Marmor, Gold und intensive Farben: Zu Gast im Luxushotel Burj al Arab
Vor 20 Jahren hat das Burj al Arab mit seiner Definition von Luxus für viel Aufsehen gesorgt. Mittlerweile kann Jedermann das Luxushotel besichtigen. Ein Rundgang durch viel Gold.
Schon bevor man den ersten Schritt in dieses Hotel setzt, sind die Sinne auf Promis geschärft. Könnte der trainierte, jüngere Mann in seiner Sporthose, der mit gezielten Schritten zur Rezeption läuft, nicht ein US-Basketballspieler sein? Und wenn ja – welcher? Die Fantasie dreht ein paar Extrarunden, wenn man das Innere des Burj al Arab (übersetzt heißt das: der Turm der Araber) betritt. Protz ist hier so dick aufgetragen, dass er fast schon wieder normal erscheint. Aber apropos aufgetragen: Tatsächlich sind für das gesamte Hotel 1740 Quadratmeter Blattgold verwendet worden, um den Gigantismus auch farblich auf die Spitze zu treiben. Wüsste man es nicht besser, dann kommt eigentlich nur eine Person als erster Besucher infrage: Der sagenhafte König Midas, der alles in Gold verwandelte, was er berührte.
Aber der Reihe nach: Dass Dubai gerne auf großem Fuß lebt, jedenfalls tun das die Einheimischen, ist auf der Anfahrt vom Flughafen bereits unverkennbar. Riesige Malls, Wolkenkratzer ohne Ende, was für eine Glitzerwelt. Wie viele Fahrspuren sind das nun in eine Richtung auf der Stadtautobahn: sieben oder acht? Die Frage ist in diesem Moment aber nicht so wichtig, denn der Blick bleibt unweigerlich an diesem Gebäude kleben, das nachts in verschiedene Farben nacheinander getaucht wird, als ob es auch in der Dunkelheit in Erinnerung gerufen werden müsste. Kurz vor dem Ziel halten erst ein Tor und dann der Sicherheitsdienst die Reisegruppe auf. Kontrolle. Abchecken, ob das passt mit den angekündigten Gästen.
Der Begriff „Ikone“ ist nicht hochgestapelt. 22 Jahre ist dieses prächtige Hotel inzwischen alt, an Strahlkraft hat es nichts eingebüßt. In der Hochsaison liegt die Auslastung im Durchschnitt bei 85 Prozent, wie Vertriebsmanagerin Sophie Hohn erklärt. In den heißen Monaten zwischen Juni und September können es deutlich weniger sein. Um die 40 Prozent, heißt es. 40.000 Hotelgäste sollen es insgesamt im Jahr sein. Nach dem Check-in geht es mit der Rolltreppe hoch in die Lobby. Langweilig wird einem dabei nicht. Statt starrer Seitenwände gibt ein riesiges Aquarium den Blick ins Innere frei. Mindestens 50 Fischarten sollen darin schwimmen.
Der Aufzug bringt einen ins gewählte Stockwerk. Doch irgendetwas scheint der Planer der Lift-Tastatur vergessen zu haben. Kannte der Mann etwa nur gerade Zahlen – oder warum gibt es keine dritte, fünfte oder neunte Etage? Alles hat seine Richtigkeit. Denn das, was wir gerade ansteuern, ist kein Zimmer im 16. Stock, sondern eine Suite. Im Burj al Arab gibt es nur Suiten, 199 sind es insgesamt und keine Zimmer. Die hätten wohl nicht ins mondäne Konzept gepasst. Und eine Suite geht hier stets über zwei Stockwerke. Unten wohnen, essen, Gäste empfangen. Oben ist Gelegenheit, sich anzukleiden.
Eine Vierteldrehung nach rechts und die Chance ist nicht so gering, sich in dem Badezimmer, das an die Quadratmeter-Größe einer kleinen Wohnung heranreichen dürfte, zu verlieren. Marmor, vergoldete Armaturen, ein Whirlpool sind Teil der Ausstattung. Gegenüber liegt das Schlafzimmer, unter anderem mit einem per Fernbedienung versenkbaren, großen Flachbildfernseher, der nach dem Drücken der entsprechenden Taste vor dem Panoramafenster abtaucht und den Blick auf Dubai und den Persischen Golf vollends freigibt. Wer unmittelbar vor dem Einschlafen Wert darauf legt, sich selbst zu betrachten, kann sich des Deckenspiegels bedienen.
Im Burj al Arab kann man leicht die Orientierung verlieren
In der Suite heißt es, die Orientierung nicht zu verlieren – oder präziser ausgedrückt: die Orientierung über all die Kleidungsstücke, Schuhe, Bücher, Hygieneartikel und die übrigen Reiseutensilien nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Das kann passieren, wenn die Schlösser des Reisekoffers nach oben schnappen, was einer Öffnung der Büchse der Pandora für den Fall gleichkommt, dass der Inhalt nun auf die Zimmer, Ecken und Nischen über rund 170 Quadratmeter verteilt wird.
Wer bei dieser Quadratmeter-zahl mit den Achseln zuckt, dem sei die Royal Suite ans Herz gelegt. Als Gegenleistung wartet dann eine opulent gestaltete Wohnfläche, insgesamt sind es 780 Quadratmeter. In einem Speisezimmer hätte an der runden Tafel neben der Gastgeberin oder dem Gastgeber eine ganze Fußballmannschaft Platz. Popsänger Justin Bieber hat hier schon getafelt. Und dem früheren südafrikanischen Staatspräsidenten Nelson Mandela ist die Königliche Suite auch schon zur Verfügung gestellt worden. Doch der Tipp fürs große Portemonnaie ist veraltet. Denn ungefähr seit dem Jubiläum vor zwei Jahren wird diese Suite dem Museumsbereich zugerechnet und nicht mehr vermietet.
Die Suiten sind eine relgelrechte Farbexplosion
Wenn die einzelnen Räume von den Bediensteten geöffnet werden, entlädt sich vor den Besucherinnen und Besuchern eine regelrechte Farbexplosion. Rot, Pink und – man ahnt es bereits: Gold. Nicht jeder teilt diesen Farbgeschmack. Der Herrscher Dubais, Scheich Muhammad bin Rashid al Maktum, schon.
Der Mann bewies bereits vor der Jahrtausendwende Gespür, wie er sein Emirat mit diesem Hingucker weltweit ins Rampenlicht rücken könnte. Geld spielte dabei offenbar nur eine untergeordnete Rolle. Kolportiert wird, das Burj al Arab habe 1,5 Milliarden US-Dollar gekostet. Dementiert wird die Summe nicht, kommentiert aber auch nicht.
Das Luxushotel erinnert in der Form an eine Dau – das ist ein typisches Segelschiff in der Region und eine Reminiszenz an eine Zeit, in der Dubai vom Fischfang und Seehandel gelebt hat. Angeblich hat der Architekt des Hotels, Tom Wright vom britischen Ingenieurunternehmen WS Atkins, während eines Restaurantbesuchs auf die See geschaut und eine Dau erblickt. Die Grundidee, wie dieses besondere Hotel aussehen sollte, war geboren. Tradition und Erbe werden in diesen 321 Meter hohen teflonbeschichteten Solitär aus Beton, Stahl, Glas und Aluminium projiziert. Und Fische werden auch heute noch aus dem Meer gezogen. Doch die Schwergewichte haben sich verlagert: Der Tourismus floriert, die Erdölquellen sprudeln noch und Finanztransaktionen spielen eine ebenso wichtige wie diskrete Rolle im Golf-Emirat.
Den Wohlstand Dubais aufzubauen, dafür leisten viele Arbeitsimmigranten wertvolle Dienste. Bei den Arbeitsbedingungen sehen die staatlichen Behörden oft nicht so genau hin, wie Menschenrechtsorganisationen regelmäßig beklagen.
Wer sich eine Nacht im nach eigenen Angaben „weltweit luxuriösesten Hotel“ (am liebsten würde man sich sieben statt fünf Sterne geben) nicht leisten kann oder will, hat seit einigen Monaten die Möglichkeit, an einer geführten Hoteltour teilzunehmen. „Inside Burj al Arab“ heißt der 90-minütige Gang in eine Welt, die man nicht gesehen haben muss. 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren all das. Spaß aber macht es, den Reichen, Wichtigen und Wichtigtuern nachzuspüren. Die Königliche Suite liegt ebenso auf dem Weg wie Räumlichkeiten, die in ein modernes Museum verwandelt worden sind. Darin kommen Menschen in Videos, Audios und interaktiven Stationen zu Wort, die das Burj al Arab zu dem gemacht haben, was es von Anfang an war: eines der ungewöhnlichsten Bauwerke der Welt.
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