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Entdecken Sie Irlands Wikingererbe: Schlössertouren, Geschichte und Legenden

Irland

Die Iren lieben ihre Sagen: Im Südosten der Insel ist das Wikinger-Erbe besonders lebendig

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    Die malerische Copper Coast - Kupfer-Küste - im Südosten Irlands.
    Die malerische Copper Coast - Kupfer-Küste - im Südosten Irlands. Foto: Barbara Würmseher

     

    Jon Pearce‘s Stimme senkt sich um Nuancen und bekommt eine dramatische Klangfarbe, als er von den abertausenden Seelen spricht, die da draußen in der Keltischen See ihr Leben lassen mussten. Seine Gestik ist ausladend. Die temperamentvolle Schilderung gerät in wildes Staccato. Während wir auf der Balustrade rings um den Hook Leuchtturm an der irischen Küste stehen, uns gegen Windböen stemmen, zeigt er hinaus auf die zerklüfteten Felsen und die tückische Strömung. 115 Stufen sind wir in 46 Meter Höhe geklettert - der Ausblick von dort ist atemberaubend. Unsere Augen hängen aber nicht nur an Klippen und Horizont, sondern auch an Jons Lippen.

    Wie viele Schiffe mögen über die Jahrhunderte an den schroffen Felsen zerschellt sein, über denen heute der schwarz-weiß geringelte Hook Lighthouse thront? Die Antwort steckt in Jons lebhafter Schilderung vom „Friedhof der 1000 Wracks“. An dieser Stelle des Atlantiks wirft sich die Gischt schäumend unter der Wucht der Wogen an Land und lässt ahnen, wie schwer es sein mag, zu navigieren. Von den Gefahren der Halbinsel Hook wusste schon der walisische Mönch Dubhán. Er entzündete im 5. Jahrhundert ein Licht, um Seeleute davor zu bewahren, auf Grund zu laufen.

    Er gilt als der älteste aktive Leuchtturm der Welt und steht an Irlands Ostküste auf der Halbinsel Hook Head: der Hook Lighthouse.
    Er gilt als der älteste aktive Leuchtturm der Welt und steht an Irlands Ostküste auf der Halbinsel Hook Head: der Hook Lighthouse. Foto: Barbara Würmseher

    Im 13. Jahrhundert wurde der erste feste Turm gebaut. William Marshall war es, der ihn errichtete und Jon bezeichnet ihn mit leuchtenden Augen als „den größten Ritter, der jemals gelebt hat“. Hook Lighthouse gilt heute als der weltweit älteste noch aktive Leuchtturm.

    Bei typisch irischen Bieren wir dem Kilkenny Red Ale etwa, lässt sich in Pubs und Lokalen trefflich über die Mythen der grünen Insel erzählen. Unser Bild entstand in der Smithwicks Brauerei.
    Bei typisch irischen Bieren wir dem Kilkenny Red Ale etwa, lässt sich in Pubs und Lokalen trefflich über die Mythen der grünen Insel erzählen. Unser Bild entstand in der Smithwicks Brauerei. Foto: Barbara Würmseher

    Der wildromantische Südosten Irland hat viel zu bieten

    Es ist nur ein Superlativ von vielen, die uns in diesem Landstrich begegnen. Hier im wildromantischen Südosten Irlands, der vielleicht ein wenig im Schatten anderer Tourismus-Magneten steht. Zu Unrecht, wie unsere Begleiterin Katie Murray-Hayden zeigen wird. Wie sie beim Wandern auf dem Dunmore East Cliff Walk oder an der idyllischen Copper Coast - der Kupfer-Küste wegen des Bergbaus - eindrucksvoll beweisen wird, auch beim Radeln auf dem Waterford Greenway, beim Durchstreifen des Kilkenny Castles oder des Mount Congreve Gardens.

    Malerische Fischerdörfer sind immer wieder an der irischen Küste zu finden.
    Malerische Fischerdörfer sind immer wieder an der irischen Küste zu finden. Foto: Barbara Würmseher

    Historie und mystische Sagen begegnen uns zwischen Millionen von Jahren alter Erdgeschichte, Geoparks, pittoresken Fischerdörfern, Jahrhunderte alten Zeugnissen der Menschheit, atemberaubender Landschaft, Schlössern, Burgen und typisch irischer Garten-, aber auch süffiger Pub-Kultur. In den Grafschaften Wexford, Waterford und Kilkenny lässt sich trefflich den vielen faszinierenden Zeugnissen nachspüren.

    Den Wikingern auf der Spur an den Küsten Irlands

    „Viking Triangle“ heißt das geografische Dreieck, das diese Countys bilden - benannt nach den Wikingern. Im 8. Jahrhundert sind sie an den Küsten Irlands eingefallen. Das ist das verbindende Thema, wohin in diesem Landstrich wir auch kommen. Auch ihnen, den Eroberern, hat wohl einst das Feuer an Hook Head den rechten Weg gewiesen, um von dort ins Landesinnere vorzudringen. Als wir in Waterford ankommen, treffen wir auf Jack Burchell am Reginald‘s Tower - benannt nach einem Wikinger-Anführer und einst Teil der Befestigungsanlage der Wikinger, später in seiner jetzigen Form von den Normannen wieder erbaut. „Das älteste zivile Bauwerk Irlands“, lässt uns Jack staunen.

    Waterford - 914 gegründet - ist die älteste Stadt Irlands. Norwegische Wikinger hatten sie gegründet. Hier: Ein Wikinger-Schiffsnachbau am Fuße des berühmten Reginald‘s Tower.
    Waterford - 914 gegründet - ist die älteste Stadt Irlands. Norwegische Wikinger hatten sie gegründet. Hier: Ein Wikinger-Schiffsnachbau am Fuße des berühmten Reginald‘s Tower. Foto: Barbara Würmseher

    Obwohl es viele Hinweise auf eine frühe keltische Siedlung gibt, gilt doch die Ankunft der Wikinger 914 als das Jahr der Stadtgründung. Damit ist Waterford die älteste Stadt Irlands überhaupt. „Die Wikinger waren Piraten“, schildert Jack in knorrigem Irisch. Sie brandschatzten die Klöster, nahmen die Einwohner als Sklaven, gründeten Handelsstützpunkte und Städte und vereinten sich mit der Bevölkerung. „Sie kamen um zu bleiben und hinterließen ihr genetisches Erbe.“

    In Waterford gibt es eichen anderen Museen das „King of the Vikings“ mit Personal, das im Wikinger-Stil dort führt.
    In Waterford gibt es eichen anderen Museen das „King of the Vikings“ mit Personal, das im Wikinger-Stil dort führt. Foto: Barbara Würmseher

    In Waterford lassen sich viele sehr unterschiedliche Kapitel der irischen Geschichte aufschlagen und Jack führt uns mitten hinein. Nur wenige Schritte voneinander entfernt liegen die schönsten Sehenswürdigkeiten. Der Stadtgründung kommt man sicherlich im „King of the Vikings“ am nächsten. Dort, in der reetgedeckten Nachbildung eines Wikingerhauses, setzt uns eine kostümierte Mitarbeiterin virtuelle Brillen auf und schon sind wir Teil der digitalen 360-Grad-Szenerie - atemberaubend realistisch rekonstruiert. Brennende Schiffe inmitten stürmischer See und wir sind - vermeintlich - mitten drin.

    Kilkenny wäre beinahe Hauptstadt Irlands geworden

    Die Wikinger-Vergangenheit Irlands wird an zahlreichen Stätten lebendig gehalten.
    Die Wikinger-Vergangenheit Irlands wird an zahlreichen Stätten lebendig gehalten. Foto: Barbara Würmseher

    Die Iren lieben Legenden und Historie wie diese um Reginald und verstehen es, ihnen den Hauch des Unheimlichen zu geben. Gerne auch bei einem Smithwicks Red Ale, einem Guiness im urigen Pub oder einem der altehrwürdigen Wirtshäuser. Bei irischem Bier sitzen wir im Restaurant „Petronella“ in Kilkenny, einem Steinhaus von 1605, das mit seinen unverputzten Wänden und den massiven Holzbalken den Charakter der vielleicht mittelalterlichsten Stadt der Insel mitprägt. Beinahe wäre Kilkenny im Mittelalter die Hauptstadt Irlands geworden. Heute ist die vitale Kleinstadt mit rund 26.000 Einwohnern vor allem bekannt für die Brauerei Smithwicks, seine Sagen und das Schloss. Während wir auf unsere Pies und Stews warten, lauschen wir gebannt der Legende über Petronella de Meath, die als erste Frau Irlands als Hexe sterben musste.

    An dieser Stelle, wo wir jetzt sitzen, muss auch sie einst gewesen sein. Durch die schmale Gasse zum Pub, die wir genommen haben, ist wohl auch sie vor 700 Jahren gegangen. Schon am Nachmittag hat unser launiger Bootsführer Cliff Reid während der Tour auf dem Fluss Nore von Petronella erzählt. Da war es taghell und Cliffs kurzweilige Schilderung hat uns schmunzeln lassen. Doch jetzt im schummrigen Licht der Gaststätte wirkt alles fast schaurig.

    Bootsführer Cliff Reid schippert Touristen über den Fluss Nore, der die historische Stadt Kilkenny durchzieht.
    Bootsführer Cliff Reid schippert Touristen über den Fluss Nore, der die historische Stadt Kilkenny durchzieht. Foto: Barbara Würmseher

    Von Zauberei ist die Rede, von zerstückelten Tieren, von obskuren Tränken und suspekten Salben. Katie Murray-Hayden erzählt von der irischen Dienstmagd, die für Lady Alice Kyteler arbeitete. Als ihre Herrin nach dem Tod ihres vierten Ehemanns der Hexerei angeklagt wurde, geriet auch Petronella in Verdacht. Sie wurde unter Folter gezwungen, dämonische Taten zuzugeben. Während Lady Alice nach England floh, wurde Petronella am 3. November 1324 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Auf den Tag genau 700 Jahre später rehabilitierte die Kirche sie offiziell: am 3. November 2024. Doch noch immer soll ihre Seele keine Ruhe finden. Es heißt, sie werde hie und da im Garten von Kilkenny Castle gesehen.

    Das Schicksal der irischen Zauberin berührt auch nach langer Zeit

    Kilkenny Castle: Im Park der Burg soll der Geist von Petronella noch heute umgehen. Sie wurde als  Hexe verbrannt.
    Kilkenny Castle: Im Park der Burg soll der Geist von Petronella noch heute umgehen. Sie wurde als Hexe verbrannt. Foto: Barbara Würmseher

    Wir schütteln den Schauder ab, der uns erfasst hat, und lassen uns in andere irische Welten entführen. Zum ersten Mal lässt uns anderntags die Sonne im Stich. Doch über Wolken, die sich nass auf alles darunter Liegende entladen, können echte Iren nur schmunzeln „Regen ist flüssige Sonne“, erklärt Katie. „Wenn wir beim Wetter nicht optimistisch blieben, wären wir keine Iren.“ Und was solls‘ auch: Der Schlosspark „Lismore Castle Gardens, den wir durchwandern, verliert auch bei trübem Himmel nicht an Charme.

    Die Iren sind Könner in Sachen Gartenkultur

    Sie sind echte Könner in Sachen Gartenkultur, die Iren. Und das wechselhafte Wetter wie auch das milde Klima des Golfstroms spielen ihnen dabei in die Hände - sprich in den grünen Daumen. Man könnte drei Stunden lang durch den dreigeteilten Park wandeln, in dessen Zentrum das majestätische Schloss eingebettet ist. Überall gibt es Spektakuläres zu entdecken. Von den Ursprüngen der Anlage, 1185 von König John begründet, bis zu ganz und gar erstaunlichen Objekten, die hinter üppigen Magnolien und gigantischen Rhododendren auftauchen. Wer hätte wohl erwartet, dass sich Original-Teile der Berliner Mauer dort finden? Die heutigen Besitzer, Lord und Lady Burlington, kauften sie 2015.

    Lismore Castle Gardens: Der Landschaftspark rings um das imposante Schloss bietet viel an irischer Gartenkultur.
    Lismore Castle Gardens: Der Landschaftspark rings um das imposante Schloss bietet viel an irischer Gartenkultur. Foto: Barbara Würmseher

    Karen Barrett, die uns führt, lenkt unsere Aufmerksamkeit nicht nur auf die prachtvollen Stauden, Bäume und Skulpturen, nicht nur auf Obst- und Nutzgarten, Gewächshäuser und Tiergehege, die man über das Towerhouse erreicht. Sie erzählt auch von Mönchen, die hier siedelten, den Normannen, die die erste Burg dort errichteten, und vom späteren Bischofspalast.

    Sie erzählt aber auch von Adelaide, der Schwester des berühmten Schauspielers Fred Astaires, die Lord Charles Cavendish, den späteren Schlossherrn heiratete, von rauschenden Festen und legendären Partys. Denn etliche weltbekannte Persönlichkeiten - etwa der Seefahrer Sir Walter Raleigh, Kathleen Kennedy, die Schwester des US-Präsidenten, wie auch dessen Witwe Jackie Kennedy - gingen dort ein und aus.

    Katie Murray-Hayden erklärt einen Teilabschnitt des malerischen Coastal Walks an der irischen Ostküste.
    Katie Murray-Hayden erklärt einen Teilabschnitt des malerischen Coastal Walks an der irischen Ostküste. Foto: Barbara Würmseher

    Ob brutale Eroberer, spukende Geister, glamouröse Prominente oder legendäre Ritter - die grüne Insel steckt voller Geschichte und Geschichten. Die Gedanken schweifen ab - zurück zur Halbinsel Hook. Vom Leuchtturm aus gerät ein altes Herrenhaus in den Blick. Loftus Hall gilt als das bekannteste Spukhaus Irlands. In dem finsteren Gemäuer sollen der Legende nach der Teufel und der Geist einer Frau spuken. Viele Einheimische meiden den Ort, der freilich zurzeit in ein Hotel umgebaut wird.

    Reiseleiterin Katie Murray-Hayden bringt es auf den Punkt: „Die Iren lieben einfach gute Storys.“ Auch mysteriöse Erzählungen und alles, was Staunen macht. Und nirgends ist man ihnen näher, als in Irland selbst.

    Die Autorin recherchierte auf Einladung von Tourism Ireland

    Irland-Infos in Kürze

    Anreise: Aer Lingus, Lufthansa, Ryanair und Eurowings fliegen Dublin, Cork, Kerry oder Knock direkt an. Es gibt auch direkte Fährverbindungen mit Irish Ferries, DFDS, Stena Line, Brittany Ferries von Cherbourg, Dünkirchen, Roscoff nach Rosslare, Cork und Dublin.  
    Unterkünfte: Pembroke Hotel Kilkenny, Tower Hotel Waterford, Clayton Whites Hotel Wexford,
    Restaurants: Restaurant Petronella Kilkenny, Everetts Restaurant Waterford, Merrys Gastro Pub Dungarvan,
    Informationen: www.tourismireland.com, www.failteireland.com, www.ireland.com

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