Aufgabe nach der Bekanntgabe des Truppenabbaus: „Die soziale Abfederung steht im Vordergrund.“ Staatskanzleichef Kreuzer meinte, man müsse sich „sofort daranmachen, Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen“. Will heißen: Es müssten bald neue Arbeitsplätze entstehen.
Im Gespräch ist hierzu konkret die Verlagerung von Behörden genannt worden, etwa im Bereich der Finanzkassen. Konkretes dazu: bis gestern Fehlanzeige. Erste Planungen könnten aber bereits Anfang 2012 auf dem Tisch liegen.
Kompensationsaufträge für Eurocopter im Gespräch
Auch reduzierte Bundeswehraufträge beim hiesigen Hubschrauberhersteller Eurocopter waren gestern im Gespräch. Kreuzer forderte, dass sich der Bund um „Kompensationsaufträge“ kümmern müsse, da der Erhalt der Arbeitsplätze in der Region Priorität haben solle. Kreuzer sagte: „Bayern ist ein zentraler Rüstungsstandort. Wir sind in höchstem Maße interessiert, dass es so bleibt.“
Wirtschaftsstandort Donauwörth OB Neudert zeigte sich sicher, dass die Große Kreisstadt die Auswirkungen der Bundeswehrreform schultern werde. Bei 18 000 Einwohnern biete Donauwörth 13 000 Arbeitsplätze – eine Zahl, welche die Stadt als stabilen Wirtschaftsstandort auszeichne.
Kaufbeuren fordert Ausgleichsmaßnahmen
Auch Kaufbeuren besteht darauf, dass Bund und Freistaat Ausgleichsmaßnahmen für die Schließung des Fliegerhorstes ergreifen. Der Stadtrat verabschiedete eine "Kaufbeurer Resolution", die aufgrund der Kritik der Grünen-Fraktion allerdings nicht einstimmig ausfiel.
Die Mehrheit der Stadträte forderte außerdem drei weitere Punkte: Ausbau des Fliegerhorstes mit seinen rund 250 Hörsälen zu einem Ableger der Hochschule Kempten für die Bereiche Gesundheit (Psychologie oder Pflege), Gestaltung und/oder Luftfahrttechnik, eine zivil-militärische Kooperation für eine weiterbestehende Fluglotsenausbildung auf dem Fliegerhorst und der Ausbau Kaufbeurens als Behördenstandort.
Den Grünen war dies zu sehr auf den Straßenverkehr begrenzt. Sie wünschten sich, dass auch das Thema Ausbau der Schienenverbindung Niederschlag in dem Forderungskatalog findet, konnten sich aber damit nicht durchsetzen und stimmten deshalb gegen die Resolution. In Kaufbeuren war bisher die Technische Schule der Luftwaffe 1 (TSLW) stationiert.
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